Gesundheit Mit kurzen Ärmeln gegen gefährliche Keime

Trier · In den Kliniken wird verschärft auf Hygiene geachtet. Weil zu viel Antibiotika verordnet wird, breiten sich resistente Bakterien aus.

Im Bitburger Krankenhaus tragen alle Ärzte und Pfleger, wenn sie zu den Patienten kommen, kurzärmelige Hemden. Im Winter wie im Sommer. Das hat allerdings keine modischen Gründe. Damit wolle man das Risiko minimieren, dass sich an Ärmeln von Arztkitteln gefährliche Keime einnisten und diese dann womöglich von einem Patienten auf den anderen übertragen werden, erklärt Christian Blöchle. Er ist ärztlicher Direktor in dem Krankenhaus. Dort, wie in allen anderen Kliniken, kämpft man gegen die Ausbreitung von Keimen, gegen die eine Vielzahl von Antibiotika nicht mehr wirken. Und zwar deswegen, weil vor allem in der Vergangenheit Mediziner zu sorglos Antibiotika verordnet haben. Laut der Techniker Krankenkasse Rheinland-Pfalz nimmt das Land bei den Antibiotikaverordnungen seit Jahren einen vorderen Platz ein. Der Prümer Hausarzt und Vorsitzende des Hausärzteverbandes Rheinland-Pfalz, Burkhard Zwerenz, warnt daher davor, bei jeder schwereren Erkältung Antibiotika zu verordnen. Bei den meisten Atemwegserkrankungen handele es sich um Virus-Infektionen, sagt Zwerenz. Gegen Viren wirken aber Antibiotika nicht. Sondern nur gegen Keime. Diese aber können resistent werden gegen Antibiotika. „Das ist ein Schutzmechanismus, den Bakterien in Jahrmillionen entwickelt haben“, sagt Anne Britten, Sprecherin des Trierer Brüderkrankenhauses. Sogenannte multiresistente Keime sind gegen mehrere Antbiotika resistent. Bei schweren Erkrankungen kann das dazu führen, dass das verordnete Antibiotikum nicht wirkt und sich dadurch der Zustand des Patienten verschlechtert. „Das Problem der Multiresistenz gegen antibiotische Substanzen hat uns in den letzten Jahren regelrecht überrollt“, sagt Zwerenz.

Fast alle Menschen sind besiedelt von resistenten Keimen. Sie finden sich auf der Haut oder auch im Darm. Selten machen diese Keime jedoch krank. „Erst bei einer deutlichen Schwäche der körpereigenen Abwehr kann ein Keim zu einem Infektionserreger werden“, sagt der Trierer Mikrobiologe Ernst Kühnen. Den MRSA-Keim, der früher häufig für Infektionen in Krankenhäuseren verantwortlich war, bringen laut Kühnen die Patienten mit in die Kliniken, ohne dass sie selbst daran erkrankt sind. Neun von zehn multiresistenten Keimen kämen von außerhalb, durch die Patienten, in die Krankenhäuser. Daher wird in fast allen Kliniken bei sogenannten Risikopatienten, etwa Patienten aus Pflegeheimen oder Dialyse-Patienten, vor der Behandlung ein Abstrich gemacht, mit dem Keime nachgewiesen werden können. Würden die resistenten Keime bei Notfallpatienten nachgewiesen, würden diese frühzeitig isoliert, sagt Britten.  Die Krankenhaushygiene erfasse täglich die Zahl der Patienten, bei denen entsprechende  Erreger nachgewiesen worden seien, heißt es aus dem Wittlicher Krankenhaus.

Um zu verhindern, dass die Keime übertragen werden, ist Hygiene wichtig. Ständige Handdesinfektion nach Patientenkontakt sei unerlässlich, sagt der ärztliche Direktor des Bitburger Krankenhauses. Daran zu erinnern sei die Pflicht aller Mitarbeiter. Auch ein Chefarzt müsse durchaus mal vom Arzt in Ausbildung darauf hingewiesen werden, sagt Blöchle. In Broschüren und Schulungen werden Mitarbeiter aller Kliniken immer wieder für das Thema sensibilsiert. Außerdem werde genau Buch geführt über den Verbrauch von Desinfektionsmitteln, damit kontrolliert werden könne, ob aus bestimmten Gründen zu wenig verwendet worden sei, sagt Blöchle.

Bislang wenig beachtet worden ist, dass Handys wahre Keimschleudern sind.

Eine Studie zeigte, dass sich  praktisch auf jedem Handy eines Krankenhausarztes oder einer Pflegekraft pro Quadratzentimeter 3895 Bakterien befinden. Das sind 84 mal mehr als auf einem Toilettensitz, berichtet die  Techniker Krankenkasse. Auf vielen Mobiltelefonen wurden mehrere unterschiedliche Bakterien gefunden. Davon wiederum waren etliche gegen Antibiotika resistent.

Es kommt immer wieder dazu, dass sich Patienten in Kliniken mit den Keimen infizieren. Sechsmal kam es zwischen 2013 und 2017 in Kliniken in Rheinland-Pfalz dazu, dass sich mehrere Patienten mit den gefährlichen Bakterien ansteckten. In einem Fall infizierten sich gleich zwölf Patienten einer Klinik mit den sogenannten Vancomycin-resistenten Enterokokken-Keimen. Diese Bakterien sind auch in den Kliniken in der Region auf dem Vormarsch. Im vergangenen Jahr wurden sue bei 264 Patienten in Kliniken in der Region nachgewiesen. Im Jahr davor waren es 103. Allein in diesem Jahr gab es nach Informationen unserer Zeitung bereits 19 Nachweise.

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