Europatag „Grenze unverzüglich wieder öffnen“: Initiative Region Trier schreibt offenen Brief an Seehofer und Merkel

Trier/Eifel/Berlin · Die Initiative Region Trier und stellvertretend ihr Vorstandsvorsitzender Joachim Streit richten sich mit einem offenen Brief an Bundesinnenminister Horst Seehofer und Bundeskanzlerin Angela Merkel. Darin fordern sie eine unverzügliche Grenzöffnung.

Europatag: „Grenze unverzüglich wieder öffnen“: Initiative Region Trier schreibt offenen Brief an Seehofer und Merkel
Foto: dpa/Harald Tittel

Der offene Brief der Initiative Region Trier an Bundesinnenminister Horst Seehofer im Wortlaut. Selbigen Brief schrieb die Initiative auch an die Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Sehr geehrter Herr Bundesminister,

die Initiative Region Trier e.V. (IRT) ist eine langjährige, breit in der Region Trier verankerte Öffentlich-Private-Partnerschaft, die sich durch die effektive Zusammenarbeit von Kommunen, Wirtschaftskammern, Unternehmen und Institutionen auszeichnet.

Mit großer Sorge blicken wir derzeit auf die Situation an der Deutsch-Luxemburgischen Grenze, insbesondere vor dem Hintergrund der aktuellen Verlängerung der Grenzkontrollen bis 15. Mai 2020.

Die Grenzschließung von und nach Luxemburg trifft den stationären Handel in der Region Trier erheblich. Kunden aus dem benachbarten Luxemburg machen im grenznahen Raum oft ein Drittel der Kundschaft und mehr aus. Der Einzelhandel des Oberzentrums Trier setzt mit dieser Kundengruppe jährlich rund 150 Millionen Euro um. Dementsprechend haben manche Geschäfte, allein durch die Grenzschließung, einen Umsatzeinbruch von bis zu 50 Prozent.

Viele Geschäfte sind gerade wegen der grenzüberschreitenden Nachfrage überhaupt erst auf deutscher Seite entstanden oder sie besitzen die Verkaufsfläche und Sortimentstiefe eines Großstadtmarktes, obwohl sie in einer kleineren Gemeinde angesiedelt sind. Der Wegfall der Luxemburger Kundschaft über einen längeren Zeitraum würde daher die betroffenen Einzelhandelsbetriebe in eine wirtschaftlich prekäre Lage bringen. Die wirtschaftliche Erholung durch eine schrittweise Rückkehr zur Normalität des Marktes kann daher erst einsetzen, wenn auch der grenzüberschreitende Individualverkehr wieder zugelassen wird.

Eine tragfähige Exit-Strategie muss die Gesundheit der Menschen und die Erhaltung der Wirtschaftsstruktur zusammenbringen. Dies kann jetzt gelingen. Für unsere Region entlang der Luxemburger Grenze ist es aber mitentscheidend, wie lange die Grenze noch geschlossen bleibt. Denn auch wenn auf deutscher Seite wieder Normalität einkehrt, aber die Grenze zwischen Deutschland und Luxemburg weiterhin geschlossen bleibt, ist für die Unternehmen und ihre Beschäftigten die Krise nicht vorbei.

Hinter dem Ansatz der Europäischen Gemeinschaft verbirgt sich unter anderem der Leitgedanke, in Krisensituationen, wie der aktuellen COVID- 19 Pandemie, gemeinsam an effizienten Lösungsansätzen zu arbeiten. Durch die europäische Union wurden Strukturen geschaffen, dies zu ermöglichen. Die momentane Situation verdeutlicht jedoch, dass diese Möglichkeiten stark eingeschränkt werden. Für die Region Trier ist eine gute und lebendige Nachbarschaft zu Luxemburg von extrem hoher Bedeutung. Die Pandemie-Entwicklung in Luxemburg und in der Region Trier hat eine positive Wende genommen. Die Anzahl der Neuinfektionen und Todesfälle ist deutlich rückläufig und insgesamt vergleichsweise niedrig. Dies ist ein Beleg dafür, dass die Beschränkungen und Hygienemaßnahmen sowohl in Deutschland als auch in Luxemburg streng eingehalten werden.

Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn sieht ebenfalls keinen ersichtlichen Grund, die Mitte März eingeführten Kontrollen weiter aufrechtzuerhalten. Nach seiner Aussage stelle die Entwicklung in Luxemburg „in keinster Weise eine Bedrohung für die Nachbarregionen dar“. Der Unmut in der Bevölkerung wird auf beiden Seiten der Grenze immer größer und könnte das grenzüberschreitende Zusammenleben in der Großregion dauerhaft schädigen. Dies hat er in einem Brief an Sie, sehr geehrter Herr Bundesminister, bereits verdeutlicht.

Deshalb stößt Ihre Entscheidung, die Grenzkontrollen zu verlängern, bei vielen Bürgerinnen und Bürgern, Unternehmerinnen und Unternehmern sowie politischen Entscheidern unserer Region, nicht zuletzt auch bei uns – der Initiative Region Trier e.V. – auf Enttäuschung und Unverständnis. Die Kontrollen an der Luxemburger Grenze führen zu enormen, grenzüberschreitenden Verkehrsverzögerungen und damit auch dazu, dass die vielen Grenzpendler, Dienstleistungserbringer, Handwerker, aber auch dringend benötigte Waren in stundenlangen Staus stehen.

Darüber hinaus sind durch die Grenzkontrollen die bürokratischen Auflagen für die Unternehmen gestiegen – zusätzlich zu den bereits bestehenden Entsendeauflagen in Luxemburg. Grenzüberschreitend tätige Unternehmen müssen neben den Auftragspapieren auch eigens ausgestellte Arbeitgeberbescheinigungen mit sich führen, die nochmals den triftigen Grenzübertritt begründen. Für Unternehmer, die neben Luxemburg auch Geschäftstätigkeiten in Belgien und den Niederlanden ausüben, ist es nicht verständlich, dass an einer Grenze kontrolliert wird, die anderen jedoch offen sind. Hier sollte unbedingt eine Gleichbehandlung der drei Benelux-Länder stattfinden.

Daher bitten wir Sie, sehr geehrter Herr Bundesminister, die Grenze zu Luxemburg unverzüglich wieder zu öffnen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Joachim Streit

Vorstandsvorsitzender

Landrat Eifelkreis Bitburg-Prüm

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