Zwischen Harmonie und Rebellion

SAARBURG. Jung und überzeugt: Am Samstag spielten die Dreifach-Echopreisträger "Wir sind Helden" in der ausverkauften Saarburger Stadthalle.

Auf Tour frühstücken die Helden gerne lange. Vor den Auftritten umarmen sie sich immer ganz fest. Und wenn sie für die Cover-Version von New Model Armys "51st State" das Publikum ganz lieb um Baseballkappen bitten - weil die so schön den American-Way-of-Life ironisieren - dann ermahnen sie beim Zurückgeben der Kappen, dass diese auch ja ihre rechtmäßigen Besitzer wiederfinden. Aber Judith Holofernes, Text- und Songschreiberin der Helden, steht auch auf Patti Smith. Auf Anarchisches. Und auf Konsumverweigerung. Heraus kommt eine Mischatmosphäre aus beinahe gespensterhafter Harmonie und Rebellion. Und beim noch Helden-unbedarften Konzertgast eine entsprechend diffuse Erwartungshaltung. Bei Konzerteröffnung kippt diese erstmal Richtung "Jesus-Pop": In voller Länge von beinahe vier Minuten tönt das "Caravan of Love"-Friedensgeheul der Housemartins aus dem Off. Während die Band bewegungslos und bedeutungsschwanger im Dunklen verharrt, wiegen sich die Teenager prompt von rechts nach links, einige fassen sich gar traut an den Händen. Aber dann geht es los - und es rockt: "Ist das so?", motzt das erste und beste Lied des Albums "Die Reklamation" punkig schnell. Dazu kracht die Gitarre von Holofernes, und Schlagzeuger Pola Roy trommelt stürmisch geradeaus. "Alphamännchen" feiert die Rückkehr des Keyboards in die Rockmusik: Jean-Michel Tourette wirft sich bei seinem Solo zu Boden und pitcht die hohen Töne, bis das Publikum ausrastet.Musik pur statt Effekthascherei

Die Show ist sympathisch schlicht: In Jeans und T-Shirt stehen die Vier vor einem weißen Laken. Keine albernen Tanz-Choreografien, keine wechselnde Bühnenoutfits, keine auswendig gelernten Songansagen. Das Konzert ist ein Konzert und keine Performance. Da verzeiht man gerne, dass die Helden sich schon mal uneinig darüber sind, welches denn nun das nächste Lied sein soll. Oder dass der geplante Publikumskanon nach den ersten Takten verstummt, weil die Melodieverteilung zu schwierig ist (oder das Publikum zu unmusikalisch, was natürlich erst recht nicht der Band angekreidet werden dürfte). Nach einer guten Dreiviertelstunde gehen den Helden allerdings die innovativen Lieder aus. Für die nächsten 30 Minuten klingen sie zwar immer noch nach 80ern, aber mit "Du erkennst mich nicht wieder" eher nach braver Schlagerabteilung als nach Rebellion. Aber weil "Aurélie" es am Ende doch nochmal raushaut, lautet das Fazit des vorher wankelmütigen Konzertbesuchers: "Wir sind Helden" sind zwar nett und lieb, aber auch schnell und rotzig - und vor allen Dingen authentisch.

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