Wüteriche, Rächer und bunte Gutmenschen

Trier · Sie können fliegen, schieben Planeten aus ihren Bahnen und sind bunt unterwegs. Superhelden gehören zum Herz der Comic-Kultur. Der erste der farbenfrohen Gutmenschen war das Phantom. Heute wird die Figur 75 Jahre alt - ein Anlass für einen Streifzug durch die Geschichte der Helden.

Mysteriöse Masken, hautenge Strumpfhosen und Capes sind fester Bestandteil im Kampf zwischen Gut und Böse - und das seit 75 Jahren. Die Masken und Kostüme sind die Alleinstellungsmerkmale der Superhelden-Kultur. Diese hat in den vergangenen 75 Jahren viele Veränderungen durchlaufen, aber die Kostüme sind geblieben. Die bunten Helden prägen in Comics und Filmen (siehe Extra) die Popkultur.

Der Ur-Superheld ist das Phantom. Sein Erfinder Lee Falk, ein US-Theaterregisseur, hat mit Stars wie Marlon Brando gearbeitet und war ein Comic-Liebhaber. Falk wollte Heldengeschichten erzählen, wie er sie von Herkules oder Robin Hood kannte.

Der Mythos der Unsterblichkeit

 Er war der erste aller Superhelden: Lee Falk erschuf 1936 das Phantom. Foto: privat

Er war der erste aller Superhelden: Lee Falk erschuf 1936 das Phantom. Foto: privat

 Er war der erste aller Superhelden: Lee Falk erschuf 1936 das Phantom. Foto: privat

Er war der erste aller Superhelden: Lee Falk erschuf 1936 das Phantom. Foto: privat



Als das erste Heft am 17. Februar 1936 erschien, war so etwas brandneu. Das Phantom ist ein Mensch ohne Superkräfte, aber mit zwei Pistolen. Nach der Ermordung seines Vaters schwor er allen Verbrechern ewige Rache. Das hautenge violette Kostüm und seine Maske schützen den Mythos seiner Unsterblichkeit. Es verbirgt, dass nicht mehr der ursprüngliche Held, sondern nach seinem Tod die Söhne auf Gangsterjagd gehen.

Für den Frankfurter Literaturwissenschaftler Bernd Dolle-Weinkauf ist "Phantom" eines der interessantesten Comics überhaupt. "Da wurden erstmals Genres vereint, das Mystery- und das Dschungel abenteuer. Diese Kreation war schon vor 75 Jahren wegweisend", sagt er. Für ihn sind Comics längst Kunst.

Das Phantom gab die Linie vor, die zu einem Milliardengeschäft werden sollte: Nach einem persönlichen Trauma wird ein Mensch zum Besessenen, der sein Leben dem Kampf gegen das Böse widmet. So entstanden die beiden kommerziell erfolgreichsten Figuren: Bob Kane erschuf Batman, der 1939 zum ersten Mal auftauchte und bis heute das Kostüm einer Fledermaus trägt. Der blau-rote Spider-Man erschien im August 1962 zum ersten Mal im Magazin "Amazing Fantasy". Der Außenseiter Peter Parker wird von einer radioaktiv verstrahlten Spinne gebissen und erhält dadurch übermenschliche Stärke, kann an Wänden kleben und hat einen sechsten Sinn für Gefahren. Im Gegensatz zum düsteren Psychopathen Batman war Spider-Man ein Teenager, der seine neuen Fähigkeiten mächtig cool fand - bis ein Straßenräuber seinen Onkel erschoss und somit auch er zum Feind aller Verbrecher wurde.

Weit weniger menschlich war eine der bekanntesten Figuren. Superman wurde 1938 von Jerry Siegel und Joe Shuster erschaffen. Der Außerirdische mit dem roten Cape wird oft wegen seiner Eindimensionalität kritisiert. Welche Sorgen kann ein fliegender Unverwundbarer mit der Stärke, Universen zu zerstören, schon haben? Superman erreichte den Höhepunkt seiner Popularität, als sein Verlag DC ihn 1992 sterben ließ.

Autoren wie Frank Miller (Sin City, 300) begannen in den 80ern, die simplen Gutmenschen als innerlich zerstörte und gefährliche Wesen darzustellen. Nie war Batman kaputter als in Millers "Der dunkle Ritter kehrt zurück" (1986). Der Held als Gefahr - eine Entwicklung, die der grüne Wüterich Hulk bereits ab 1962 angekündigt hatte.

Superwesen wie die X-Men wurden aufgrund ihrer Überlegenheit gehasst und ausgegrenzt, und einige, allen voran der tierhafte Wolverine, erwiederten diesen Hass. Menschliche und gesellschaftliche Abgründe zogen in die Welt der Superhelden ein: Die Autoren hatten den Erwachsenenmarkt entdeckt.

Extra

Superhelden im Film: Regisseur Richard Donner erschütterte die Kinowelt 1978 mit "Superman". Christopher Reeve spielte den Helden, Donner besetzte aus taktischen Gründen zwei Nebenrollen mit den Superstars Gene Hackman und Marlon Brando. Tim Burton präsentierte 1989 Michael Keaton als Batman und Jack Nicholson als dessen Nemesis, den Joker. "Batman & Robin" mit George Clooney in der Hauptrolle und Arnold Schwarzenegger als Bösewicht Mr. Freeze war 1997 unfreiwillig komisch. Erst Christopher Nolan zeigte den Fledermausmann mit "Batman begins" (2005) und "The Dark Knight" (2008, Heath Ledger gibt den besten Joker aller Zeiten) als düsteren Rächer, zweimal glänzte Christian Bale in der Hauptrolle. Zu Mega-Erfolgen wurden die Spider-Man-Filme 2002, 2004 und 2007 mit Tobey Maquire. Spider-Man 2 gewann den Oscar für die besten Effekte, Spider-Man 3 ist mit einem Budget von 258 Millionen Dollar der teuerste Kinofilm aller Zeiten. (jp)

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