Wunderbar! Eine Entdeckung!
Luxemburg · Im Normalfall sitzt Philippe Koch im Orchestre Philharmonique ganz vorne. Jetzt trat der Konzertmeister des luxemburgischen Staatsorchesters als Solist auf. Und das mit dem schwierigen Violinkonzert von Erich Wolfgang Korngold.
Luxemburg. Gibt es etwas Heikleres als diesen Auftritt auf eigenem Terrain? Der Konzertmeister des Orchestre Philharmonique als Solist in der Philharmonie - vor 1000 erwartungsvollen Besuchern, den Orchester-Kollegen mit ihrer kritischen Professionalität, und dazu mit Erich Wolfgang Korngolds anspruchsvollem Violinkonzert.
Aber der Luxemburger Konzertmeister findet von Anfang an den rechten Stil für dieses Werk. Er wagt sich mit schlankem, hellem Ton auf eine Gratwanderung, die ihn in höchste Lagen führt. Selbst da klingt seine Geige intonationsrein, kultiviert und ohne virtuose Forcierungen. Bei Koch ist Korngolds Partie Seele des Werks und nicht die Primadonna.
Und im langsamen Mittelsatz verbinden sich Solist und Holzbläser unter dem hellwachen Dirigat von Gustavo Gimeno zu einem hellen, zarten Klanggewebe - Kammermusik auf der Orchesterbühne. Dass die Komposition auch an solchen Stellen nicht in die Tiefe geht, hat mit den Interpreten nichts zu tun; Korngold schrieb mit diesem Konzert eine blasse, seltsam neutrale Komposition. Sie macht es allen recht und darum wohl niemandem.
Und noch eine Überraschung: Dirigent Gustavo Gimeno. Der junge Spanier bewies schon bei Schuberts Deutschen Tänzen ein sicheres Gespür für den ganz eigenen Tonfall dieser Musik. Er nimmt sie weitab von aller Heurigen-Idyllik - Tänze, in deren Schwung die Nachdenklichkeit mitklingt.
Und nach der Pause Tschaikowskys Sechste - welch eine farbenreiche und klischeefreie Interpretation! Bei Gimeno haben schwülstiges Pathos und Tränenseligkeit keine Chance. Sein Tschaikowsky klingt schlank und offensiv. Höhepunkte nimmt er nicht breit und behäbig, sondern zieht das Tempo an zu schneidend scharfer Intensität.
Gimeno kultiviert mit dem diesmal brillanten Orchestre Philharmonique einen hellen, transparenten von dumpfem Pathos völlig freien Orchesterklang und entdeckt zudem Farben in dieser Partitur neu - die reizvolle Mischung aus Fagotten und Kontrabässen in der Einleitung etwa oder das herrliche, tiefe (vierte) Horn in der Mitte des Finales. Wunderbar! Dieser Dirigent ist eine Entdeckung! mö