Achat zum Klingen gebracht

Schauren · Ein Unikat geschaffen, das Glanz und Individualität des Ausgangsmaterials ästhetisch miteinander vereint, hat Edelsteinschleifer Bernd Hartmann geschaffen. In zwei Jahre langer Arbeit hat er aus einem 62 Kilo schweren Achat eine Schale gefertigt, die sogar einen sanften Glockenklang von sich gibt.

 Zwei Jahre lang hat Bernd Hartmann aus Schauren gearbeitet, bis er aus einem 62 Kilogramm schweren Achat-Rohstein diese prachtvolle Schale herausgeschliffen hatte. TV-Foto: Eiko Donay

Zwei Jahre lang hat Bernd Hartmann aus Schauren gearbeitet, bis er aus einem 62 Kilogramm schweren Achat-Rohstein diese prachtvolle Schale herausgeschliffen hatte. TV-Foto: Eiko Donay

Schauren. 62 Kilogramm wog der Rohstein, nun sind nur noch 3,2 Kilo übrig. Doch was für ein Rest! In bräunlich-roten bis milchig hellen Farbtönen schimmert die oval geschwungene Schale, die Bernd Hartmann aus dem schweren und anfangs so unansehnlichen Achatknollen herausgeholt hat. Zwei Jahre lang hat der seit 1976 in Schauren tätige Schleifermeister an diesem Kunstwerk gearbeitet.
Wie eine Wundertüte


Nun ist sie fertig, die 43 Zentimeter lange, 29 Zentimeter breite und 27,5 Zentimeter hohe Schale, die, wenn man sie antippt, einen sanften Glockenklang von sich gibt und leiseste Schwingungen durch ihren vielfach gewölbten Leib mit feinen Vibrationen weitergibt. Gleichmäßig dünn ist die Wandung des Prachtgefäßes. Die gebänderten Formen und Farbabstufungen, kleine Löcher und kristalline Zacken, die sich während des monatelangen Schleifvorganges abzeichneten, hat Hartmann gefühlvoll bestehen lassen und dadurch ein Unikat geschaffen, das Glanz und Individualität des Ausgangsmaterials ästhetisch miteinander vereint.
Alle Arbeitsgänge wurden, teilweise mit eigens an die diffizile Vorgehensweise angepassten Werkzeugen, von Hand durchgeführt, betont Hartmann. Maschinell produzierte Massenware (eine "Vergewaltigung des Steins") lehnt der Schaurener kategorisch ab; eine derartige Produktionsweise wäre zudem für die Größenordnungen, die er bearbeitet, nicht einsetzbar. "Zehn bis vierzehn Rohsteine sind nötig, bis endlich einer sich als geeignet herausstellt", erzählt Hartmann.

Meist sieht er auf den ersten Blick und spürt beim ersten Griff, welcher Stein verheißungsvoll sein könnte. Doch erst beim Anschleifen und den weiteren Bohrungen stellt sich heraus, ob er Risse aufweist und ob die Farbgebung überzeugt.
"Der Achat ist wie eine Wundertüte. Ich bin immer wieder überrascht, welche Farben und Formen in ihm stecken", begründet Bernd Hartmann seine Zuneigung zu diesem Stein. Schon mit 14 Jahren begann Hartmann seine Lehre als Schleifer bei Firmen in Idar, Tiefenstein und Kirschweiler. Jade, Malachit und andere Steine bearbeitete er. Die Herstellung von Gefäßen aller Art machte ihm am meisten Spaß. Der Achat faszinierte ihn besonders. 1979, drei Jahre nach Eintritt in die Selbstständigkeit, bezog er gemeinsam mit Ehefrau Hildegard ein eigenes Haus in Schauren, wo er sich endlich eine Werkstatt nach seinen Wünschen einrichten konnte.
"Ich bin ein Schaffer", gesteht Hartmann, und wie sein Name schon sagt, ist er ein Mann, der hart arbeiten kann. Wie sonst wäre es möglich, dass er jeden Tag, vormittags und nachmittags, fast immer auch am Samstag und Sonntag, in seiner Werkstatt verbringt? Und die Monate währende, zähe Arbeit des groben und feinen Bohrens, des akribischen Schleifens, des risikoreichen Polierens durchhält? Immer in der Gefahr, dass der bereits teilbearbeitete Achat sich als taub, als farbschwach, als rissig herausstellt oder in einem unbewachten Augenblick gar zerspringt?
70 Jahre ist Bernd Hartmann inzwischen alt. Seine drei Kinder haben andere Berufe ergriffen, wohnen weit weg und sind wohlversorgt. Trotz einiger schwerer, teils berufsbedingter Krankheiten in den vergangenen Jahren denkt Hartmann nicht an ein Aufhören. "Ich habe noch genügend Rohsteine in meinem Lager", sagt er. Wer weiß, was in denen noch alles steckt?

Bernd Hartmann arbeitet gern alleine und ganz seinen eigenen Vorstellungen hingegeben. Die "grausame Arbeit vor dem Stein" erfordert wohl auch solch stille Konzentration. Einziger Geselle dabei ist Kater Carlo, zwölf Jahre alt, der gern auf der Bohrmaschine sitzt und dabei anscheinend deren Vibrationen genießt. "Er hat noch nie etwas kaputtgemacht", lacht Hartmann und lässt das verschmuste Tier gewähren.
Apropos: Die eben fertiggestellte Schale ist schon so gut wie verkauft. Interessent ist ein Sammler, einer der zahlreichen Stammkunden der Hartmann\'schen Edelsteingefäßschleiferei.

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