Wodkapausen im Zweivierteltakt

Trier · Aus dem Plattenbau aufs Parkett: Der Familie Popolski erntet den Ruhm, den Pjotrek Popolski vor 100 Jahren mit seinen Kompositionen gesät hat. Seine acht Enkel spielen aktuelle Popsongs in originaler Polkaversion. In der Europahalle hat sich die trinkfeste Truppe ihren Wodka redlich verdient.

Wodkapausen im Zweivierteltakt
Foto: Cordula Fischer

Echt ist weder die Geschichte noch der Schnurrbart von Papa Pavel Popolski (Achim Hagemann). Aber gut erdacht: Vom Domizil im zwölften Stock des Plattenbaus in Zabrze ist der Familie Popolski ausgezogen, um Großvater Pjotrek zu verspätetem Ruhm kommen zu lassen - alles überprüft vom Püv (Polka-Überwachungsverband). Mehr als 128.000 Popsongs hat der Urahn komponiert - alles "verhunzet” und geklaut von Hit-Monstern wie Dieter Bohlen, erklärt Pavel Popolski. Und braucht eine Wodkapause. Da wird sich auf der Bühne Hochprozentiges "hinter der Binde" gekippt und auch ans Publikum verteilt, bis alle "hackedicht” sind, sich "verhakeln" und im Zweivierteltakt schunkeln. Mission Polka erfüllt.

"Wir wollen der Hutte zu der Kochen bringen”, kündigt Pavel an. Sein Clan in pastellbeige wandelt sich im Scheinwerferlicht zur schillernden Showtruppe. Richtig farbig wird es, als "der rote Dorota" (Iva Buric Zalac) Erotik in den Saal bringt. Und eine gute Nachricht für die Männer hat: Die Diva aus Zabrze sucht noch einen, der ihr leise "Aktienpaket" ins Ohr flüstert und mit ihr die Kontonummern tauscht.

Die Geschichte ist bis ins kleinste Detail durchdacht, jedes Familienmitglied hat einen Lebenslauf, der mit Kurzfilmen dokumentiert wird: Akkordeonspieler Marek (Markus Grieß) hat Filme wie "Rambek" und "Gurky Park" gedreht, die Zwillinge Henjek (Ludwig Götz) und Stenjek (Rüdiger Testrut) haben schon im Mutterleib Posaune und Trompete geblasen und Elvek (Oliver Steinhoff) ist das Ergebnis eines Techtelmechtels zwischen dem King of Rock.'n'.Roll und Tante Elvira: Natürlich singt er im Kingstil das von Lady Gaga eingesackte "Polkaface". Kleine Reminiszenz an Papa Pavels Vergangenheit, als er als Achim Hagemann an der Seite von Hape Kerkeling ("Total normal") auftrat: In der Polka-Oper "Janusz und der Wolf" kommt auch das Lamm vorbei: "Hurz!", schreit es aus 500 Kehlen, die am Ende Janusz (Martin Ziaja) zujubeln, der im fünften Anlauf die Polka-Prüfung mit einer Rage-against-the-Machine-Version von "Cheri Cheri Lady" besteht und mit entblößtem Oberkörper im Wodka badet.

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