Saus und Braus im Diplomaten-Haus

Luxemburg · Es dürfte nicht oft vorkommen, dass das US-Außenministerium eigenes diplomatisches Personal öffentlich an den Pranger stellt. In einem internen Report werden äußert heftige und pikante Vorwürfe gegen die bisherige US-Botschafterin in Luxemburg erhoben.

Die Arbeitsbedingungen in der luxemburgischen US-Botschaft müssen wirklich schlimm gewesen sein. Einige Mitarbeiter wollten lieber in den Irak oder nach Afghanistan versetzt werden, als länger in der diplomatischen Vertretung ihres Landes im Großherzogtum zu arbeiten. Das geht aus einem internen Report des US-Außenministeriums hervor, der unserer Zeitung vorliegt. Auf 66 Seiten werden darin detailliert die Missstände in der Botschaft aufgeführt.

Zwischen 25. Oktober und 5. November besuchten Inspektoren die Botschaft, befragten das Personal und machten sich ein Bild über die Arbeit der US-Vertretung. Das Ergebnis: Die US-Botschaft in Luxemburg habe wegen "interner Probleme" keine Rolle im Großherzogtum und den dortigen Medien gespielt. Die Vorwürfe zielen in erster Linie auf die bisherige US-Botschafterin in Luxemburg, Cynthia Stroum.

Mit dem Bericht wird klar, warum die sie überraschend, kurz vor Veröffentlichung des Reports, ihren Job Ende Januar aufgegeben und Luxemburg Knall auf Fall verlassen hat. Als offiziellen Grund hatte die studierte Journalistin und zuletzt als Film- Fernsehproduzentin arbeitende Stroum angegeben, sie wolle sich wieder mehr um ihre Familie und ihr Privatleben kümmern. Doch der Report des US-Außenministeriums wirft ein ganz anderes Licht auf Stroum, die Barrack Obama in seinem Präsidentschaftswahlkampf mit umgerechnet rund 364.000 Euro unterstützt haben soll und quasi als Belohnung im September 2009 Botschafterin in Luxemburg geworden ist.

Der Bericht kommt einer Ohrfeige für Stroum gleich. Sie sei völlig ungeeignet gewesen für den Job, sie soll ihre Mitarbeiter gemobbt haben und Geld "exzessiv" ausgegeben haben. Die in Seattle geborene Stroum soll Mitarbeiter, die sie kritisiert haben beleidigt und mit Kündigung bedroht haben. Auch soll sie alle deren E-Mails kontrolliert haben. Sechs für drei Jahre nach Luxemburg abgeordnete Mitarbeiter hätten die Botschaft im vergangenen Jahr frühzeitig verlassen, heißt es. Ein luxemburgischer Psychiater soll im Juni in der Botschaft gewesen sein, um mit Mitarbeitern zu sprechen.

Stroum wird auch vorgeworfen kurz vor Ende des Geschäftsjahres im vergangenen Jahr den gesamten Etat für Repräsentationszwecke aufgebraucht zu haben, um Wein und Likör im Wert von umgerechnet rund 2500 Euro zu kaufen. Weil die offizielle Botschaftswohnung renoviert worden ist und sie nicht darin wohnen konnte, soll sie Botschaftspersonal damit beauftragt haben, nach einer geeigneten Unterkunft für sechs Monate zu suchen. Sechs Wochen dauerte die Suche, zwei Mitarbeiter der US-Botschaft in Brüssel kamen eigens nach Luxemburg um die Mitarbeiter dabei zu unterstützen, 200 Wohnungsanzeigen und Maklerangebote auszuwerten. 30 bis 40 Wohnungen in Luxemburg sollen sie besichtigt haben und der Botschafterin schließlich vier vorgeschlagen haben, keine davon soll ihr gefallen haben. Mehrere Mitarbeiter sollen tagelang im Sommer damit beschäftigt gewesen sein, einen geeigneten Sonnenschirm für die renovierte Botschafterresidenz zu suchen. In den letzten zwei Wochen des im September endenden Geschäftsjahres soll die Botschaft insgesamt 270000 Dollar (193000 Euro) für 160 Käufe ausgegeben haben.

Auch bei der Auswahl ihres Bettes soll Stroum Ansprüche gestellt haben. Neben dem in ihrer Wohnung vorhandenen so genannten King-Size-Bed (bestehend aus einer 190 mal 203 Zentimeter großen Matratze) bestand sie noch auf den Kauf eines so genannten Queen-Betts (152 mal 203 Zentimeter große Matratze). Zwei Mal, im Dezember 2009 und im August 2010, musste ein Botschaftsmitarbeiter im Washingtoner Außenministerium nachfragen, ob der Kauf genehmigt werde. Beide Male wurde er abgelehnt mit dem Hinweis, dass es sich um einen persönlichen und keinen dienstlichen Wunsch der Botschafterin handele. Daraufhin soll ihr Vize aus dem Botschaftsetat einen Gutschein für den Kauf eines Bettes ausgestellt haben. Im Report heißt es, dass Stroum die Kosten dafür nun zurückzahlen muss. In diesem Zusammenhang entbehren die Abschiedsworte Stroums nicht einer gewissen Ironie: "Das vergangene Jahr war eine herausfordernde und belohnende Erfahrung für mich", ließ sie Mitte Januar in einer Pressemitteilung verkünden.

Erst im November machte Stroum Schlagzeilen, als auf der Internetplattform Wikileaks geheime Botschaftsberichte von ihr veröffentlicht worden sind. Darin ging es um den Besuch eines Ex-Insassen des US-Gefangenenlagers Guantanamo in Luxemburg. Botschaftsmitarbeiter mussten sogar einen detaillierte Bericht über eine öffentliche Filmvorführung und Diskussion des Ex-Häftlings über Folter in Guatanamo. Zunächst war in Luxemburg spekuliert worden, diese Berichte seien der Grund, warum Stroum ihren Posten aufgegeben hat. In den USA ist die Stroum-Affäre zu einem innenpolitischen Thema geworden. Renommierte Zeitungen wie die "Washington Post" haben über die Luxus-Botschafterin berichtet. Kommentatoren bezweifeln die Befähigung Stroums als Botschafterin Sie habe eine beachtliche Karriere als Geschäftsfrau und Privat-Investor gemacht, habe aber keine diplomatische Erfahrung. ""Ich hoffe, dass Cynthia Stroum das Land mit einer Fülle an guten Erinnerungen verlässt", hat Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn nach ihrem Rücktritt der Botschafterin gewünscht. Angesichts der nun veröffentlichten Details über das Leben in Saus und Braus dürfte Stroum in der Tat gute Erinnerungen Großherzogtum haben.

Der Report des US-Außenministeriums

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