Luxemburg Mit Volldampf in den Aufschwung

Luxemburg · Mit einem erwarteten Wirtschaftswachstum von sechs Prozent in diesem Jahr brummt die Luxemburger Wirtschaft so stark wie seit zehn Jahren nicht mehr.

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Foto: TV/Typoserve

Auch wenn die Luxemburger Konjunkturexperten wie Ferdy Adam vom Statistikamt Statec warnen, dass alle Daten vorläufig seien und man das Corona-Jahr 2020 nicht außer Acht lassen dürfe, so steht doch fest: Luxemburgs Wirtschaft brummt so stark wie seit zehn Jahren nicht mehr. Ein Wirtschaftswachstum von sechs Prozent prognostiziert immerhin das Statistikamt. Lange hat das Großherzogtum einen solchen Boom nicht mehr erlebt. „Wir brauchen uns nicht zu verstecken“, gesteht Adam, gibt aber zu bedenken, dass eine kumulierte Rechnung des Corona-Jahres 2020 mit einem Einbruch um 1,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (Deutschland: minus fünf Prozent) und des aktuellen Jahres wohl einen realistischeren Mittelwert von etwa 2,5 Prozent Wirtschaftswachstum ergeben. Dennoch: „Alles, was derzeit über das Normalmaß hinausgeht, sind Nachholeffekte, die den Corona-Schaden weniger groß machen“, sagt er. Und Statec-Direktor Serge Allegrezza sagt im Rahmen der Vorstellung der neuen Prognosen für die Luxemburger Wirtschaft: „Die wachsende Zuversicht spornt die Konjunktur an.“

Doch warum kommt das Großherzogtum weniger stark angezählt aus der Pandemie heraus als andere Länder? Was macht Luxemburg anders oder besser? Ein Grund dafür liegt laut den Statistikern in der Struktur der Luxemburger Wirtschaft. „Das Großherzogtum hat eine große Dienstleistungsbranche und konnte daher schnell viele Beschäftigte ins Homeoffice schicken, die von da aus weitergearbeitet haben“, erklärt Ferdy Adam. Auch wenn der Einbruch in Hotellerie und Gastronomie im vergangenen Jahr bei etwa 30 Prozent liegt, so sei die Branche weniger wichtig für die Wirtschaft als in Urlaubsländern wie Italien oder Spanien. Und auch die Industrie spiele eine weniger große Rolle als etwa in Deutschland. „Dagegen hat das Pandemiejahr der Informations- und Kommunikationsbranche einen Schub gebracht, sie hat ihre Wertschöpfung um 17 Prozent verbessert“, sagt der Statec-Mitarbeiter im TV-Gespräch. Teilweise lasse sich diese Verbesserung sogar auf einzelne Betriebe herunterbrechen.

Der zweite Grund für ein besseres Abschneiden der Luxemburger Wirtschaft in Pandemiezeiten sieht Adam in der „liberaleren Öffnungspolitik“ des Landes im Vergleich zu anderen Ländern. Bis auf den großen Lockdown im Frühjahr 2020 seien etwa die Schulen und Kitas Luxemburgs lediglich für insgesamt fünf Wochen über Weihnachten und Karneval geschlossen gewesen. „Viele Eltern konnten so weiterarbeiten“, sagt der Statistiker. Das ist auch erkennbar am Wirtschaftswachstum im letzten Trimester 2020, als bis auf Luxemburg alle EU-Staaten noch einen Einbruch der Wirtschaft verzeichneten. So ist die Zahl der gearbeiteten Stunden im EU-Vergleich auch in Luxemburg nur um etwa 3,5 Prozent eingebrochen, im EU-Schnitt gab es ein Minus von rund acht Prozent.

Das wirkt sich auch auf den Arbeitsmarkt aus: „Da hat sich Luxemburg sehr gut aus der Affäre gezogen“, freut sich Ferdy Adam. So lag trotz des Corona-Einbruchs im Frühjahr 2020 die Zahl der Beschäftigten im Juli bereits wieder auf dem Niveau vom Jahresanfang. Seitdem ist die Zahl der Beschäftigten auf derzeit rund 483 000 gestiegen. „Auch wenn die Kurzarbeit geholfen hat, Personal zu halten, so liegt dies auch am Mangel an verfügbaren Arbeitskräften, dass weniger Menschen ihren Job verloren haben“, sagt der Experte. Dennoch befindet sich die Arbeitslosenquote bei 6,3 Prozent wie im vergangenen Jahr.

Dass sich die Corona-Krise nicht so stark im Großherzogtum ausgewirkt hat, lässt sich auch an der Staatsverschuldung ablesen. Zunächst sind weniger Fördergelder aus den Schuldgarantien und anderen Staatszahlungen für Unternehmen abgerufen worden, bei der Kurzarbeit nur ein Drittel der möglichen Förderung. Folglich fällt das Staatsdefizit mit vier Prozent relativ gering aus für 2020. Ähnlich niedrig liegt es in Deutschland, Frankreich und Italien weisen jeweils zehn Prozent aus. Für dieses Jahr rechnet das Statec noch mit einer leichten Verschuldung, im kommenden Jahr sollen die Einnahmen dann wieder kräftiger sprudeln.

„Aktuell“, so sagt Ferdy Adam, „zieht es in der Industrie an und dem Bau geht es gut. Wirtschaftstreiber ist aber klar der Finanzsektor.“ So rechnet er vor allem damit, dass das Privatkundengeschäft in Luxemburg anzieht und „ein positives Ergebnis haben wird: Denn während der Normalmann eine neue Waschmaschine gekauft hat, haben vor allem die Wohlhabenden ihr Geld in der Pandemie gespart und wollen es jetzt anlegen.“ Luxemburg freut sich.

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