Zu Gast bei Freunden

Mit dem Theaterfestival "Maximierung Mensch" startet das Trierer Theater eines der ambitioniertesten Projekte der Ära Weber. Zeitgenössische Stücke, ungewöhnliche Theaterformen und eine wissenschaftliche Konferenz werden vom 27. bis 31. Mai fünf Tage lang das Theaterleben bestimmen.

 Im Stück „Schwarzes Tier Traurigkeit“ geraten Menschen in eine Ausnahmesituation. Foto: Theater Trier

Im Stück „Schwarzes Tier Traurigkeit“ geraten Menschen in eine Ausnahmesituation. Foto: Theater Trier

Trier. Stücke zeitgenössischer Schauspiel-Autoren gehören in den letzten Jahren regelmäßig zum Repertoire des Trierer Theaters - und das nicht nur im Studio. Aber ein größeres Publikum für aktuelle Stücke zu gewinnen, erweist sich oft als schwieriges Unterfangen.Statt zu resignieren, geht man genau den umgekehrten Weg: Das Theater rüstet auf. Chefdramaturg Peter Oppermann hat ein Programm auf die Beine gestellt, das gleich drei vieldiskutierte, in den letzten Monaten entstandene Produktionen anderer Häuser nach Trier bringt. Und Uni-Professorin Franziska Schößler, selbst erfahrene Theaterfrau, holt für das wissenschaftliche Begleitprogramm spannende Theaterwissenschaftler wie Professor Hajo Kurzenberger, Künstlerinnen wie Theresia Walser, Intendanten wie Barbara Mundel und Kritiker wie Jürgen Berger nach Trier.Das inhaltliche Thema des Festivals könnte kaum aktueller sein, angesichts von Armutsberichten, immer gnadenloserer Konkurrenz und Stichworten wie "Geiz ist geil": Es geht um die Ausrichtung aller gesellschaftlichen und privaten Prozesse an den Gesetzen der Ökonomie. Die maximale Effizienz bei der Ausnutzung des "Humankapitals", das Aussortieren von "Minderleistern" waren schon immer ein Theater-Thema - jetzt soll "Maximierung Mensch" den neuesten Stand der theatralischen Auseinandersetzung mit diesem Gesellschafts-Phänomen untersuchen.Das Land Rheinland-Pfalz fand das Konzept offenbar interessant genug, um sein Portemonnaie ungewöhnlich weit aufzumachen: Ein Sonderzuschuss von 100 000 Euro ermöglicht nicht nur das Festival, sondern auch solch (zumindest für Trierer Verhältnisse) luxuriöse Zugaben wie ein Programmbuch, ein hippes Rahmenprogramm und eine "Autoren-Odyssee", die modernes Theater mitten in die Stadt katapultiert, in Kinos, Kaufhäuser, Kneipen oder Parkhäuser.Diese Odyssee mit szenisch eingerichteten Texten von Claudia Grehn, Anja Hilling, Christian Lollike, Dea Loher und Martin Menzinger eröffnet das Festival am 27. Mai - übrigens bei freiem Eintritt. Start ist um 19 Uhr im Broadway-Kino. Die Odyssee wird am 29. Mai ab 22.30 Uhr wiederholt.Am 28. Mai gastiert das Schauspiel Hannover mit "Schwarzes Tier Traurigkeit" von Anja Hilling, 2005 vom Fachmagazin "Theater heute" zur Nachwuchsautorin des Jahres gekürt. Vier Männer, zwei Frauen und ein Baby, normalerweise auf der gesellschaftlichen Gewinnerseite, geraten in einen lebensbedrohlichen Waldbrand und erfahren ihre eigene Verletzlichkeit angesichts einer entfesselten Natur.Am 29. Mai kommt das Theater Freiburg mit Elfriede Jelineks heftig diskutierter "Ulrike Maria Stuart", die die RAF-Protagonistinnen Meinhof und Ensslin mit den Schiller-Heroinen Maria Stuart und Elisabeth von England in Verbindung bringt.Das dritte Gastspiel kommt aus Dortmund und zeigt Martin Heckmanns Groteske "Kommt ein Mann zur Welt" - die Geschichte eines erfolglosen Sängers, der - eher versehentlich im Knast gelandet - über Nacht einen Mega-Hit schreibt. Zu sehen am 31. Mai im Großen Haus. Ergänzt wird das Programm mit den Trierer Eigenproduktionen "Tokio" (31. Mai im Café Lübke) und "Festung Europa (30. Mai im Eisenbahn-Betriebswerk). Rund um alle Vorstellungen gibt es vorher Einführungsveranstaltungen, anschließend Diskussionen mit Autoren oder Machern und schließlich Festival-Partys oder Chill-Outs im "Forum" in der Hindenburg-Straße, das als fester Treffpunkt fungiert. Am 30. Mai gibt es nach der Aufführung im DB-Werk eine groß angelegte KlangArt-Party. Die wissenschaftliche Konferenz findet am 30. und 31. Mai jeweils von 9 bis 17 Uhr im Theaterfoyer statt. Sie ist öffentlich, und der Eintritt ist frei. Den Abschluss markiert eine hochkarätig besetzte SWR2-Podiumsdiskussion am 31. Mai um 18 Uhr. Das komplette Programm mit allen Details ist im Internet unter www.maximierung-mensch.de abrufbar. Schüler und Studenten zahlen bei allen eintrittspflichtigen Veranstaltungen nur die Hälfte. Karten: 0651/7181818.

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