Bundeswehr Kuriose Nachwuchswerbung

Trier · Bundeswehr spricht Jugendliche auf personalisierten Postkarten mit Corona-Bezug direkt an.

 27.04.2020, Sachsen, Schkeuditz: Soldaten entladen auf dem Flughafen Leipzig/Halle das weltgrößte Frachtflugzeug, eine Antonow 225, mit Schutzmasken an Bord. Laut Bundeswehr besteht die "Luftbrücke" aus China aus insgesamt drei Frachtflügen. Es sollen rund 25 Millionen Schutzmasken nach Deutschland geflogen werden. Der Transport ist Teil der Amtshilfe der Bundeswehr in der Corona-Krise. Foto: Hendrik Schmidt/dpa-Zentralbild/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

27.04.2020, Sachsen, Schkeuditz: Soldaten entladen auf dem Flughafen Leipzig/Halle das weltgrößte Frachtflugzeug, eine Antonow 225, mit Schutzmasken an Bord. Laut Bundeswehr besteht die "Luftbrücke" aus China aus insgesamt drei Frachtflügen. Es sollen rund 25 Millionen Schutzmasken nach Deutschland geflogen werden. Der Transport ist Teil der Amtshilfe der Bundeswehr in der Corona-Krise. Foto: Hendrik Schmidt/dpa-Zentralbild/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Foto: dpa/Hendrik Schmidt

Der Bundeswehr fehlt der Nachwuchs. Seit die allgemeine Wehrpflicht zum 1. Juli 2011 ausgesetzt worden war, muss sie sich wie andere Arbeitgeber um Bewerber bemühen. Derzeit hat die Bundeswehr rund 182 000 Soldaten. Bis 2025 sollen es über 200 000 sein. Da aber die Wehrpflichtigen fehlen, muss die Bundeswehr bei den Jugendlichen für den Beruf des Soldaten werben. Und das vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels und deutlich sinkender Schulabgängerzahlen.

Die Bundeswehr wirbt auf unterschiedlicher Art und Weise. Jugendoffiziere informieren in Schulen, was immer wieder zu Kritik führt. Hinzu kommen Imagekampagnen in sozialen Medien und auf dem Jugendportal bundeswehrentdecken.de

Der Wehrbeauftragte hat sich zu dieser Art der Nachwuchswerbung bereits im vergangenen Jahr kritisch geäußert. Ebenso zu der personalisierten Werbung an Minderjährige.

 Trotzdem setzt die Bundeswehr weiterhin darauf, Jugendliche direkt und persönlich per Postkarte anzusprechen. Bei der neuesten Kampagne nutzt die Bundeswehr die Verunsicherung über Corona, um Nachwuchs zu werben. „Wir kämpfen gegen Corona“ steht auf einer Postkarte, die derzeit etliche  Jungen und Mädchen in der Region erhalten, die im kommenden Jahr 18 Jahre alt werden. Auf der Vorderseite ist im Stil des Namensschildes auf dem Kampfanzug der Nachname des Minderjährigen aufgedruckt. Auf der Rückseite heißt es: „Wir kämpfen gegen Corona.“ Darunter wird der Jugendliche kumpelhaft mit „Hi“ und seinem Vornamen angesprochen. Weiter heißt es: „Gerade in dieser schwierigen Zeit unterstützt die Bundeswehr mit ihren Frauen und Männern in Uniform und in Zivil die deutsche Bevölkerung mit allen Kräften.“

Dann folgt ein Link zu einer Internetseite, in dem der Vorname des Jugendlichen genannt wird. Auf dieser Seite heißt es dann unter Verweis auf den Corona-Einsatz „Ein Land setzt sich gemeinsam ein“ und die Jugendlichen werden gefragt: Traust du dich?“

Die Idee, Corona für die Werbekampagne zu nutzen, sei im März entstanden, „als sich abzeichnete, dass die Bundeswehr zunehmend um Amtshilfe durch die Behörden des Bundes und der Länder ersucht wird“, sagt eine Sprecherin des Bundesverteidigungsministeriums unserer Zeitung. „Es schien uns wichtig darzustellen, welchen Beitrag unsere Soldatinnen und Soldaten an dieser Stelle zu leisten vermögen und welche Berufe und Menschen sich hinter der Amtshilfe verbergen.“ Der Satz  „Wir kämpfen gegen Corona“ weise auf die zahlreiche Unterstützungsleistungen der Bundeswehr hin. „Wir leisten sehr vielfältige, unkomplizierte und kräftige Amtshilfe. Das reicht von der Unterstützung der Gesundheitsämter über den Aufbau von Behelfskrankenhäusern bis hin zur eigenen Produktion von Desinfektionsmitteln und vielem mehr“, so die Ministeriumssprecherin. Es lägen bundesweit bereits mehr als 480 Anträge vor. Davon seien 215 gebilligt und über 150 in der Durchführung. 63 Maßnahmen seien bereits abgeschlossen. Ziel der Kampagne sei es, „das Interesse von jungen Menschen an den Tätigkeiten in den Streitkräften zu wecken und über die verschiedenen Möglichkeiten zu informieren“.

Und wie kommt die Bundeswehr an die Adressen der Jugendlichen? Der Versand der Postkarte erfolge auf der Grundlage von Paragraf 58 c des Soldatengesetzes. Danach übermittelten die Einwohnermeldeämter dem Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr jährlich bis zum 31. März Daten zu „Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit, die im folgenden Jahr volljährig werden“. Der Gesetzgeber habe der Bundeswehr bewusst die Möglichkeit eingeräumt, „diese Daten zum Zwecke der Übersendung von Informationsmaterial über Tätigkeiten in den Streitkräften zu nutzen“, erklärt die Ministeriumssprecherin.

680 000 Postkarten dieser Art hat die Bundeswehr in den vergangenen Tagen verschickt.     Kosten laut Verteidigungsministerium: „257 325,60 Euro (inkl. Mehrwertsteuer).“ Wie groß der Erfolg der Kampagne sein wird, könne man noch nicht sagen.

„Bei uns gehen im Jahr rund 130 000 Bewerbungen für zivile und militärische Berufe ein, was uns sehr freut. Daraus besetzen wir im Schnitt jährlich 25 000 Stellen.“

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