Massive Kritik am Pflege-Tüv
Mainz/Hillesheim · Mit dem „Pflege-Tüv“ sollen bis Ende 2010 allen 11.000 Pflegeheimen bundesweit Schulnoten ausgestellt werden. Das stößt auf massive Ablehnung. Der Sozialverband VdK, der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) und die Krankenkasse AOK halten das für skandalös, weil gravierende Mängel vertuscht würden.
(fcg/wie) Seit dem 1. Januar gilt das neue Bewertungssystem für Pflegeeinrichtungen. Es soll Pflegebedürftigen und Angehörigen zeigen, wie gut ein Heim ist. Bis Ende kommenden Jahres werden alle stationären Einrichtungen anhand von 82 Kriterien in fünf Themenbereichen beurteilt. Für ambulante Heime gelten 49 Kriterien in vier Themenbereichen.
In erster Linie geht es um die Pflege und die medizinische Versorgung, aber auch um den Umgang mit demenzkranken Bewohnern oder um die soziale Betreuung und die Alltagsgestaltung. Wenn für alle Einrichtungen ein Zeugnis vorliegt, sollen sie in Zukunft jährlich geprüft werden.
Die Kritik des Sozialverbands VdK, mit rund 150 000 Mitgliedern die größte Selbsthilfeorganisation im Land, entzündet sich daran, dass aus den ersten vier Themenbereichen eine Gesamtschulnote (von sehr gut bis mangelhaft) gebildet wird. Das Benotungssystem verschleiert die wahren Zustände. Das ist skandalös, zürnt der VdK-Landesvorsitzende Andreas Peifer.
Ursula Weibler-Villalobos, Leitende Ärztin des für die Prüfungen zuständigen MDK, ergänzt: Schwarze Schafe können sich in Deckung bringen. AOK-Chef Walter Bockemühl beklagt: Es gibt Pflegeheime, da sind Bewohner massiv zu Schaden gekommen. Trotzdem bekommt die Einrichtung eine gute Note. VdK, MDK und AOK fordern, das Benotungssystem abzuschaffen. Landes-Sozialministerin Malu Dreyer solle sich im Bundesrat dafür und gleichzeitig für schärfere gesetzliche Vorgaben einsetzen. Die detaillierten Prüfberichte des MDK sollten veröffentlicht werden. Ferner müssten gravierende Pflegemängel automatisch zu einer mangelhaften Bewertung und Schließung der Heime führen.
Unterdessen wird noch immer nach der Ursache für die rätselhafte Todesserie in einem Hillesheimer Pflegeheim gesucht. Zwölf Bewohner sind gleichzeitig erkrankt, neun von ihnen sind gestorben. Eine Bewohnerin ist immer noch im Krankenhaus. Ministerin Malu Dreyer ist tief betroffen und drückt allen Angehörigen der Opfer ihre große Anteilnahme aus. Sie sichert zu, dass alles, was durch das Ministerium unternommen werden kann, getan wird, damit das Geschehen so schnell wie möglich aufgeklärt wird.
