Zukunftsleuchten

TRIER. Jean Muller, 24, steht noch am Anfang seiner Karriere. Zusammen mit dem Städtischen Orchester zeigte der Pianist sich trotzdem schon als ein technisch wie musikalisch sehr herangereifter Musiker.

Es gibt Konzerte, bei denen man mit dem Solisten tauschen möchte. Es gibt aber auch Konzerte, da ist, ob der künstlerischen Anforderungen, der Solist ganz und gar nicht zu beneiden und der Zuhörer froh, dass er im Auditorium sitzt. Zur zweiten Kategorie gehört das Konzert für Klavier und Orchester in B-Dur von Johannes Brahms.Es eröffnete das dritte Sinfoniekonzert des Städtischen Orchesters unter Leitung von István Dénes. Den überhaupt nicht beneidenswerten Part am Flügel hatte der gerade einmal 24 Jahre junge Jean Muller aus Luxemburg übernommen. Mögen sich die Musikanaly-sten darüber streiten, ob es sich bei diesem Opus 83 um eine Sinfonie mit obligatem Klavier handelt oder um ein klassisches Solokonzert - im Trierer Theater konnte das Publikum ein Werk erleben, bei dem der Pianist zweifelsfrei der glänzende Mittelpunkt war.Bei jungen Künstlern sollte man mit Superlativen immer vorsichtig sein. Mullers Interpretation des 1881 uraufgeführten Werkes zeigte ihn als einen Ausnahmepianisten, dem sicherlich eine große Zukunft beschieden sein wird. Sowohl seine Technik als auch sein musikalisches Verständnis bewiesen eine erstaunliche Reife, wie man sie von einem Pianisten am Anfang seiner Karriere nicht unbedingt erwarten kann. Bei aller Brillanz bildete besonders der dritte Satz des Konzertes einen Höhepunkt. Obwohl vordergründig betrachtet gerade hier der Flügel nur die "zweite Geige" spielt, gestaltete Muller seinen Part mit sehr viel Empathie. Insbesondere sein lyrisches Zwiegespräch mit dem Solocello war von berückender Schönheit. Muller fand aber in Jörg Sonnenschein, dem Solocellisten des Orchesters, auch einen fabelhaften Gesprächspartner.Das Städtische Orchester zeigte sich von seiner besten Seite und konnte auch im zweiten Werk des Abends, Robert Schumanns zweiter Sinfonie in C-Dur, mit tadellosem Spiel aufwarten. Spannungsgeladen gestalteten sie das Opus 61, das Schumann in einem gesundheitlich schwer angeschlagenen Zustand niederschrieb. Wie vor der Pause hinterließ auch hier der langsame dritte Satz (Adagio espressivo) den nachhaltigsten Eindruck von berückender, wenngleich ganz anderer Schönheit als bei Brahms. Gleichwohl waren auch die übrigen Sätze, insbesondere das Scherzo und das Finale, dazu angetan, das Publikum mitzureißen. Eine Leistung des Orchesters, die weit über Begriffe wie "anerkennenswert" oder "achtbar" hinaus gingen.

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