Klärwerke im Fokus Corona-Viren im Abwasser? - Luxemburger testen nicht nur Bürger

Luxemburg · Kann die Untersuchung des Abwassers zeigen, in welchem Ausmaß die Bevölkerung mit Corona kontaminiert ist? Das Großherzogtum Luxemburg untersucht deshalb Proben aus Kläranlagen auf Viruskonzentration.

 Symbolfoto: So wie in diesem Symbolfoto untersucht das Luxembourg Institute of Science and Technology (LIST) die Viruskonzentration im Abwasser .

Symbolfoto: So wie in diesem Symbolfoto untersucht das Luxembourg Institute of Science and Technology (LIST) die Viruskonzentration im Abwasser .

Foto: dpa/Andreas Arnold

Neben einer großflächigen Testkampagne der eigenen Bevölkerung sowie der Grenzgänger setzt Luxemburg im Kampf gegen die Corona-Pandemie auch auf die Analyse von Proben aus Kläranlagen. Im Rahmen des Projekts „Coronastep“ wird jede Woche Abwasser aus 13 Klärwerken gesammelt und anschließend durch Wissenschaftler am Luxembourg Institute of Science and Technology (LIST) auf ihre Sars-Cov2-Konzentration analysiert.

Dafür wenden die Forscher die PCR-Methode an, die auch bei den Coronatests an Menschen mit Nasen- und Rachenabstrichen genutzt wird. „Der Vorteil dieser Technik der Abwasser-Überwachung ist, dass sie sehr schnell eine Einschätzung über das Ausmaß der Kontamination in der Bevölkerung ermöglicht“, erläutert Projektleiter Henry-Michel Cauchie gegenüber der SZ. Innerhalb von rund 36 Stunden (24 Stunden für die Probeentnahmen und zwölf Stunden für die Untersuchung) könne man so bereits Angaben zum Umlauf des Virus bei fast 75 Prozent der luxemburgischen Bevölkerung machen.

Insofern liefert diese Untersuchung schneller Ergebnisse als die großflächige Testkampagne (Large-Scale-Testing). Nachteil ist allerdings, dass sich keine epidemiologischen Details aus den Proben herauslesen lassen. „Im Gegensatz zum Large-Scale-Testing ist es anhand der Abwasser-Proben nicht möglich, herauszufinden, welche Bevölkerungsgruppen krank sind (Jugendliche, Erwachsene, Senioren) und wie viele der infizierten Menschen asymptomatische Virusträger sind“, sagt Cauchie.

Bei dieser Arbeit kann sein Team auf eine langjährige Erfahrung in der Analyse solcher Proben zurückgreifen. „Das LIST überwacht einige pathogene Viren wie zum Beispiel Noroviren, die für eine Magendarm-Erkrankung verantwortlich sind, seit über 15 Jahren“, erklärt der Wissenschaftler. „Doch bei diesen Viren haben wir noch nie über so präzise Prävalenz-Daten wie bei Sars-Cov-2-verfügt.“ Vier LIST-Mitarbeiter analysieren wöchentlich die Proben. Ihre Berichte werden veröffentlicht und fließen in die Corona-Stategie des luxemburgischen Gesundheitsministeriums ein. Ingesamt sind aber rund 20 Menschen in das Projekt „Coronastep“ involviert. „Denn diese Arbeit wäre ohne das Personal der Kläranlagen nicht möglich, das uns mit den nötigen Proben versorgt“, sagt Cauchie. Ein solches Projekt verursacht auch entsprechende Kosten. Während der Abwasserverband auf eigene Kosten dafür Personal abstellt, wird „Coronastep“ durch den nationalen Fonds für Forschung mit rund 60.000 Euro unterstützt.

Ähnliche Projekte fanden bisher lediglich in großen Städten statt. Aufgrund seiner Kleinheit kann Luxemburg zum ersten Mal eine solche Studie auf Staatsebene durchführen. „Bei einem Land von der Größe Deutschlands könnte die luxemburgische Strategie auf Länder-Ebene praktikabel sein – indem man die Kläranlagen der Großstädte auswählt“, meint Cauchie. Es handele sich dabei oft um sehr große Klärwerke, in denen die Abwässer von hunderttausenden Menschen behandelt werden. „Bei der Analyse würde man ein Bild über die Viruszirkulation in einem sehr großen Bevölkerungsquerschnitt bekommen“, sagt er.

Im Saarland sind solche Probenanalysen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie zurzeit kein Thema. „Aktuell sind von Seiten des Ministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz solche Untersuchungen nicht geplant“, teilte Ministeriumsprecherin Sabine Schorr auf Anfrage mit. „Die Aussagekraft wäre aktuell eher trivial, da bei landesweit gleichmäßig hoher Infektionsbelastung – wie aktuell – auch die Belastung auf den Kläranlagen vergleichbar ist. Andererseits waren die Tests bei geringem Infektionsaufkommen noch nicht sensibel genug; so zumindest aus den ersten Ergebnissen der Studie Anfang des Jahres, an der der EVS durch die Zurverfügungstellung von Proben teilgenommen hatte“, sagte die Sprecherin von Umweltminister Reinhold Jost (SPD). 

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