90-jähriger Schütze soll vor Gericht

Wittlich · Er hat auf seine Freundin geschossen, Nachbarn bedroht: Seit November sitzt deshalb ein demenzkranker Wittlicher in einer geschlossenen Psychiatrie. Er wird des versuchten Totschlags beschuldigt.

Wittlich Ein Paar streitet sich. Die Lage eskaliert so sehr, dass die 81-Jährige vor ihrem Lebensgefährten aus dem Haus fliehen muss. Nicht nur vor seinen Worten: Der Mann hatte sie nicht nur gewürgt, sondern eine Waffe gezogen und der Frau, mit der er seit mehreren Jahrzehnten zusammenlebt, gedroht, sie umzubringen. Mit der Flucht nach draußen ist es noch nicht zu Ende.
Die Frau kann zwar entkommen und sich an dem dunklen Novemberabend in dem Wittlicher Wohngebiet in Sicherheit bringen.
Aber bevor sie sich vor ihrem 90-jährigen Mann verstecken kann, hat er sie auch auf der Straße verfolgt und mit einer Pistole mindestens zwei Mal auf sie geschossen, jedoch ohne sie zu treffen.
Diesen Ablauf sieht die Staatsanwaltschaft für den späten Abend des 4. Novembers 2016 in Wittlich als wahrscheinlich an.
Und die Attacke ist laut Ermittlungsergebnissen der Kripo Wittlich noch nicht beendet.
Der Mann glaubt zu wissen, wo sein Opfer Schutz gesucht hat: im Haus eines Bekannten in der Nachbarschaft. Auch diesen Mann bedroht er mit der Pistole, fordert ihn auf, die 81-Jährige hinauszuschicken. Er gibt erst Ruhe, als er merkt, dass seine Frau sich dort nicht versteckt. Der bedrohte Nachbar kommt mit dem Schrecken davon. Der 90-Jährige tritt den Heimweg an.
Er hat noch so viel Kontrolle über sich, dass er daran denkt, die Waffe in einem Gebüsch zu verstecken (der TV berichtete mehrfach). Mittlerweile sind viele Bewohner der Straße durch das Geschrei und die Schüsse aufgeschreckt. Wie gefährlich die Lage ist, weiß zu diesem Zeitpunkt keiner. Das verunsichert manchen, Gerüchte machen die Runde.
Dann ist die Polizei schnell mit einem Großaufgebot vor Ort und sucht die Wohnstraße und Umgebung mit Scheinwerfern und Taschenlampen nach Spuren ab. So wird unter anderem die Waffe gefunden, die der Mann weggeworfen hat. Der 90-Jährige wird in seiner Wohnung festgenommen. Die Polizisten durchsuchen das Haus.
Laut aktueller Pressemitteilung des leitenden Oberstaatsanwaltes Peter Fritzen wurden damals bei dem Mann noch drei weitere Schusswaffen mit Munition gefunden, für die der Wittlicher keine Besitzerlaubnis hat.
Schnell wird deutlich, dass der Mann an einer psychischen Störung wegen einer Demenzerkrankung leidet und deshalb zur Tatzeit nur vermindert schuldfähig war.
Jetzt hat die Staatsanwaltschaft Trier Anklage erhoben. Denn wegen der Vorfälle in der Novembernacht bestünde gegen "den Angeschuldigten der hinreichende Tatverdacht des versuchten Totschlags, der gefährlichen Körperverletzung, der versuchten Nötigung und des unerlaubten Besitzes sowie des unerlaubten Führens von Schusswaffen".
Der Angeschuldigte ist seit seiner Festnahme aufgrund eines sogenannten Unterbringungsbeschlusses des Amtsgerichts Trier einstweilig in einer geschlossenen psychiatrischen forensischen Einrichtung untergebracht.
Die Schwurgerichtskammer des Landgerichts Trier hat nun über die Eröffnung des Hauptverfahrens zu entscheiden.
Im Zuge der Ermittlungen haben sich zudem weitere Sachverhalte ergeben. In der Pressemitteilung des leitenden Oberstaatsanwalts steht, dass dem Angeschuldigten noch zwei andere Übergriffe gegen seine Lebensgefährtin zur Last gelegt werden, die sich früher zugetragen haben sollen. Was genau passiert ist, wird nicht näher erläutert.
Bei einer TV-Recherche nach der Tatnacht hatte sich ebenfalls herausgestellt, dass der 90-Jährige vermutlich nicht zum ersten Mal außer Kontrolle geraten ist. Eine Wittlicherin sagte damals: "Der greift jeden an, geht auf jeden los." Und er sei generell als Querulant bekannt.
Ein Termin zur Hauptverhandlung steht laut Peter Fritzen noch nicht fest.

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