Kolumne Wann et knuppt – Verkehrsrecht in Luxemburg Die Entschädigung für Nutzungsausfall

Nach dem Unfall muss der Schaden häufig durch einen Sachverständigen begutachtet und das Auto repariert werden. Während dieser Zeit steht das Fahrzeug still. Wer ohne eigenes Verschulden einen Unfall erlitten hat, kann für den Ausfall der Nutzungsmöglichkeit eine Nutzungsentschädigung verlangen.

 Anwalt und TV-Kolumnist Franz-Peter Basten.

Anwalt und TV-Kolumnist Franz-Peter Basten.

Foto: Sabine Schwadorf

Bei der Berechnung des Zeitraums, für den Entschädigung gewährt wird, bestehen in der Regel keine großen Unterschiede zwischen deutschem und luxemburgischem Recht. Ganz erheblich weichen deutsches und luxemburgisches Recht jedoch im Hinblick auf die Höhe des Tagessatzes voneinander ab.

Nehmen wir den Fall des C, der auf der luxemburgischen A1 im Zuge der Baustelle hinter der Abfahrt Potaaschbierg einen Unfall erlitten hat: Der Sachverständige hat für den PKW des C aus der 5er Reihe einer bekannten deutschen Marke unter Berücksichtigung der in Deutschland üblichen Kriterien die Nutzungsausfallentschädigung pro Tag zutreffend mit 79 Euro angegeben. Die Ermittlung des Tagessatzes orientiert sich in Deutschland im Allgemeinen an der Tabelle „EurotaxSchwacke“.

Die Orientierung an der EurotaxSchwacke-Tabelle ist in der luxemburgischen Rechtsprechung nicht gebräuchlich, weil gemäß dem Schadensbegriff aus dem luxemburgischen Recht stets der konkrete Schaden zu ermitteln ist. Deshalb ist die Bezugnahme auf Tabellen, wie beispielsweise EurotaxSchwacke, nicht zulässig.

Ausgangspunkt des luxemburgischen Rechts für die Feststellung des konkreten Schadens durch Nutzungsverlust, „perte de jouissance“, ist der konkrete Nutzungswert, „la valeur de l‘utilisation“ des Fahrzeugs. Erst wenn es an ausreichenden Anhaltspunkten für die Bestimmung des konkreten Schadens fehlt, darf das Gericht auf die Festsetzung eines pauschalen Entschädigungssatzes zurückgreifen.

In der Praxis sprechen die luxemburgischen Gerichte allerdings in der Regel mangels ausreichender Anhaltspunkte für die Ermittlung des konkreten Nutzungswertes eine pauschale Entschädigung pro Tag zu. Der von den Gerichten bewilligte Tagessatz lag lange Zeit einheitlich bei 12,50 Euro (500 Luxemburger Francs). Das ist umso erstaunlicher, als die Gerichte dem Geschädigten, der einen Mietwagen für die Ausfallzeit in Anspruch nimmt, einen solchen zugestehen, der dem beschädigten Fahrzeug nach „Leistungsfähigkeit, Wirkungsgrad, Komfort und Sicherheit“ entsprechen soll. Inzwischen lockern einige luxemburgische Gerichte die Spruchpraxis zum pauschalen Tagessatz auf und gewähren Entschädigungssätze bis zu 25 Euro pro Tag.

Fazit: Wer in Luxemburg mit seinem PKW, etwa der oberen Mittelklasse, einen unverschuldeten Unfall erleidet, muss sich mit einer Nutzungsausfallentschädigung pro Tag abfinden, die bestenfalls in etwa der Entschädigung entspricht, die in Deutschland für einen Renault Twingo zugesprochen wird. Legt man zum Beispiel einen Entschädigungssatz von 25 Euro zugrunde – viele luxemburgische Richter sprechen weniger zu -, dann erhält man bei einer Ausfallzeit von 7 Tagen 378 Euro weniger, als man bei einem vergleichbaren Unfall in Deutschland erhalten würde.

Es dürfte daher unter Umständen ratsam sein, bei einem Unfall in Luxemburg für die Ausfallzeit auf einen Mietwagen zurückzugreifen, statt sich mit einem relativ dürftigen Tagessatz zufrieden zu geben.

Franz Peter Basten (75) ist seit 2004 in Luxemburg als Anwalt zugelassen, seit 2007 als avocat à la Cour, was zur Vertretung auch an den obersten Gerichten Luxemburgs berechtigt, einschließlich der Cour de Cassation.

Die Cour de Cassation ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit und damit nicht nur das höchste Gericht in Zivilsachen, sondern auch in Strafsachen.

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