50 Jahre "Kleine Tour de France"

In diesem Jahr jährt es sich zum 50. Mal, dass drei junge Moselaner zu einer Radtour über die Alpen aufbrachen. Die 19-Jährigen aus Lieser nahmen dafür einige Strapazen in Kauf. Denn die Pässe waren 1959 noch alles andere als komfortabel.

 Am 5. August ist es genau 50 Jahre her, dass die Lieserer Freunde Edi Kuntz, Horst Löwen und Hugo Helfen (von links) in Lieser zu einer Radtour über die Alpen starteten, um in Bozen frühere Einwohner ihres Heimatortes zu besuchen. TV-Foto: Ursula Schmieder

Am 5. August ist es genau 50 Jahre her, dass die Lieserer Freunde Edi Kuntz, Horst Löwen und Hugo Helfen (von links) in Lieser zu einer Radtour über die Alpen starteten, um in Bozen frühere Einwohner ihres Heimatortes zu besuchen. TV-Foto: Ursula Schmieder

Lieser. Der Mülheimer Markt ist auch für drei Männer aus Lieser ein besonderes Datum. Am 5. August 1959, damals der Marktag, sind Edi Kuntz, Horst Löwen und Hugo Helfen zu einer Radtour über die Alpen gestartet. Ihr Ziel war Bozen, wo sie frühere Lieserer besuchten. Dafür legten sie binnen 24 Tagen knapp 2000 Kilometer zurück. "Das war eine kleine Tour de France", bilanziert Löwen. Und keiner von ihnen sei gedopt gewesen!

Herausforderungen meisterte das Trio gemeinsam. So etwa einen Orkan in Schaffhausen - für die Jugendherbergsgäste der erste Zelt-Etappenort - oder einen "festgebrannten" Rücktritt, der alle zum Fußmarsch verurteilte. Teamarbeit war auch der Transport des mitunter 60 Kilo schweren Gepäcks. Denn für das einzige Zelt, ein "Wehrmachtszelt", trat jeden Tag ein anderer kräftiger in die Pedale. Und das bei Steigungen von bis zu 20 Prozent und auf teils unbefestigten Pass-Strecken. Selbst bekannte Routen wie Flüella- oder Ofenpass seien nur geschottert und "gesandet" gewesen, erzählt Kuntz, der heute in Kues lebt: "Da ging das zwei vor und einen zurück." Sie hätten es bequemer haben können, räumt Helfen ein. Doch ihnen seien die kürzesten Wege wichtig gewesen - und sparsames Haushalten. Pro Übernachtung habe damals jeder nur 70 Pfennig gezahlt. Daher kamen sie laut Kuntz trotz Mini-Urlaubskassen gut zurecht. "Ich hatte 185 Mark mit für die 24 Tage."

Allzu viel Rad-Praxis hatten die heute 69-Jährigen bis dahin nicht. Immerhin waren sie erst 19 und arbeiteten alle in den elterlichen Winzerbetrieben. Dass sie noch nicht volljährig waren, störte ihre Eltern aber wenig. Schwerer wog der Verzicht auf anpackende Söhne, auf deren Radtour sie alles andere als stolz waren. Helfen kam noch glimpflich davon. Es sei nur aufgezählt worden, was in dieser Zeit alles geschafft werden müsse. Für Löwen hatte die Tour hingegen ernste Folgen: Er flog von der Berufschule. Von seinem Weg abbringen konnte ihn das aber nicht. Er habe eine Zeit lang im Weinberg gearbeitet und sei später über die Weinbauschule eingestiegen. Handelsschüler Kuntz hatte es einfacher. Seine Schulzeit war vor der Tour zumindest vorerst vorbei.

Die Idee für den Ausflug nach Italien hatten sie zwei Jahre zuvor, als sie über München nach Garmisch-Partenkirchen geradelt waren. "Das war quasi eine Vor-Etappe", sagt Kuntz und bedauert, dass sie nach der Alpentour nicht noch zum Wallfahrtsort Fatima starteten. Doch zwei Jahre später hielten sie andere Interessen in Bann: "Die Damen haben uns vor Portugal gestoppt."

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