Entdeckungsreise in die Opernwelt

Ambitionierte Opern-Programme ist man vom Grand Théâtre gewöhnt. Aber selten war die Mischung aus Weltstars der Musiktheater-Szene, spannenden Produktionen großer Werke und risikofreudigen Experimenten so reichhaltig wie in der Saison 2011/12.

Namen wie José Cura, William Christie, Anna Bonitatibus, Yannis Kokkos, Lucio Gallo oder Georg Nigl lassen die Opernfans schon im Vorfeld mit der Zunge schnalzen. Koproduktionspartner wie die Deutsche Oper Berlin oder das Pariser Théâtre des Champs Elysées dokumentieren den Stellenwert des Luxemburger Hauses unter den europäischen Hauptstadt-Opern.
Der Saisonstart setzt aber auch ein klares regionales Zeichen: Der Luxemburger Komponist Claude Lenners hat als Auftragsarbeit eine Neubearbeitung von Peter Weiss\' Stück "Der Turm" vertont. Für Libretto und Regie zeichnet der junge belgische Künstler Waut Koeken verantwortlich. "Der Turm" ist die biografisch geprägte Auseinandersetzung mit der Psychoanalyse, am Beispiel des jungen Artisten Pablo, der nach vielen Jahren zu dem Turm zurückkehrt, in dem er aufgewachsen ist und von dem er sich nie ganz frei machen konnte. Es spielen die Luxemburger Philharmoniker, die Hauptrolle singt der belgische Bariton Benoit de Leersnyder.
6. und 8. Oktober 2011

Endlich ist er wieder da: William Christie, der nicht nur die Barock-Oper wiederentdeckt hat, sondern mit seinem Ensemble "Les Arts Florissants" eine ganze Reihe herausragender Interpreten dieser Art des Musiktheaters "heranzog". Nach "Sant\' Alessio" vor drei Jahren kommt Christie mit "La Didone" von Francesco Cavalli ans Grand Théâtre zurück. Und er kommt nicht alleine: Für die Sagen-Geschichte von Dido und Aeneas bringt er mit der gefeierten Anna Bonitatibus, dem Tenor Kresimir Spicer und dem Counter Terry Wey gleich drei große Interpreten mit. Regie führt der Chéreau-Schüler Clément Hervieu-Léger.
26. und 28. Oktober 2011

Wagners Ring? Würde ich mir gerne mal anhören, aber vier Abende mit 16 Stunden Musik - geht das nicht weniger gigantomanisch? Diese Frage, die eingefleischten Wagnerianern als Sakrileg erscheint, hat den englischen Theatermacher Graham Vick Anfang der 90er Jahre nicht ruhen lassen. So entstand die "Ring-Saga", Wagners Opus magnum auf neun Stunden gekürzt, mit Kammerorchester statt Groß-Besetzung - aber auch mit dem Anspruch, den Ring ernsthaft und seriös auf die Bühne zu bringen. Ein französisches Team hat diese seinerzeit in England sehr erfolgreiche Idee wieder aufgenommen und ein Team mit jungen Sängern zusammengestellt. An drei Tagen wird die "Ring Saga" im Grand Théâtre zu sehen sein: Freitags Rheingold, samstags Walküre (Nachmittag) und Siegfried (Abend), sonntags die Götterdämmerung. Das ideale Ring-Wochenende für Einsteiger.
2. bis 4. Dezember 2011

"Idomeneo" gilt Kennern als größte Oper Mozarts, trotz der ungleich populäreren Zauberflöte, Giovanni, Figaro & Co. Die Geschichte des Sagen-Königs Idomeneo, der zur Besänftigung der Götter ein Menschenopfer verspricht, dabei aber seinen eigenen Sohn trifft, liefert Stoff für eine Oper mit großen Chören, lyrischen Arien und höchster Dramatik. Regie und Ausstattung für diese Produktion, die schon in Nancy und Bordeaux zu sehen war, hat mit Yannis Kokkos einer der berühmtesten Bühnenbildern der Opernwelt übernommen.
12. und 14. März

Was für ein Zusammentreffen: Da ist mit Verdis "Otello" eine absolute Meister-Oper. Und mit José Cura (Foto) ein absoluter Weltstar für die Titelrolle. Und mit Andreas Kriegenburg ein Regisseur, der absolut nicht für gewöhnliche Interpretationen steht. Entsprechend machte im letzten Jahr die Otello-Produktion der Deutschen Oper Berlin Furore, sorgte für Jubel und Proteste, wurde vor allem für ihre intensive Personenregie gelobt. Otello im Flüchtlingslager - ungewohnte Bilder, die jetzt auch in Luxemburg zu sehen sind. Mit Lucio Gallo und Yosep Kang sind weitere Protagonisten der Berliner Produktion vertreten, die Desdemona ist mit Meagan Miller neu besetzt. Es spielen die Luxemburger Philharmoniker.
21., 23., 25. Mai 2012

Zwei weitere unkonventionelle halbszenische Produktionen runden das Opern-Programm ab. Komponist PascalDusapin hat dem Bariton Georg Nigl, einem der führenden Lied-Interpreten unserer Zeit, einen Liederabend nach Texten von Friedrich Nietzsche auf den Leib geschrieben. 27 Nietzsche-Poeme als mächtiger Zyklus, unterstrichen mit Video- und Projektionseinspielungen. "O Mensch" ist zu sehen am 11. Januar 2012. Und zum Saison-Finale zeigt das Luxemburger Ensemble "United Instruments of Lucilin" das Ein-Personen-Stück "Monodrame pour voix de femme" des Komponisten Toshio Hosokawa. Termin ist am 27. Juni 2012. DiL

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