Finanzen „Luxemburg strebt grüne Vorreiterrolle an“

LUXEMBURG · Deloitte-Experten analysieren den Boom bei nachhaltigen und grünen Investmentfonds – und wie Luxemburg sich dafür wappnet.

 Der Finanzmarkt für grüne und nachhaltige Geldanlagen wird den Luxemburger Finanzexperten zufolge in Zukunft an Bedeutung gewinnen.

Der Finanzmarkt für grüne und nachhaltige Geldanlagen wird den Luxemburger Finanzexperten zufolge in Zukunft an Bedeutung gewinnen.

Foto: Sabine Schwadorf

(BP) Schon traditionell veranstaltet Deloitte als eines der führenden Prüfungs- und Beratungsunternehmen am Finanzplatz Luxemburg Anfang des Jahres seinen deutschsprachigen Fondstag. Über 200 Experten aus Luxemburg und dem deutschsprachigen Ausland nahmen dieses Jahr virtuell an der 15. Veranstaltung dieser Art teil, die von der German Business Community mit-organisiert wurde. Hauptthema waren neben steuerlichen und gesetzlichen Themen die Neuerungen und Entwicklungen der „grünen“ und nachhaltigen Investment-Fonds.

Im Interview mit TV-Mitarbeiter Björn Pazen äußern sich Carsten Auel (Senior Manager Deloitte Deutschland) und Rainer Mahnkopf (Direktor Deloitte Luxemburg), warum diese Anlageformen gerade in Luxemburg auf fruchtbaren Boden fallen und was die luxemburgische Regierung macht, um die Fondsgesellschaften im Rahmen ihrer „grünen“ Finanzpolitik zu unterstützen.

Warum sind diese nachhaltigen und grünen Finanzprodukte gerade für den Standort Luxemburg so wichtig?

Carsten Auel: Nachhaltige Finanzprodukte spielen beim Wandel zu einer nachhaltigen und emissionsfreien Wirtschaft eine wichtige Rolle. Das gesteigerte Interesse der Investoren hat zu einer deutlichen Zunahme des Angebots nachhaltiger Produkte geführt. Luxemburg als größter Finanzplatz für Investmentfonds in Europa strebt auch bei nachhaltigen Finanzprodukten eine Vorreiterrolle an und möchte seine herausragende Stellung in Europa und der Welt verteidigen. Daher ist es für den Standort Luxemburg wichtig, die passenden Produkte anbieten zu können, um die wachsende Nachfrage zu decken sowie gleichzeitig den Übergang zu einer nachhaltigen und emissionsfreien Wirtschaft zu unterstützen.

Bedeuten diese Produkte große Umstellungen für die ansässigen Anbieter – oder locken diese Formen sogar neue Fonds-Anbieter nach Luxemburg?

Rainer Mahnkopf: Die neuen europäischen Anforderungen erfordern generell einen gewissen Umsetzungsaufwand bei allen Anbietern von Investmentstrukturen, unabhängig davon, ob sie in Luxemburg oder einem anderen europäischen Land ansässig sind. Dies liegt daran, dass ein Mindestgrad an Nachhaltigkeit, aber auch Nachhaltigkeitsrisiken zukünftig berücksichtigt werden muss. Gleichzeitig muss bei Finanzprodukten, die als nachhaltig vermarktet werden, dargestellt werden, wie nachhaltig sie tatsächlich sind. Da es sich um eine europäische Verordnung handelt, bestehen nur bedingt Möglichkeiten, Wettbewerbsvorteile zu generieren.

Welche Vorteile bietet Luxemburg?

Rainer Mahnkopf: Aufgrund der hervorragenden Marktstellung Luxemburgs ist damit zu rechnen, dass sich europäische Fonds der Fachkompetenz und Expertise der in Luxemburg ansässigen Dienstleister bedienen werden. Zudem unterstützt die luxemburgische Finanzaufsicht CSSF die Akteure beispielsweise mit dem sogenannten FastTrack-Verfahren, das die Umsetzung der ersten Vorschriften der Verordnung beschleunigt.

Das heißt, nachhaltige Finanzprodukte passen in die generelle Ausrichtung der luxemburgischen (Finanz)-Politik?

Rainer Mahnkopf: Luxemburg hat schon immer bewiesen, dass es schnell und effektiv auf Veränderungen von Rahmenbedingungen reagieren kann. Die luxemburgische Regierung hat sich zum Ziel gesetzt, die CO2-Emissionen bis 2030 um 50 bis 55 Prozent zu reduzieren und bis 2050 das Ziel der Netto-Null-Emissionen zu erreichen. Die Gründung der weltweit ersten und bisher einzigen grünen Börse („Green Exchange“) ist Teil der luxemburgischen Regierungsstrategie „Green Finance“. Der weltweit erste Green Bond wurde in Luxemburg notiert. Nachhaltige Finanzprodukte stehen insofern nicht nur im Einklang mit den EU-weiten Zielen, sondern auch mit den ambitionierten Zielen von Luxemburg. Wie auf dem Fondstag dargelegt, profitieren nachhaltige Investmentfonds zukünftig von einer reduzierten Zeichnungssteuer: Der reduzierte Steuersatz ist in Abhängigkeit des Anteils nachhaltiger Investments am gesamten Fondsvermögen gestaffelt.

Wie sieht Deloitte generell den Markt für solche grünen Produkte bei Privatanlegern und institutionellen Investoren?

Carsten Auel: Es besteht sowohl bei Privatinvestoren als auch bei institutionellen Investoren eine sehr hohe Nachfrage nach nachhaltigen Produkten. Die aufgrund der von der EU definierten Klimaziele notwendigen Investitionen werden auch die Nachfrage erhöhen. Die EU-Verordnung ermöglicht es Investoren, ihre Investitionsentscheidungen auch auf Basis von Nachhaltigkeitskriterien zu treffen. Das wachsende Interesse und die Einsicht der Notwendigkeit nachhaltigen Wirtschaftens wird somit die Nachfrage nach diesen Finanzprodukten weiter antreiben und somit auch indirekt die Transformation zu einem CO2-reduzierten, nachhaltigen Wirtschaften beschleunigen.

Aber bedeutet mehr Nachhaltigkeit nicht auch weniger Rendite?

Carsten Auel: Die Covid-19-Pandemie zeigt auf, dass dies nicht zwangsläufig der Fall sein muss. Gerade wenn zukünftig beispielsweise durch einen erweiterten CO2-Emissionshandel und eine Plastiksteuer kommen, können nachhaltige Produkte tatsächlich vorteilhafter sein.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort