Luxemburg Handelskammer stellt Ideen für den Aufschwung vor

Luxemburg · Um einen Weg aus der aktuellen Wirtschaftskrise zu finden, hat die Luxemburger Handelskammer ein Paket an Ideen zum Gegensteuern ausgearbeitet. Dieses stellte sie gestern im Rahmen einer Pressekonferenz vor.

Die Maßnahmen der Regierungen zur Eindämmung des Virus hätten zu einer Vollbremsung der Wirtschaft geführt, sagte Luc Frieden dieser Tage vor Journalisten. Europa- und weltweit werde mit „enormen“ Rückgängen bei der Wirtschaftsleistung gerechnet. „Die Lage ist ernst“, unterstrich der Präsident der Handelskammer gleich mehrmals.

Selbst mit einem wieder deutlich anziehenden Wirtschaftswachstum 2021 „wird es zwei bis drei Jahre dauern, ehe wir wieder auf das Niveau von vor der Krise kommen“, warnte der frühere Finanzminister. Gleichzeitig seien die Krisen der Vergangenheit nur selten nach ein oder zwei Jahren bereits vorbei gewesen. Die Stahlkrise habe sich über ein Jahrzehnt hingezogen, die Finanz- und Schuldenkrise über sechs Jahre. Mit jeweils deutlichen Folgen für Arbeitsmarkt und Staatsfinanzen.

Insgesamt sei die Kammer aber „optimistisch“, so Frieden. „Wir kommen da wieder heraus.“ Lernen könne man beispielsweise aus den Krisen der Vergangenheit. Einen wesentlichen Beitrag sollen die Vorschläge bringen, die die Kammer, die für viele Unternehmen des Landes spricht, ausgearbeitet hat.

Ziel der Vorschläge sei es, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Luxemburg innerhalb von nur wenigen Monaten zu verbessern, so Frieden weiter. Kurzfristig sei es zwar wichtig, finanzielle Hilfen zu verteilen. Langfristig gelte es jedoch, ein gutes wirtschaftsfreundliches Umfeld zu schaffen.

Man müsse neue Investitionen nach Luxemburg bringen, neue Jobs, neue Steuern. „Die meisten Firmen, die hier sind, könnten auch anderswo sein“, unterstrich er. Wichtig sei es, auf die Attraktivität und die Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes zu achten, erklärte Frieden. Wegen seines Gewichts habe er Auswirkungen auf weitere Sektoren.

Von „Medical Valley“ bis Steuersenkungen: Als ersten Punkt nannte Carlo Thelen, Direktor der Kammer, dann auch die Verbesserung des wirtschaftlichen Umfelds. Es gelte, die Wirtschaft weiter zu diversifizieren und die hiesigen Unternehmen krisenresistenter aufzustellen. Die Kammer plädiert beispielsweise für die Schaffung eines „Medical Valley“ in Luxemburg – mit „Medical School“ und Maßnahmen, um Betriebe anzuziehen.

Bei Digitalisierung und „Simplification administrative“ sei noch „vieles nicht umgesetzt“, so Thelen weiter. „Da gibt es viel Potenzial und die Welt muss nicht neu erfunden werden.“ Neue Regeln müssten Unternehmensgründern, die unverschuldet in eine Pleite rutschten, eine zweite Chance ermöglichen. Im Justizsystem könnte die englische Sprache mehr genutzt werden, fügte Frieden hinzu. Das koste nicht viel, könne jedoch Firmen anziehen.

Die Kammer fordert, dass staatliche Investitionen, trotz rekordhoher Haushaltsdefizite, nächstes Jahr weiter erhöht werden. Zudem wünscht sich die Kammer, um einige Beispiele zu nennen, Erleichterungen beim Unternehmensanteil der Sozialbeiträge, mehr Hilfen für Selbstständige, Vereinfachungen bei der Einstellung von Fachpersonal, einen attraktiveren Steuersatz, mehr Hilfen für junge Unternehmen, einen höheren Beitrag des Staates bei der Weiterbildung und eine Entschädigung vom Staat, falls dieser eine in einem Unternehmen ausgebildete Fachkraft abwirbt.

Innovation solle mit Steuergeldern stimuliert werden, so Carlo Thelen. Es müsse „antizyklisch und schnell gehandelt werden“, forderte Frieden. Projekte müssten vorgezogen werden. Rückzahlen solle der Staat später, wenn das Land dank der Investitionen wieder mehr Wachstum verbuche.

Der Autor des Artikels, Christian Muller, ist Redakteur beim luxemburgischen „Tageblatt“.

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