Trier Mit Mini-Kamera und Knopf im Ohr

Trier · Wenn es ums Schummeln geht, sind Führerscheinbetrüger findig. Die Zutaten gibt es für kleines Geld zu kaufen.

Die Tarnung war eigentlich perfekt: Dem jungen Mann, der in einer rheinland-pfälzischen Kleinstadt Anfang des Jahres zur theoretischen Führerscheinprüfung erschien, war nicht anzusehen, dass er einen kleinen Knopf im Ohr hatte und dazu noch eine Armbanduhr trug, die mit einer winzigen Kamera präpariert war. Das Funkgerät trug der Prüfling – von außen nicht sichtbar – am Körper. Mit diesen Zutaten und einem Helfer außerhalb des Prüfungsraums sollte die Beantwortung der 30 Fragen kein Problem sein. Doch dem Prüfer fiel auf, dass der junge Mann hypernervös war – nervöser, als dies von einem Führerscheinprüfling ohnehin zu erwarten gewesen wäre. Als er den Prüfling ansprach, sprang dieser auf und rannte davon.

Geschichten wie diese könnte wohl etliche Fahrlehrer oder Prüfer erzählen. Denn die Zahl der Täuschungsversuche bei Führerscheinprüfungen steigt an. Im ersten Quartal dieses Jahres wurden in Rheinland-Pfalz schon mehr Schummler entdeckt als im gesamten Vorjahr. Warum die Quote derart steigt, dafür hat Führerscheinexperte Arne Böhne vom TÜV Rheinland zwei mögliche Erklärungen: „Entweder gibt es wirklich mehr Betrugsversuche, oder aber die Prüfer passen einfach besser auf.“

Fest steht dagegen eins: Die Technik, mit der die Prüfer getäuscht werden sollen, wird immer raffinierter und schwerer zu entdecken. Da steckt die Mini-Kamera entweder im Knopfloch des Hemdes oder in der Scharnierschraube der Brille, und der Mini-Ohrhörer ist so tief im Gehörgang des Prüflings versenkt, dass er von außen unmöglich zu erkennen ist. Da kommt es sogar schon mal vor, dass – wie vor einigen Monaten im nordrhein-westfälischen Menden – später ein HNO-Arzt den zu tief im Gehörgang steckenden Ohrhörer wieder entfernen muss.

TÜV-Experte Arne Böhne spricht von „James-Bond-Technik“, die für kleines Geld zu haben sei und inzwischen bei Zweidrittel aller Betrugversuche zum Einsatz komme. In den übrigen Fällen werde auf die eher traditionelle Art mit Ausweisen betrogen: Entweder, indem ein anderer mit dem Ausweis des Fahrschülers in die Prüfung geht. Oder indem ein gefälschter Ausweis mit dem Namen des Prüflings vorgelegt werde. Betrugsversuche bei der praktischen Prüfung sind laut Böhne übrigens die Ausnahme.

Nach Angaben des TÜV-Experten ist so keinesfalls so, dass nur oder überwiegend fremdsprachige  Führerscheinbewerber tricksen. „Schwarze Schafe gibt es überall“, bestätigt auch der Vorsitzende des Fahrlehrerverbands Rheinland,  Joachim Einig. Natürlich seien darunter auch Migranten, aber in Deutschland könne die theoretische Prüfung inzwischen in zwölf Sprachen abgelegt werde. „Würde jeder Prüfling, wie angedacht, mit etwas Fleiß und Wille an das Lernprogramm gehen, bräuchte man sich über Betrugsversuche keine Gedanken machen“, ist sich Einig sicher. Das Gerücht, die Führerscheinprüfung sei in den letzten Jahren schwerer geworden, weist der Verbandschef zurück. Die Prüfung sei nicht schwerer geworden, sagt er, nur umfangreicher.

Auf Unverständnis stößt nicht nur bei Joachim Einig die Tatsache, dass bei Betrugsversuchen aufgeflogene Fahrschüler kaum mit Sanktionen zu rechnen haben. Auch der rheinland-pfälzische CDU-Innenexperte Matthias Lammert sieht in diesem Punkt Handlungsbedarf. „Wer die Theorie nicht ordentlich beherrscht, gefährdet im Straßenverkehr andere“, sagt der Landtagsabgeordnete.

Manche, die beim Schummeln erwischt werden und die von der Führerscheinstelle verhängte Sperrfrist nicht abwarten wollen, melden sich derzeit einfach um. „Es gibt für die Antragstellung keine gemeinsame Datenbank“, sagt TÜV-Experte Arne Böhne. Er kennt allerdings einen Ausweg, den pfiffige Behörden schon jetzt gingen. „Sie sprechen einfach eine sogenannte vorläufige Versagung zur Erteilung einer Fahrerlaubnis aus“, sagt der Führerscheinfachmann. Die gehe ans Kraftfahrtbundesamt und könne von allen Behörden eingesehen werden. Womit Schummler auch bei einer Ummeldung das Nachsehen hätten.

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