Niederkorn, Cincinnati, Wien

LUXEMBURG/WIEN. Franz Schubert war einer, der Komponist Jacobus Gallus auch. Joseph und Michael Haydn sangen ebenfalls - wenn auch nur gelegentlich - im Chor mit. Seit Mitte November gehört Benjamin Kleykamp dem berühmtesten Kinderchor der Welt an: Er ist der erste Luxemburger bei den Wiener Sängerknaben.

Stolz blickt Benjamin Kleykamp in die Kamera. Seit dem 17. November trägt der Elfjährige den traditionellen Matrosenanzug der Wiener Sängerknaben. Benjamin, der am 9. Februar 1992 im Niederkorner Marie-Astrid-Spital zur Welt kam, ist der erste Luxemburger überhaupt, der dem weltbekannten Chor angehört. Benjamins Eltern sind die Luxemburgerin Sandra Michelis und der US-Amerikaner Steve Kleykamp. Sie lernten sich in den 80er-Jahren kennen, als Steve in Luxemburg Student an der Miami University war, die damals noch in der Hauptstadt angesiedelt war.Im April geht es nach Japan

Benjamin ist das dritte von vier Kindern der Familie - drei Jungs und ein Mädchen. 1996, als Benjamin gerade vier war, zog die Familie aus Luxemburg nach Ohio/USA und ließ sich in Cincinnati nieder. Steve Kleykamp fand dort eine Anstellung als Lehrer. Benjamin trat vor etwas mehr als zweieinhalb Jahren in den Knabenchor in Cincinnati ein. Im Frühling 2003 nahm ihn der Direktor dieses Chores in die engere Wahl für eine Aufnahme bei den Wiener Sängerknaben. Nach einem Konzert Anfang Juni informierte der Chordirektor Benjamin und seine Eltern schließlich darüber, dass er sich entschieden habe: Falls Steve und Sandra Kleykamp-Michelis einverstanden seien, solle Benjamin dem berühmten österreichischen Chor so schnell wie möglich beitreten.Benjamin war sofort Feuer und Flamme für die Idee, doch alleine wollte er nicht nach Europa. Und da Sandra ohnehin irgendwann wieder zurück auf den heimatlichen Kontinent wollte, war der Entschluss schnell gefasst. Ende Juni zog Mutter Sandra zusammen mit Sohn Benjamin nach Luxemburg, wo sie mit dem Elfjährigen eine Zeit lang bei ihren Eltern lebte und ihren Sohn in Deutsch unterrichtete. Von Ende Juli bis Ende August nahm Benjamin dann an einem Camp der Wiener Sängerknaben am Wörthersee teil. In dieser Zeit suchten Steve und Sandra in Wien nach einer Wohnung, die sie unweit des Sängerknaben-Internates am Augarten fanden. Von Benjamins Internatszimmer aus sieht man bis zur elterlichen Wohnung.Die Woche über bleibt der Elfjährige im Internat, wo er die musikalische und die allgemeine Ausbildung erhält, das Wochenende verbringt er im Familienkreis. Bald werden die Großeltern aus den USA in Wien eintreffen, wo sie für die Feste zum Jahresende bleiben werden. Und sie bringen - ganz wichtig - ein Paar Handfunkgeräte mit, die künftig während der Woche den Kontakt zwischen den Eltern und dem Chorknaben erleichtern und, vor allem, verbilligen sollen.Inzwischen hat Benjamin bereits zahlreiche Proben und Auftritte hinter sich gebracht. Und eine weihnachtliche CD, die demnächst in den Handel kommt, hat er auch schon mit besungen. Den größten Auftritt seiner bisherigen Karriere wird er am kommenden Mittwoch haben, wenn Riccardo Muti als Gastdirigent im großen Saal des Wiener Musikvereins das Konzert Christmas in Vienna dirigiert. Das ganz große Abenteuer erwartet Benjamin im April 2004: Dann geht‘s auf zur ersten Tournee. Und die führt gleich nach Japan.Durchschnittlich bleiben die Knaben bis zum Alter von 14 Jahren chorfähig. Was dann aus Benjamins Karriere wird? Rund ein Viertel aller ehemaligen Sängerknaben arbeiten auch später als Musiker - als Sänger, als Komponisten, als Dirigenten. Andere werden Arzt oder Lehrer und singen nur noch in ihrer Freizeit. Allen ist jedoch die Tatsache gemein, einmal im berühmtesten Kinderchor der Welt mitgesungen zu haben. Und das können nicht viele von sich behaupten, in Luxemburg bislang noch keiner. Außer eben Benjamin. S François Besch ist Redakteur bei der luxemburgischen Tageszeitung "Tageblatt".

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