Zweites Leben des Schweden

Vom Lehrer zum Bestseller-Autor: Håkan Nesser hat vor seinem Besuch der Frankfurter Buchmesse in Trier Station gemacht. In der Mayerschen Buchhandlung stellte der 59-jährige Schwede seinen Roman "Das zweite Leben des Herrn Roos" vor. Die Gäste lernten ihn als humorvollen Menschen kennen.

 Mit viel Humor begegnet der Autor Håkan Nesser seinem Trierer Leserpublikum.TV-Foto: Anke Emmerling

Mit viel Humor begegnet der Autor Håkan Nesser seinem Trierer Leserpublikum.TV-Foto: Anke Emmerling

Trier. Groß ist Håkan Nesser. Was aber noch mehr auffällt, sind seine Lachfältchen und ein verschmitzter Blick. Dahinter steckt jede Menge Humor, mit dem der zu den bekanntesten und fleißigsten Literatur-Exporteuren Schwedens gehörende Autor sofort einen Draht zu den Besuchern seiner Lesung in Trier herstellt. Die Hauptperson seines neuen Buches, Ante Valdemar Roos, sei ein grauer Langweiler, den dessen Frau als "Möbelstück" bezeichne, erklärt er auf Englisch: "In Schweden ist mir aufgefallen, dass viele Frauen ihn mit ihren Ehemännern vergleichen".

Klaus-Michael Nix als deutsche Stimme



Deutsch hat Nesser zehn Jahre lang zu lernen versucht, ist aber mit dem Ergebnis unzufrieden. Deshalb hat er sich für seine Lesung die deutsche Stimme von Klaus-Michael Nix vom Theater Trier geliehen. Zu Beginn liefert Nesser jedoch eine Hörprobe in Originalsprache, "damit Sie einmal der Musik des Schwedischen lauschen können". Die klingt mit rollenden "Rs" etwas knurrig und hat eine lakonische Melodie. Perfekt passend zum Inhalt, wie die dann von Nix feinfühlig gelesene Version verdeutlicht.

Die zwei vorgestellten Anfangskapitel von Nessers 21. Roman sind eine mit viel Zeit und feiner Ironie erzählte Charakterzeichnung, die wie alle seine Texte ihren wahren Gehalt zwischen den Zeilen offenbart. Roos, vordergründig "Sonderling", entpuppt sich dabei als ein Mensch wie du und ich. Seine Seele sucht sich ein Zuhause zwischen zäher und dahin rasender Zeit, Funktionieren in Beruf, Ehe und gesellschaftlicher Norm in Pausen, Tagträumen und philosophischen Überlegungen.

"Was man schreibt, kommt aus Erfahrung"



Dass Roos mit 59 Jahren so alt sei wie er jetzt, sei ein Zufall, sagt Nesser, schmunzelt aber wiederum: "Ich kenne genügend Gleichaltrige." Er will niemanden porträtieren: "Alles, was man schreibt, kommt aus Erfahrung." Auch sind seine Geschichten und Charaktere nicht autobiografisch, eher selbst-geografisch. Warum er seine Romane, auch den um Herrn Roos mit Doppelleben und Mord, meist im Genre Krimi ansiedelt? "Weiß ich nicht", sagt Nesser. "Ich frage mich eher: Hatte ich eine Wahl?"

Das Schreiben begann er etwa gleichzeitig mit Henning Mankell, als sich der schwedische Krimiboom entwickelte. Den Boom sieht der Autor als Verdienst der deutschen Leser.

Inzwischen gebe es zu viele Krimis, vor allem zu viele schlechte. "Lesen Sie mal wieder mehr richtige Romane", gibt Håkan Nesser seinem Publikum mit auf den Weg, bevor er zur Signierstunde - "bevorzugt meiner eigenen Bücher" - einlädt.

"Das zweite Leben des Herrn Roos", 526 Seiten, ist im btb-Verlag erschienen und kostet 21,95 Euro. ZUR PERSON Håkan Nesser studierte Literaturgeschichte und Philosophie, dann Schwedisch und Englisch auf Lehramt. Bis 1998 arbeitete er als Lehrer. 1988 debütierte er mit einem Liebesroman. 1993 veröffentlichte er den ersten von zehn Krimis um Kommissar van Veeteren. In Deutschland verkauften sich bislang 5,3 Millionen Exemplare der in 15 Ländern erschienenen Serie. Der Autor lebt in London und Gotland. (ae)

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