Wirtschaft Warum die Spritpreise in Luxemburg so niedrig sind – und wie stark das Land vom Tanktourismus lebt

Luxemburg · Die Spritpreise in Luxemburg sind für Deutsche in der Grenzregion schon lange interessant. Nicht erst seit die Preise für Kraftstoffe im Jahr 2022 durch die Decke gingen.

 Eine Folge der niedrigen Spritpreise in Luxemburg: Der Grenzort Wasserbillig ist für den Tanktourismus bekannt.

Eine Folge der niedrigen Spritpreise in Luxemburg: Der Grenzort Wasserbillig ist für den Tanktourismus bekannt.

Foto: dpa/Harald Tittel

Warum sind die Spritpreise in Luxemburg meist niedriger als in Deutschland?

Anders als in Deutschland, wo es an Tankstellen oft mehrmals am Tag zu Preissprüngen an den Zapfsäulen kommt, legt in Luxemburg der Staat die Höchstpreise fest. Tankstellenbetreibern ist es untersagt, diese Preise zu überschreiten – erlaubt hingegen ist es, den Kraftstoff unterhalb der gesetzten Beträge anzubieten. Meist handelt es sich hierbei nur um wenige Cent. Aufgrund des niedrigeren Steuersatzes von 15 Prozent kosten Benzin und Diesel allerdings oft über 60 Cent pro Liter weniger als in Deutschland.

Seit wann werden Spritpreise in Luxemburg staatlich reguliert?

Ebenso wie in Deutschland herrscht auch im Großherzogtum freie Marktwirtschaft, und Preise für Waren, Güter und Dienstleistungen werden durch das Spiel mit der Konkurrenz bestimmt.

Dennoch gibt es einige Ausnahmen, bei denen der luxemburgische Staat die Höchstgrenzen von Preisen bestimmt. Von dieser Regelung, die am 26. Mai 2004 in Kraft trat, sind hautsächlich Mineralölprodukte, pharmazeutische Erzeugnisse aber auch Taxifahrten betroffen.

Im Jahr 2021 wurden zwar auch in Luxemburg die Steuern auf Kraftstoffe erhöht, die Spritpreise liegen jedoch immer noch ein gutes Stück unter den deutschen Preisen.

Wer legt die Spritpreise in Luxemburg fest – und nach welchen Kriterien?

Das luxemburgische Ministerium für Energie und Raumentwicklung bestimmt und kommuniziert die Höchstpreise für Mineralölerzeugnisse landesweit einheitlich. Mithilfe einer Formel, die die Preisentwicklungen auf dem Rohölmarkt, Steuern, Lagerungskosten und Dollarschwankungen miteinbezieht, werden die Spritpreise in Luxemburg täglich neu berechnet.

Auch deutsche Politiker, wie SPD-Bundestagsmitglied Heiko Maas, forderten in der Vergangenheit eine ähnliche Regelung für die Spritpreise hierzulande. Im Gegensatz dazu möchte der Mineralölverbund Luxemburgs die Politik dazu bewegen, die Preise für Kraftstoffe freizugeben. Kritiker einer solchen Freigabe betonen in diesem Zusammenhang jedoch immer wieder das Risiko einer Preisexplosion. Denn Luxemburg profitiert von den bestehenden Regelungen stark: Das Land erzielt durch die Umsätze, die durch Benzin, Tabak und Alkohol generiert werden, beinahe 20 Prozent seines gesamten Steueraufkommens.

Welche Orte in Luxemburg profitieren besonders von den niedrigen Spritpreisen?

Vor allem Ortschaften nahe der Grenze profitieren von den deutschen Tanktouristen. Neben Echternach, Grevenmacher, Remich und Schengen ist vor allem die Stadt Wasserbillig ein beliebtes Ziel. Viele Deutsche verbinden ihre Fahrt dorthin mit einem Tagesausflug, besonders an den Wochenenden, was den übrigen Geschäften im Ort zusätzlich gute Einnahmen beschert. Denn nicht nur die Spritpreise sind niedriger. Auch Kaffee, Zigaretten und Sekt sind in Luxemburg bedeutend günstiger als in Deutschland.

Wie groß ist der Tanktourismus zwischen Luxemburg und Deutschland?

Die im Rahmen des Tanktourismus wohl am häufigsten frequentierte Tankstelle befindet sich an der A3 in Berchem. An dieser konzernweit umsatz- und absatzstärksten Aral-Tankstelle werden täglich bis zu 150.000 Liter Kraftstoff verkauft. Das Benzin wird hier nicht, wie sonst üblich, über Zapfsäulen angesaugt, sondern mittels eines Druckmechanismus, wie er auch in der Formel-1 eingesetzt wird, aus einem Großtank herausgepresst. So kommt der Betreiber auf einen Absatz von rund 100 Millionen Litern jährlich. Eine deutsche Durchschnittstankstelle verzeichnet im Vergleich dazu etwa 3,5 Millionen Liter pro Jahr.

Die Folge: Der Pro-Kopf-Verbrauch von Kraftstoffen in Luxemburg ist derzeit etwa viermal so hoch wie der EU-Durchschnitt. Denn die Tanktouristen befüllen im Nachbarland nicht nur ihre Fahrzeuge – bis zu 20 Liter Benzin dürfen, abgefüllt in Kanistern, von Privatpersonen zollfrei nach Deutschland eingeführt werden. Derzeit gibt es auf der vergleichsweise kleinen Fläche des Landes rund 240 Tankstellen, da sich auch Bewohner Belgiens und Frankreichs die Situation zunutze machen.

In den Grenzregionen beeinflusst die luxemburgische Mineralölpolitik allerdings nicht nur die Lebensgewohnheiten der Menschen, die in der Mittagspause oder am Wochenende zum Tanken über die Grenze fahren. Auch die Infrastruktur und der Arbeitsmarkt deutscher Ortschaften haben sich über die Jahre an die Situation durch die niedrigen Spritpreise in Luxemburg angepasst, denn die Einzugsgebiete luxemburgischer Tankstellen reichen weit über die Grenze ins Land hinein.

Laut Burkhard Reuss, dem Leiter der Unternehmenskommunikation der Total Deutschland GmbH, lasse die „Störung aus Luxemburg“ erst bei Koblenz wieder nach. Je weiter der Abstand zu Luxemburg, umso stärker reguliere sich das Preisniveau an deutschen Tankstellen wieder nach oben. Dieses Phänomen sei auch an den Grenzen zu Österreich, Polen und Tschechien zu beobachten.

Da die deutschen Tankstellenbetreiber in den betroffenen Regionen meist nicht mit den Preisen jenseits der Grenzen mithalten können, setzen sie ihre Preise entsprechend höher an, um die Einbußen, die durch die Tanktouristen entstehen, wieder auszugleichen.

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