Luxemburgs Banken profitieren vom Brexit

Luxemburg · Die Kreditinstitute des Großherzogtums erwirtschaften trotz steigender Kosten einen Gewinn von fast fünf Milliarden Euro.

 An der Luxemburger Börse sind im vergangenen Jahr die weltweit ersten grünen Aktien gehandelt worden. Damit präsentiert sich das Großherzogtum als moderne Schmiede für innovative Finanzprodukte. TV-Foto: Sabine Schwadorf

An der Luxemburger Börse sind im vergangenen Jahr die weltweit ersten grünen Aktien gehandelt worden. Damit präsentiert sich das Großherzogtum als moderne Schmiede für innovative Finanzprodukte. TV-Foto: Sabine Schwadorf

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Luxemburg Gestern Gespräche in Frankfurt und mit einer US-Bank, heute eines mit einem japanischen Finanzinstitut: Am Bankenplatz Luxemburg geht's rund. Denn bis zum im Frühjahr 2019 anstehenden Brexit werden viele Geldhäuser und Fondsgesellschaften das britische Königreich verlassen und ihren Standort auf den europäischen Kontinent verlagert haben.

Und schon heute wird heftig rotiert. "Wir befinden uns mit den anderen Finanzplätzen derzeit in einer Art Schönheitswettbewerb", sagt Serge de Cillia, Generaldirektor (CEO) der Luxemburger Bankenvereinigung ABBL im TV-Gespräch. Zwar bedauere der Bankenplatz die Entscheidung der Briten, andererseits habe der Finanzplatz des Großherzogtums mit seinen 141 Instituten einiges zu bieten. "Die Kunden machen Druck auf die Banken, weil sie Sicherheit darüber haben wollen, was nach dem Brexit passiert. Sie wollen kein Risiko, sondern eine sofortige Lösung", sagt der Experte. Die Folge: Banken jeglicher Herkunft und unterschiedlichster Ausrichtung klopfen bei de Cillia an.

Sie informieren sich bei ihm über die Voraussetzungen am Markt, wälzen Kosten und Profit hin und her - und treffen dann eine Entscheidung. Und die immer wieder zugunsten Luxemburgs: Fünf neue britische und US-Versicherungsgesellschaften haben bereits "rübergemacht", mehrere Fondsgesellschaften haben ihren Hauptsitz verlagert, eine US-Bank hat ihre Verlagerung angekündigt, und mehrere Schweizer und US-Banken haben bereits ohne großes Aufheben Geschäftszweige transferiert. Aber auch chinesische, lateinamerikanische und arabische Banken suchen in Luxemburg nach Sicherheit für ihre Anlagen. "In den nächsten anderthalb Jahren wird sich noch einiges tun", ist sich der ABBL-Chef sicher. Neue inhaltliche Trends setzen dabei vor allem grüne, soziale und nachhaltige Investments sowie sogenannte Fintex-Unternehmen, Dienstleister der Finanzbranche.

Dabei ist die Lage am Finanzplatz Luxemburg derzeit so gut wie schon lange nicht mehr. Die Bankenaufsicht CSSF hat die Zahlen von 2016 vorgestellt (siehe Info) und dabei einen neuen Rekordgewinn seit der Bankenkrise 2008 von fast fünf Milliarden Euro ermittelt. Besonders auffällig: Trotz der europaweit niedrigen Zinsen ist die Luxemburger Zinsmarge kräftig gestiegen. Der Grund dafür: Die Investitionen haben zugelegt, und immer mehr Verbraucher finanzieren ihren Konsum auf Pump.

Serge de Cillia ist daher vorsichtig: "Ja, wir hatten für die Branche insgesamt ein gutes Jahr, und wir sind überrascht, dass die Zinsmarge nochmals gestiegen ist. Zudem lief es an den Börsen gut, so dass das Aktiengeschäft sehr zufriedenstellend war", sagt er. Aber er warnt: "Nur ein Drittel der einzelnen Geldhäuser hat auch gute Resultate erzielt, und die Effekte durch Immobilienverkäufe sind nur einmalig." Hinzukomme ein immenser Kostendruck, den die meisten Institute nur mit dem Umbau ihrer Häuser auffangen könnten. Vor allem die deutschen Banken hätten vorgelegt, Landesbanken geschlossen oder ihr Geschäftsmodell spezialisiert. "Es wird weitere Restrukturierungen geben", zeigt sich der ABBL-CEO überzeugt.

Folglich sind gerade die steigenden Kosten für de Cillia "der Wermutstropfen" in der Bilanz. So hat die ABBL ermittelt, dass 2015 für Compliance (Regeleinhaltung) und Regulierung Kosten in Höhe von 400 Millionen Euro für die Banken angefallen sind. Das entspricht immerhin einem Prozent der Luxemburger Wirtschaftsleistung. Tendenz steigend.Extra: 141 FINANZUNTERNEHMEN UND SPITZENGEWINNE


(sas) In der Luxemburger Finanzbranche sind derzeit 141 Unternehmen aktiv, zwei Banken weniger als 2015. Die Zahl der Beschäftigten ist leicht auf 26 060 gestiegen. Allerdings liegt ihre Zahl um 1000 niedriger als vor der Finanzkrise 2008. Die Bilanzsumme aller Luxemburger Banken lag im vergangenen Jahr bei 770 Milliarden Euro, ein Plus von 3,6 Prozent im Vergleich zu 2015. Der Gewinn lag bei rund 4,8 Milliarden Euro, hat die Bankenaufsicht CSSF ermittelt. Das ist das zweitbeste Ergebnis seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1994. Nur 2006 hatten die Luxemburger Kreditinstitute mit 5,7 Milliarden Euro noch mehr Profit gemacht. Zwei weitere wichtige Eckdaten: Das Volumen der Kundenkredite legte im Vergleich zu 2016 um 14,4 Prozent auf 216 Milliarden Euro zu. Und trotz niedriger Zinsen stieg der Zinserlös um 5,3 Prozent auf 4,7 Milliarden Euro. Der Grund: steigende Investitionen und mehr Konsumkredite.

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