Gesundheit Erst 19 Jahre alt und vielleicht schon ein Lebensretter

Malborn/Hermeskeil · Kurz vorm Abitur hat Stefan Schares aus Malborn Stammzellen gespendet und einem Todkranken eine neue Chance gegeben. Auslöser war eine Aktion seiner Schule.

 Stefan Schares (19), Schüler am Gymnasium Hermeskeil, hat einem an Blutkrebs erkrankten Mann in den USA Stammzellen gespendet.

Stefan Schares (19), Schüler am Gymnasium Hermeskeil, hat einem an Blutkrebs erkrankten Mann in den USA Stammzellen gespendet.

Foto: Trierischer Volksfreund/Christa Weber

Für Stefan Schares läuft gerade das letzte Schuljahr am Gymnasium Hermeskeil. Der 19-Jährige aus Malborn steht kurz vor dem Abitur. Als Ende des vergangenen Jahres die Vorklausuren liefen, nahm er sich eine kurze Auszeit vom Prüfungsstress – für eine Aktion, die möglicherweise ein Leben gerettet hat.

Im November spendete Schares Stammzellen. Diese Zellen sind oft die einzige Überlebenschance für Menschen, die an Blutkrebs (Leukämie) erkrankt sind. Das Problem: Bei Spender und Empfänger müssen bestimmte Gewebemerkmale identisch sein, damit eine Übertragung klappt. Bei der Suche nach den „genetischen Zwillingen“ helfen weltweit vernetzte Spenderdateien wie die Stefan-Morsch-Stiftung in Birkenfeld (siehe Info).

In diese Datei ließ sich Schares 2017 aufnehmen, nach einem Aufruf an seiner Schule. Als er erfuhr, dass er tatsächlich als Spender infrage kommt, war das „eine große Überraschung. Andere stehen schon ewig in der Datei, und bei mir ging es so schnell.“ Er habe zunächst überlegt und „Respekt“ vor der Entscheidung gehabt, gibt Schares zu. Dennoch habe er zugesagt. Für die Spende waren einige Vorbereitungen nötig, etwa ein Gesundheitscheck beim Hausarzt. Bei der Stiftung hatte der Schüler eine persönliche Betreuerin, eine Ärztin erläuterte ihm die medizinischen Details. „Sie hat mir alles sehr gut erklärt, auch mögliche Risiken.“

Gemeint sind Nebenwirkungen während der Vorbereitung. In der Regel werden Stammzellen aus dem Blut entnommen. Um die Zell-Konzentration im Blut zu erhöhen, musste sich der 19-Jährige fünf Tage lang einen Botenstoff spritzen. Gespürt habe er danach „einen leichten Muskelkater“, sagt er. Doch dann geschah etwas Unerwartetes: Er erkältete sich, hatte am Tag vor der geplanten Spende 39 Grad Fieber. „Ich wusste nicht, ob ich vielleicht abbrechen muss. Das war für mich eine schwierige Situation“, berichtet der Abiturient. Im Krankenhaus hätten die Ärzte aber grünes Licht gegeben. „Und ich wollte den Empfänger, der ja auf meine Zellen gewartet hat, nicht im Stich lassen.“

Heute sagt Schares: „Es war anstrengend. Aber ich würde es noch mal machen.“ Die Erkältung habe er normal auskuriert, ansonsten keine Nachwirkungen gespürt. Den Empfänger seiner Zellen kennt der 19-Jährige zwar nicht – die Anonymität bleibt mindestens zwei Jahre lang gewahrt – aber er weiß zumindest, dass es ein 60-jähriger US-Amerikaner ist. Der Schüler schrieb seinem „Zwilling“ einen Brief, den die Stiftung weitergab: „Er hat geantwortet, dass er mir sehr dankbar ist.“

Für den Mathe-, Englisch- und Erdkunde-Leistungskursler, der in der Schulband Altsaxofon spielt, beginnt bald ein neuer Lebensabschnitt. Er möchte in Mannheim Betriebswirtschaft mit dem Schwerpunkt Digitalisierung studieren. Seiner Schule ist er dankbar, dass sie ihn unterstützt und überhaupt erst auf die wichtige Hilfe für Leu­kämiekranke aufmerksam gemacht hat: „Ohne den Aufruf wäre ich mit dem Thema vielleicht nie in Kontakt gekommen.“

Die Stefan-Morsch-Stiftung bezeichnet das Gymnasium Hermeskeil als „Schule der Stammzell­spender“. Seit 2010 organisiert die Stiftung dort alle zwei Jahre Typisierungsaufrufe, um neue potenzielle Spender zu finden. 571 Schüler und Lehrer wurden seitdem registriert, elf davon haben schon gespendet. Den aktuellen Aufruf unterstützen auch die Schülersprecher Inga Jessen und Michel Müller. Auf der Schul-Internetseite erklären sie, wie wichtig ihnen die Zusammenarbeit mit der Stiftung sei: „Jede Registrierung kann ein Leben retten.“ Mit Einverständnis der Eltern können sich Jugendliche ab 16 Jahren in die Datei aufnehmen lassen.

Annika Zimmer, Pressesprecherin der Stefan-Morsch-Stiftung, lobt das Engagement der Schulgemeinschaft. Die Typisierung komme nur für die Oberstufenschüler infrage, von denen sich jedes Mal im Durchschnitt 100 registrieren ließen. Auch andere Schulen im Kreis engagieren sich laut Stiftung stark bei dem Thema, beispielsweise das Gymnasium Konz, das Bildungszentrum für den Bundesfreiwilligendienst in Saarburg sowie in Trier das Friedrich-Wilhelm-Gymnasium und die Blandine-Merten-Realschule.

Die Stiftung unterstützt auch Projektwochen, bietet Workshops in ihrem Labor an, ist bei Infotagen dabei. „Die Schulen möchten aktiv Sozialkompetenzen vermitteln und das Bewusstsein, dass man sich für andere Menschen, denen es nicht so gut geht, engagieren kann“, beschreibt Annika Zimmer. Junge Spender seien für die Datei besonders wichtig, weil mit steigendem Alter die Zell-Neubildung abnehme. „Stammzellen eines jungen Spenders versprechen den größeren Heilungserfolg.“

Es gibt noch weitere Datenbanken wie die DKMS mit Sitz in Tübingen. Bei deren Typisierungen wird meist gezielt nach einem Spender für einen Patienten aus der Region gesucht.

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