Zwischen Verehrung und Verachtung

Bonn · Das Phänomen Kleopatra ist 2000 Jahre alt. Künstler hat sie zu allen Zeiten fasziniert und inspiriert. Die Bundeskunsthalle zeigt, wie sich die Wahrnehmung gewandelt hat.

Bonn. Es liegt etwas Anmutiges und doch Verruchtes in ihrem Blick, wenn Elizabeth Taylor in ihrer Rolle als Kleopatra in die Kamera schaut. Doch nicht nur im Film oder Theater - auch in Bildern, Texten und Musik fasziniert die ägyptische Herrscherin Kleopatra VII. (69-30 v. Chr.) seit Jahrhunderten Kunstschaffende und Betrachter. Die "Königin der Könige" ruft mehr als 2000 Jahre nach ihrem Tod weiterhin Verehrung und Verachtung hervor. Ihrer mystischen Figur hat die Bundeskunsthalle in Bonn nun eine Ausstellung gewidmet. "Kleopatra - Die ewige Diva" stellt das facettenreiche Kleopatra-Bild über die Epochen dar - von der opulenten Schönheit über die weltgewandte Herrscherin bis hin zur verschwenderischen und männerverschlingenden Femme fatale.
Gleich zu Beginn der Ausstellung trifft Antike auf Moderne. Neben der lebensgroßen Nachbildung einer Wand des oberägyptischen Hathor-Tempels von Dendera hängt Andy Warhols blaues Kunstwerk der Elizabeth Taylor als Kleopatra, kurz "Blue Liz as Cleopatra". Der anschließende Rundgang teilt sich auf in eine Vielzahl an Themenbereichen. Zu Beginn steht Kleopatra als gebildete und weltgewandte Herrscherin, die mit Hilfe der römischen Feldherren Julius Caesar und Marcus Antonius ihre Macht stetig ausweitet. Es folgen Darstellungen der Kleopatra als orientalische Schönheit, Kleopatra als Theaterfigur, aber auch Kleopatra als Werbeikone. Die Schau spanne den Bogen von der hohen Kunst bis zur Popkultur, so der Intendant der Bundeskunsthalle, Rein Wolfs.
Die Exponate der Ausstellung reichen von antiken Skulpturen über Renaissancegemälde und Wandteppiche bis hin zu Schwarz-Weiß-Fotografien, Musikvideos oder Werbeartikeln. "Jede Epoche hat ihr eigenes, unverwechselbares Kleopatra-Bild geschaffen", so die Ausstellungsleiterin Agnieszka Lulinska. Während die Renaissance und darunter auch Michelangelo der Schönen porträthafte Züge verleihen, interessiert im Barock vor allem die Verschwendung, aber auch Vergänglichkeit der Herrscherin. Als schöne Tote habe Kleopatra ein unglaublich reiches und vielfältiges Überleben in der Bildform, erklärt die Kuratorin Elisabeth Bronfen.
Auf einem Wandteppich ist die Geschichte aufgegriffen, wonach Kleopatra mit Marc Anton gewettet habe, sie könne bei einem einzigen Mahl zehn Millionen Sesterzen verspeisen. Kleopatra servierte ihrem Wettpartner daraufhin bis zur Nachspeise ein kärgliches Mahl. Erst beim letzten Gang nahm sie ihren wertvollen Perlenohrring ab, ließ das Schmuckstück in Essig zergehen und trank das Gebräu. Die Verschwendung, aber auch das Reizvolle und Mächtige dieser Handlung, habe im Barock die Perle zum Accessoire der Dame von Welt gemacht, so Lulinska.
Die Faszination für den Orient, Ägypten und Kleopatra entwickelte sich fort. Bilder aus dem 19. Jahrhundert zeigen, dass Kleopatra-Kostüme auf Bällen zur Mode wurden. So trug die Freundin der britischen Queen Victoria, Lady Pagets, zu einem Ball ein Kleopatra-Kostüm im Wert von 6000 US-Dollar. Diese extravagante Erscheinung der Kleopatra spielt auch in Filmen und Theaterstücken eine große Rolle. Nicht nur Elizabeth Taylor, auch Helen Mirren, Judi Dench, Katharine Hepburn und Barbra Streisand verwandelten sich auf der Bühne in die mystische Königin.
Die Filmindustrie verbreitete den Kleopatra-Look so weit, dass selbst die Werbung das Bild der mystischen Herrscherin aufgriff. So wurde die Figur der Kleopatra zum Gesicht von Palmolive-Produkten, Lippenstift oder Gesichtsmasken, aber auch zum Ideengeber für eine Barbie-Puppe.
Es gehe der Ausstellung um die Biografie eines jahrhundertealten Mythos und nicht um die Biografie einer historischen Person, so Bronfen. Zum Abschluss des Rundgangs trifft der Zuschauer auf Madonna im Kleopatra-Kostüm und Michael Jackson im Palast der ägyptischen Herrscherin, bevor er vor Andy Warhols "Silver Liz" steht und damit zum Eingangsmotiv zurückkehrt.

Extra

Die Ausstellung "Kleopatra - Die ewige Diva" läuft bis 6. Oktober. Die Bundeskunsthalle ist dienstags und mittwochs von 10 bis 21 Uhr und Donnerstag bis Sonntag von 10 bis 19 Uhr geöffnet. Begleitet wird die Schau von einem orientalischen Garten auf dem Dach der Bundeskunsthalle. Zur Ausstellung ist ein Katalog erschienen. KNA

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