Luxemburg Was Grenzgänger von Experten wissen wollen

TRier/Luxemburg · Ob Kindergeld, Rentenbesteuerung, Kündigung oder Versorgungsausgleich: Die gut 35 000 Grenzgänger aus der Region Trier sind mit vielen gesetzlichen Unterschieden zwischen Deutschland und Luxemburg konfrontiert. Bei unserer Telefonaktion mit dem Deutschen Anwaltverein Luxemburg gab es zahlreiche Anrufe. Hier eine Auswahl.

Gerade beim Bezug von Kindergeld in Luxemburg und Deutschland tauchen immer wieder Fragen von Grenzgängern auf. 

Gerade beim Bezug von Kindergeld in Luxemburg und Deutschland tauchen immer wieder Fragen von Grenzgängern auf. 

Foto: dpa/Jens Büttner

Ich bekomme neben meiner luxemburgischen Rente auch noch eine betriebliche Altersvorsorge aus Deutschland. Muss ich dann beide Renten in Deutschland versteuern?

Stephan Wonnebauer, Fachanwalt für Steuerrecht, Avocat à la Cour: Nein, die luxemburgische gesetzliche Rente wird seit 2014 in Luxemburg besteuert. Das erkennen sie auch an dem vorgenommenen Steuerabzug. In der deutschen Steuererklärung müssen sie aber den Betrag in der Anlage AUS eingetragen. Beachten sie aber den Steuerfreibetrag je nach Renteneintrittsjahr. Das müssen Sie dem Finanzamt vorrechnen.

Ich habe einen Minijob in Deutschland, mein Mann arbeitet in Luxemburg. Wir haben in der Luxemburger Erklärung den Minijob angegeben. Das Finanzamt hat aber nicht den Freibetrag von 4500 Euro anerkannt.

Stephan Wonnebauer: Der Freibetrag wird nur gewährt, wenn beide Eheleute in ein europäisches Rentensystem einzahlen. Beim Minijob kommt es also darauf an, ob sie die Einzahlung in die Rentenkasse in ihrem Arbeitsvertrag ausdrücklich ausgeschlossen haben. Im Normalfall zahlt man ja auch als Minijobber in die deutsche Rentenkasse ein.

Ich bin seit kurzem verheiratet und arbeite in Luxemburg. Mein Mann ist in Deutschland selbstständig. Wir verdienen etwa gleich viel. Wir haben gehört, dass wir in Luxemburg eine getrennte Veranlagung machen sollen.

Stephan Wonnebauer: Wenn Sie ein gleich hohes Einkommen haben, ist die Frage, ob sich eine Steuererklärung in der scheinbar günstigeren Steuerklasse 2 lohnt. Grenzgänger in der Steuerklasse für Ledige und unter 100 000 Euro zu versteuerndes Einkommen müssen keine Erklärung abgeben. Die Getrenntveranlagung muss bis zum 31. März beantragt werden. Bis dahin sind aber meistens die Bilanzen der Selbstständigen noch nicht fertiggestellt. Man sollte daher grob ausrechnen lassen, mit welchen Steuerersparnissen zu rechnen ist, bevor man den Aufwand der Steuererklärung betreibt.

Ich bin wegen Corona im Homeoffice und habe daran Gefallen gefunden. Auch nach der Krise möchte ich gerne zu Hause arbeiten und zwar zwei Tage von fünf. Bin ich dann noch im luxemburgischen Rentensystem?

Stephan Wonnebauer: Nein, denn dann sind sie durchschnittlich 40 Prozent Ihrer Arbeitszeit in ihrem Wohnsitzland tätig. Sie fallen dann aus der luxemburgischen Sozialversicherung. Besser wäre es, wenn Sie nur einen vollen Arbeitstag in Deutschland arbeiten. Dann liegen Sie bei 20 Prozent der Arbeitszeit im Wohnsitzland und bleiben im luxemburgischen Sozialsystem.

Mir wurde eine einvernehmliche Arbeitsvertragsbeendigung angeboten. Ich bin damit einverstanden, aber worauf muss ich achten?

Mylène Pillet-Carbiener, Arbeitsrechtlerin und Avocat à la Cour: Der Arbeitsvertrag, sei er auf bestimmte oder auf unbestimmte Dauer geschlossen, kann jederzeit einvernehmlich aufgelöst werden. Die einvernehmliche Vertragsauflösung muss notwendigerweise schriftlich festgehalten werden. Arbeitnehmer und Arbeitgeber müssen ein datiertes Dokument unterschreiben, aus welchem hervorgeht, dass sie das Arbeitsverhältnis als aufgelöst ansehen. Die Schriftform ist erforderlich.

Ich rate Ihnen gleichzeitig alle Ansprüche wie Urlaubsanspruch oder unbezahlte Prämien zu regeln.

Mein Mann war bis zum 7. April in Luxemburg erwerbstätig, ich selber bin Hausfrau. Die Zukunftskeess hat uns das Kindergeld nur bis einschließlich März gezahlt. Man hat uns informiert, dass das Kindergeld in Deutschland bereits ab April 2020 zu beantragen ist. Trifft die Aussage zu?

