Von Wasserfabriken und Zapfsäulen im All

Luxemburg · Mit rund 200 Millionen Euro hat Luxemburg bereits im Frühjahr eine neue Initiative für den Weltraumbergbau gestartet. Konkret wird die Vision nun mit einer 25-Millionen-Euro-Beteiligung am US-Neugründer Planetary Resources. Doch was steckt dahinter?

Luxemburg. Es klingt so fantastisch wie visionär: Schon in weniger als fünf Jahren werden Forscher regelmäßig Missionen ins All schicken, an Asteroid-Tankstellen Wasser abzapfen und den Landwirten Woche für Woche von der Eifel bis Timbuktu Daten darüber liefern, wann bewässert, gedüngt oder Pestizide gespritzt werden müssen.
Antriebstechnik aus Luxemburg


Möglich machen sollen dies Unternehmen wie die US-Neugründung Planetary Resources, die Rohstoffe im All gewinnen und die Erde vermessen will. Mit im Boot sitzt nun der Luxemburger Staat, der sich mit seiner Kreditanstalt SNCI und mit 25 Millionen Euro an dem Unternehmen beteiligt. Hintergrund dafür ist eine im Frühjahr gestartete 200 Millionen Euro teure Initiative für den Weltraumbergbau durch das Großherzogtum. "Die Regierung verdeutlicht damit ihr starkes Engagement für den nationalen Weltraumsektor, indem innovative Aktivitäten der Nutzung von Weltraumressourcen ins Land geholt werden", sagt Wirtschaftsminister Etienne Schneider bei der Unterzeichnung der Verträge.
Während viele Luxemburger dieses Geld besser in der Infrastruktur etwa in Wind- und Wasserkraft eingesetzt sehen, wie die Reaktionen im Internet zeigen, erinnert dieses Kapitel innovativer Forschungsförderung an die Beteiligung des Landes an dem Satellitenbetreiber SES vor 31 Jahren, als der Staat Gründungsteilhaber war (siehe Extra). Heute zweifelt niemand mehr das damalige Engagement an, ist SES doch der weltweit führende Satellitenbetreiber.
Glaubt man den Ankündigungen von Planetary Resources und seinem Chef Chris Lewicki, dann werden die Visionen schon bald Realität. Erst vor wenigen Tagen hat die US-Raumfahrtbehörde Nasa mit Osiris-Rex eine Raumsonde ins All geschickt, die Material von einem Astroiden holen soll. Und so sind neben Luxemburg auch die USA davon überzeugt, im Weltraum Bergbau betreiben zu können und haben sogar ein Gesetz für die Vergabe von Schürfrechten über Silizium, Eisen oder Nickel im All verabschiedet.
Planetary Resources will vor allem das auf Astroiden vermutete Wasser als Material für Raumfahrtmissionen in einer Art Fabrik erschließen. "Wenn wir das Wasser von Asteroiden gewinnen, können wir Treibstoff daraus produzieren - und Zapfsäulen im All bauen", schwärmt Lewicki in einem Interview mit der Wirtschaftswoche. 2015 hat Planetary Resources ein Weltraumteleskop in den Orbit geschickt, von 2018 an soll eine Satellitenflotte die Erde überwachen und Daten über Algen im Wasser und für die Landwirtschaft sammeln. Und 2020 soll's dann die erste kommerzielle Asteroidenmission geben, um Wasser dort zu entnehmen.
Und hier kommt das Ländchen wieder ins Spiel: Weil der Staat zum Minderheitsaktionär wird, gibt's "ausschließlich in Luxemburg mehrere bedeutende Aktivitäten mit Fokus auf Antriebsentwicklung, Integration des Starts von Raumfahrzeugen, Weltraumkommunikation, Asteroidenwissenschaftssysteme, Entwicklung von Erdbeobachtungsprojekten und Missionsbetrieb", kündigt das US-Unternehmen an. Während die Luxemburger Bürger vieles davon als Zukunftsmusik in den unendlichen Weiten des Weltalls betrachten, ist Lewicki schon Lichtjahre voraus: "Denken Sie nur daran, wie das Auto unser Leben verändert hat, weil wir überall hinfahren können. Wenn das im All möglich ist, entstehen neue Geschäftsideen, neue Orte zum Leben, neue Jobs. Und Technologien, die wir uns heute nicht ausmalen."Extra

Wer in den 1980er Jahren davon sprach, dass in wenigen Jahrzehnten fast die komplette Kommunikation, Nachrichtenübermittlung und die Wissenschaft über Satelliten funktioniert, wurde belächelt. Als der Luxemburger Staat 1985 Gründungsteilhaber von SES in Betzdorf wurde, hielten nicht wenige im Großherzogtum dies für zu visionär. Heute hat SES über 50 geostationäre Satelliten und gilt weltweit als führender Anbieter. Das Unternehmen hat rund 1300 Mitarbeiter bei einem Umsatz von über zwei Milliarden Euro (2015). Zuletzt wurde im März der Satellit SES-9 in den Orbit über Südostasien gebracht. sas

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