Zurück zu den Anfängen

TRIER. Ab sofort singt er wieder solo: Thomas Kießling, bundesweit bekannter Trierer Sänger-Export, und seine Kollegen von den "Jungen Tenören" gehen künftig getrennte Wege. Kießling kehrt zurück auf die klassische Opern- und Konzertbühne.

 Demnächst singen Bernhard Hirtreiter (l.) und Hans Hitzeroth (re.) ohne Thomas Kießling.Foto: TV -Archiv/Willi Speicher

Demnächst singen Bernhard Hirtreiter (l.) und Hans Hitzeroth (re.) ohne Thomas Kießling.Foto: TV -Archiv/Willi Speicher

AufmerksameBeobachter konnten seit Wochen die Zeichen sehen: Bei denFernseh- und Konzertauftritten der "Jungen Tenöre" war plötzlichein neues Gesicht dabei. Thomas Kießling sang derweil die"Zauberflöte" in Trier. Was zunächst aussah wie eine kurzfristige Vertretung, entpuppt sich nun als endgültige Scheidung. Nach fünf Jahren gab es Auflösungserscheinungen bei der hierzulande erfolgreichsten Pop-Classic-Truppe. Man habe "sich mehr und mehr auseinander gelebt", konstatiert Thomas Kießling. Warum es aber gerade jetzt zum Bruch zwischen ihm und seinen Kollegen Bernhard Hirtreiter und Hans Hitzeroth kam? "Ich weiß es ehrlich gesagt selber nicht", sagt Kießling und schiebt die mittlerweile wieder kragenlang gewachsenen Locken mit beiden Händen nach hinten.

Für ihn war es ohnehin nur eine Vorverlegung eigener Pläne. "Für Ende 2003" habe er den Ausstieg geplant, nach endlosem Tour-Stress mit bis zu 280 Auftritten im Jahr. "Freunde kennen einen nur noch vom Telefon oder vom Fernseher", so beschreibt er seine Wanderjahre. Dennoch tut ihm die Pop-Karriere nicht leid, die einst mit dem "Herzblatt"-Titelsong begann, zum dritten Platz beim deutschen Grand-Prix und zu goldenen Schallplatten führte.

Nun hat er Zeit, Dinge zu tun, auf die er sich nach eigenem Bekunden "schon lange gefreut hat". Er hat sich beim Lauftreff der TG Konz angemeldet und einen VHS-Kurs in Sachen Computer belegt. Eigentlich wollte er ein halbes Jahr Pause einlegen, die Stimme mit seinem Kollegen und Berater Daniel Lewis Williams auf neue Aufgaben vorbereiten. Aber seit sich in der Szene herumgesprochen hat, dass er nach Jahren wieder für Opernproduktionen zu haben ist, häufen sich die Engagements.

Im Merziger Opernzelt wird er im August den Herzog in "Rigoletto" singen, in Dessau erarbeitet er mit dem Intendanten Johannes Felsenstein den "Don Carlos". "Werther" in Stralsund, "Don José" in Braunschweig: Mit dem ruhigen Leben wird es nichts werden. Kann es auch nicht, denn der Lebensunterhalt will weiter verdient sein. Ob man nach fünf Jahren "Junge Tenöre" nicht ausgesorgt habe? Da lacht der Künstler amüsiert. "Ordentliche Rücklagen" sind schon rausgesprungen, und der Trennungsvertrag von seinen Ex-Kollegen, die als "Junge Tenöre" weitermachen wollen, sichert ihm einen Anteil an künftigen Tantiemen. Aber da fehlt schon noch ein Stück bis zur Rente.

Dennoch soll, anders als in den letzten Jahren, Trier sein Arbeits- und Lebensmittelpunkt bleiben. Am Steinway-Flügel in der Trier-Süder Wohnung studiert er sein neues Repertoire, "zu anständigen Arbeitszeiten vor- und nachmittags". Den Trierern bleibt er auch als Künstler erhalten, war es doch stets sein "Traum, das Kulturleben meiner Heimatstadt mit zu gestalten". Am Trierer Theater wird er als Gast den "Cavaradossi" in Puccinis "Tosca" singen, in der Operette ist er nächste Spielzeit fest eingeplant. Dazu kommen Konzerte und Solo-Liederprogramme. Schumanns "Dichterliebe" will er in Angriff nehmen, und einen Abend mit seinen geliebten neapolitanischen Liedern. Auch in Benefiz-Konzerten wird man ihn weiterhin erleben, vor allem für die Aktion "Nestwärme", deren Schirmherrschaft er übernommen hat.

Und doch hat er Zeit, eigenhändig an seiner ersten persönlichen Homepage zu basteln: www.tenor.thomas-kiessling.de wird sie heißen, abrufbar ab der kommenden Woche.

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