Michael Richter, Familienkasse Rheinland-Pfalz Saarland: Die Information ist korrekt. Um das Anrecht auf Kindergeld in Luxemburg zu eröffnen, muss für jeden Monat die sogenannte „überwiegende Versicherungsdauer“ (15+1 Tage) vorliegen. Da diese hier im Monat April nicht erfüllt war, besteht für Sie in Deutschland ein Anrecht auf Kindergeld.

Unser Sohn hat sein Freiwilliges Soziales Jahr in Deutschland im April abgebrochen und beginnt zum 15. September seine Berufsausbildung in Luxemburg. Wir wohnen in Deutschland und beide Elternteile arbeiten in Luxemburg. Welchen Anspruch auf Kindergeld haben wir?

Michael Richter: Bislang bestand für Sie aufgrund Ihres Wohnsitzes ein Anrecht auf Kindergeld in Deutschland, da für das Freiwillige Soziale Jahr in Luxemburg kein Anspruch auf Kindergeld besteht. Für den Zeitraum Mai bis September kann Ihr Sohn als „Kind in einer Übergangszeit“ für den Anspruch auf Kindergeld weiterhin berücksichtigt werden. Da hier die Ausbildung nach dem Ersten eines Monats beginnt, zahlt die Zukunftskees hier Ihnen erst ab Oktober 2020 das Kindergeld.

Wir sind beide als Arbeitnehmer in Luxemburg beschäftigt und haben unseren Wohnsitz in Deutschland. Aktuell erhalten wir aus Luxemburg für unsere beiden Kinder die Leistungen. Mein Mann beabsichtigt, parallel zu seiner Tätigkeit in Luxemburg, sich ab Herbst dieses Jahres in Deutschland selbstständig zu machen. Ergibt sich hierdurch eine Änderung für den Bezug des Kindergeldes?

Michael Richter: Im Falle Ihres Mannes verbleibt es laut Artikel 13 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 im Absatz 3 bei der Sozialversicherung in Luxemburg. Es ergibt sich somit keine Änderung beim Bezug des Kindergeldes. Würde hier beispielsweise Ihr Mann seine Tätigkeit in Luxemburg beenden und wäre nur noch ausschließlich in Deutschland selbststsändig, wäre Ihr Anspruch auf Kindergeld neu zu prüfen.

Ich habe während der Ehe nur in Luxemburg gearbeitet, mein Ehemann in Deutschland. Mit Scheidung wurde der schuldrechtliche Versorgungsausgleich vorbehalten. Ich gehe demnächst in Rente, mein Mann muss allerdings noch einige Jahre bis zur Rente arbeiten. Wird der schuldrechtliche Versorgungsausgleich mit meinem Rentenbeginn durchgeführt und muss ich meinem Mann dann schon etwas zahlen?

Stefan Schubert, Fachanwalt für Familienrecht: Nein, Voraussetzung zur Fälligkeit und Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleiches ist, dass beide eine laufende Versorgung beziehen, die Regelaltersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung erreicht haben oder die gesundheitlichen Voraussetzungen für eine laufende Versorgung wegen Invalidität erfüllt sind.

Mein Mann hat während der Ehe 15 Jahre in Luxemburg gearbeitet. Im Rahmen der Scheidung wurde der Versorgungsausgleich nicht durchgeführt, vielmehr der schuldrechtliche Versorgungsausgleich vorbehalten. Ich überlege in Vorruhestand zu gehen. Ich weiß allerdings nicht, welche Rente ich dann von meinem Mann bekomme, er erteilt mir keine Auskunft. Was kann ich tun?

Stefan Schubert: Es könnte ein Auskunftsanspruch gegenüber Ihrem Ehemann geltend gemacht werden, und dann kann ein Rentengutachter mit der Berechnung beauftragt werden.

Mein Mann, der während der Ehe in Luxemburg gearbeitet hat, bezieht schon seit Jahren seine Rente. Es wurde bei der Scheidung der schuldrechtliche Versorgungsausgleich vorbehalten. Ich beziehe seit November des letzten Jahres meine Altersrente aus Deutschland. Muss mein Mann mir rückwirkend seit November den Ausgleich zahlen?

Stefan Schubert: Nein, es gibt keinen Automatismus und keine ­Rückwirkung, Voraussetzung ist, dass Ihr geschiedener Ehemann zur Zahlung einer schuldrechtlichen Ausgleichsrente aufgefordert wurde. Erst ab diesem Zeitpunkt können Sie die schuldrechtliche Ausgleichsrente von ihm verlangen. Sie sollten Ihren geschiedenen Ehemann daher schnellstmöglich beweissicher zur Zahlung auffordern oder einen gerichtlichen Antrag auf Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs stellen.

Brauche ich einen Rechtsanwalt zur Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichsverfahrens?

Stefan Schubert: Nein, in selbstständigen Versorgungsausgleichssachen besteht kein Rechtsanwaltszwang. Aufgrund der komplexen Thematik würde ich Ihnen aber dringend raten, sich in einem solchen Verfahren anwaltlich vertreten zu lassen.

ZUSAMMENGESTELLT VON
SABINE SCHWADORF

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort