Zum Nachtisch einen "Schiller-Punsch"

TRIER. Nach der dreistündigen Vorstellung des "Schillerprojekts" blieben viele Zuschauer bis nach Mitternacht im Theater-Foyer. Intendant Gerhard Weber und sein Team hatten dort zur ersten "Theaternachtbar" eingeladen. Eine neue Idee mit Unterhaltungswert.

Seit wenigen Minuten ist derSchlussapplaus verklungen, die Zuschauer haben bereits ihre Plätze verlassen. Doch anstatt nach Hause zu gehen, bleiben sie im Foyer- obwohl das "Schillerprojekt" über drei Stunden gedauert hat. Wer meint, die Besucher hätten nun keine Lust mehr auf Theater, täuscht sich. Sie sind neugierig, wie dieser Theater-Abend fortgesetzt wird. Denn zum ersten Mal haben Intendant Gerhard Weber und sein Team zur "Theaternachtbar" eingeladen - ein Veranstaltungskonzept, das in Zukunft mindestens zwei Mal im Monat zu ausgewählten Terminen jeweils im Anschluss an bestimmte Vorstellungen stattfinden wird. Die Idee dazu haben Weber und sein Chefdramaturg Peter Oppermann aus Hannover mitgebracht. Ein "kleines Nachtprogramm" in "ganz ungezwungener Atmosphäre" soll dadurch geboten werden, wie Oppermann erklärt. Zusätzlich zu den Theatercafés, die im Foyer an Sonntagvormittagen zur Einstimmung in neue Produktionen organisiert werden, will die Trierer Theaterleitung mit der "Theaternachtbar" das Foyer als Spielstätte etablieren. "Wir wollen damit einen direkten Kontakt zwischen Schauspielern und Publikum eröffnen", sagt Oppermann. Am ersten Abend treten vier Darsteller des "Schillerprojekts" auf: Hille Beseler, Claudia Felix, Jan Brunhoeber und Alexander Ourth, der kurzerhand für den erkrankten Tim Olrik Stöneberg eingesprungen ist. In Zusammenarbeit mit Regieas- sistent Steffen Popp haben sie den "Schiller-Punsch" selbst zusammengestellt. Während Texte rezitiert werden, wird ein echter Punsch zusammengebraut: Etwas Tee, einen Spritzer Zitrone, sehr viel Zucker sowie ordentlich Whisky, Scotch, Rum, Cognac und Portwein, was am Ende freilich auch den Gästen serviert wird. Außerdem gibt es ermäßigte Preise und einen unterhaltsamen Auftritt zum Abend-Abschluss. Hille Beseler sinniert: "Es gibt noch schöne Herzen, die für das Hohe, Herrliche entglühn, den lauten Markt mag Momus unterhalten, ein edler Sinn liebt edlere Gestalten." Der Westernhagen-Song "Freiheit" schallt aus den Lautsprechern, ebenso "Lass es Liebe sein" von Rosenstolz und Hasselhoffs "Looking für Freedom". Jan Brunhoeber zitiert "Freude, schöner Götterfunken". Alexander Ourth erträumt eine "Phantasie an Laura": "Träum ich? Ras' ich? - die Gedanken überwirbeln des Verstandes Schranken". Claudia Felix bietet die Ode an die "schöne Individualität". Dabei demonstrieren alle der vier Schauspieler des Trierer Ensembles gestenreich und bisweilen augenzwinkernd ihr beachtliches Vortragstalent. "Unser Wunsch ist, den Theaterbesuch leger aushallen zu lassen, um unsere Zuschauer mit einem Unterhaltungs-Nachtisch auf den Heimweg zu schicken und sie hierbei persönlich mit uns vertraut zu machen", sagt Oppermann.

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