"Zu wichtig, um sie der Kunst zu überlassen"

Die provokanteste Aussage des TV-Forums kam, man hätte es sich denken können, von François Valentiny: "Die Festspiele sind viel zu wichtig, um sie der Kunst zu überlassen", sagte der Architekt. Das saß.

Trier. Eine Podiumsdiskussion ist immer ein argumentatives Kräftemessen, auch wenn die diskutierenden Experten sich noch so sehr vornehmen, die Sache in den Mittelpunkt zu stellen. Die Konkurrenz war groß am Montagabend, denn Moderator Dieter Lintz hatte drei Experten und elf sachverständige Gäste aus Politik, Wirtschaft, Touristik und Hotellerie ins neue Kaiserthermen-Gebäude eingeladen, um über die Zukunft der Antikenfestspiele zu sprechen. Der Raum war voll, mehr als 100 Zuschauer wurden 140 Minuten lang gut informiert und hervorragend unterhalten. "Wir müssen tabulos diskutieren", forderte Oberbürgermeister Klaus Jensen nach Eröffnung der Runde. Staatssekretär Joachim Hofmann-Göttig erhob Trier zur Kulturhauptstadt von Rheinland-Pfalz. "Ich glaube, dass die Tri e rer das nicht so gut wissen wie die Besucher." Intendant Gerhard Weber, der zentrale Verantwortungsträger der Antikenfestspiele, meinte: "Ich habe dieses Jahr ein außerordentlich gutes Gefühl." Rainer Zahnhausen vom Festspiel-Förderverein betonte: "Besonders im Amphitheater entscheidet das Raumerlebnis. Erfolge sind sowohl mit antiken als auch mit modernen Stoffen möglich." Kulturdezernent Ulrich Holkenbrink plädierte dafür, sich "über die Antike hinaus zu öffnen". Das konnte der im Publikum sitzende Professor Hartmut Köhler, langjähriger Leiter des Antikensymposiums, nicht unwidersprochen hinnehmen: "Das Raumerlebnis allein reicht nicht aus. Der Inhalt muss ein klar umrissenes Bild der Antike präsentieren." Köhler erhielt dafür den ersten spontanen Applaus des Abends.Man könne den Antikenbegriff erweitern, räumte Gerhard Weber ein. "Auch die ägyptische und hebräische Mythologie bieten hervorragende Stoffe, aber der Ursprung der bürgerlichen Kultur muss erkennbar sei.""Es fehlt das Profil"

Währenddessen brodelte es bereits in Valentiny. Der Architekt war als Experte zum Thema Spielstätten eingeladen, wich aber vom Fahrplan ab. "Wir haben in Trier kein Produkt und müssen dringend über ein Profil reden. Die Festspiele sind zu wichtig, um sie der Kunst zu überlassen." Das galt dem Intendanten, der die Herausforderung zum Kampf nicht annahm. Weber blieb blass in der Diskussion um das neue Konzept.Mit Mühe, Valentiny war kaum zu bremsen, lenkte Lintz den Fokus wieder auf die Spielstätten. "Wir müssen die Antikenfestspiele als regionale Stärke definieren und uns auf einen Standort, das Amphitheater, konzentrieren", forderte Konzertveranstalter Ingo Popp. Auch das Wetter spielte eine Rolle. Thomas Metz (Burgen, Schlösser, Altertümer) warnte: "Zelt- und Dachkonstruktionen verändern massiv die Wahrnehmung des Bauwerks."Marketing ist das A und O

Die schönsten Pläne nutzen nichts, wenn kein Geld vorhanden ist. IHK-Hauptgeschäftsführer Arne Rössel schätzte die Höhe der notwendigen Anschubfinanzierung auf zwei Millionen Euro. Richard Groß, Vorsitzender der Initiative Region Trier (IRT), plädierte wie viele andere für die Einrichtung einer GmbH in Kooperation mit dem Theater-Intendanten, kommunalen Trägern und einem Sponsorenpool aus der Wirtschaft. Joachim Arnold, Chef der Merziger Zeltoper, berichtete aus eigener Erfahrung als allein verantwortlicher Unternehmer: "Ein Quäntchen Wahnsinn gehört dazu." Andrea Weber, Chefin des "Hotels Deutscher Hof", kennt die Wirkung guter Werbung: "Der große Erfolg der Konstantin-Ausstellung beruht auf hervorragendem Marketing." Hans-Albert Becker, Chef der Tourist-Information Trier, ergänzte: "Vier Millionen Gäste pro Jahr kommen nicht ohne Grund nach Trier." Ronald Frank konnte mit dem Erfolgsprojekt "Brot und Spiele" seiner Medienfabrik punkten: "Wenn man sich landes- oder bundesweit etablieren will, muss man Geld ausgeben. Mit dem Marketing-Etat der Antikenfestspiele ist kein Blumentopf zu gewinnen." Konkretes Ergebnis am Ende: OB Jensen kündigte an, bei einer Klausurtagung nach der Festspielsaison werde ein Zukunftskonzept erarbeitet. Staatssekretär Hofmann-Göttig empfahl, bis Ende September Ergebnisse vorzulegen - falls man die Hilfe des Landes wolle.

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