Buchtipp Zeltbuch von Tumilat

Jedermann braucht etwas Wüste: Diese Erkenntnis war für den Bibliothekar und Schriftsteller Erhart Kästner (1904 – 1974) die Frucht von zwei Jahren englischer Kriegsgefangenschaft in einem Zeltlager in der Wüste von Tumilat östlich des Nil.

 Cover Zeltbuch von Tumilat

Cover Zeltbuch von Tumilat

Foto: TV/Suhrkamp Verlag

Er stellte sie als Geleitwort über seine Erzählung „Zeltbuch von Tumilat“, die 1949 erschien und zu Kästners erstem größeren Erfolg wurde.

Es ist kein typisches Kriegsbuch, sondern – wie auch die Griechenlandbücher des Autors – eine Mischung aus Erlebnisbericht und philosophischer Betrachtung. Kästner beschreibt in einer Sprache, die voller Poesie ist, dabei aber anschaulich und klug, wie der Einzelne auf die Grenzerfahrungen des Gefangenseins in der Einöde, der Hitze, der Besitzlosigkeit und des Sich-Selbst-Überlassenseins reagiert:

Wer nicht verschroben oder Schlimmeres werden wollte, dem musste es gelingen, sich zu sammeln und sich auf seine Stärken – geistige Gaben und handwerkliche Fähigkeiten – zu besinnen. Weil der Blick hier nur nach Innen gehen konnte, brachte die Wüste dem Autor unfreiwillig das, was zuvor schon fromme Einsiedler aus eigenem Antrieb in ihr gesucht und gefunden hatten:
Erkenntnis, einen reiferen Blick auf sich selbst und auf das
Leben. Erhart Kästners „Zeltbuch von Tumilat“ empfiehlt sich zur
Lektüre, weil es ein Buch ist,
das einen Blick voll menschlicher Güte und mit philosophischem Tiefgang auf die Welt
wirft.
Sabine Ganz

Erhart Kästner: Zeltbuch vonTumilat, Bibliothek Suhrkamp, ISBN 978-3-518-24217-9, 248 Seiten, 16 Euro.

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