Infrastruktur Keine Konzepte, keine Ziele, keine Pläne?

Morbach/Thalfang/Hermeskeil/Mainz · Der Nationalpark Hunsrück Hochwald steht in der Kritik: Der Landesrechnungshof kritisiert, dass noch keine Finanzierungsplanung erstellt ist. Anstatt das Hunsrückhaus zu renovieren, könnten andere Standorte als Nationalparktor erwogen werden. Die Verantwortlichen weisen die Kritik zurück.

Es ist eine ganze Reihe von Kritikpunkten, die der Landesrechnungshof in Hinblick auf den Nationalpark Hunsrück-Hochwald aufgelistet hat. Die Aufgabe des Rechnungshofes ist es, unabhängig von der Landesregierung die Finanzen, also die Verwendung von Steuergeldern, zu prüfen. Im aktuellen Bericht widmet der Rechnungshof dem Nationalpark ein ganzes Kapitel (der TV berichtete am 21. Februar)

Darin geht es im Kern um mehrere Fragen. Die Behörde moniert, dass zwei Jahre nach Errichtung des Nationalparks noch wesentliche Bestandteile des Nationalparkplans fehlen. Auch eine mittelfristige Kosten- und Finanzierungsplanung sei nicht vorhanden. Die Entscheidungen über die Standorte von Nationalpark-Toren, darunter das stark sanierungsbdürtige  Hunsrückhaus am Erbeskopf, und und die Unterbringung des Personals des Nationalparkamts seien ohne vorherige Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen getroffen worden. Dort seien Investitionen von möglicherweise bis zu 1,6 Millionen Euro erforderlich. Eine Personalbedarfsermittlung für den Einsatz von Verwaltungskräften und Rangern sei nicht vorhanden. Man solle sich sogar nach alternativen Standorten für die Nationalparktore umsehen. Im Haushalt des Landes seien für den Nationalpark im Jahr 2016 Ausgaben von 3,9 Millionen Euro, für 2017 und 2018 jeweils 4,3 und 4,2 Millionen Euro veranschlagt.

Die Beiträge des am Nationalpark beteiligten Saarlands zur anteiligen Finanzierung seien noch nicht ermittelt worden. Da zehn Prozent des Nationalparks auf saarländischem Gebiet liegen, musste 2015 eigens dazu ein Staatsvertrag zwischen Rheinland-Pfalz und dem Saarland ausgehandelt werden. Erste Abschlagszahlungen seien 2015 in Höhe von 40 000 Euro und 2016 in Höhe von 75000 Euro geflossen.

Franziska Richter, Presssesprecherin des Ministeriums für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten kommentiert diesen Bericht. Nach der Gründung des ersten länderübergreifenden  Nationalparks in Deutschland sei soweit wie möglich auf vorhandene personelle, sachliche und infrastrukturelle Ressourcen zurückgegriffen worden. Richter: „Die Kritik in Bezug auf den Nationalparkplan weist das Umweltministerium zurück: Der Nationalparkplan ist laut Staatsvertrag, und wie auch vom Rechnungshof dargestellt, innerhalb von fünf Jahren, also erst bis 2020, zu erstellen. Dieses Ziel wird erreicht.“

Die vom Rechnungshof geforderten Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen der Nationalparktore würden durchgeführt. Aufgrund der Lage in der ländlichen Region seien keine Alternativlösungen vorhanden.

Dass der Nationalpark in der   Bevölkerung angenommen werde, zeigen die Besucherzahlen. Richter: „Die Zahl der Teilnehmer der  290 Ranger-Touren konnte 2017 gegenüber 2016 um 25 Prozent auf zirka  2300 Personen gesteigert werden. Auch die Anzahl der Touren der zertifizierten Nationalparkführer konnte auf 144 gesteigert werden. Damit haben im Schnitt etwa 17 Personen je Tour teilgenommen.“

Richter verweist auf die hohen Fördersummen, die in die Region fließen: „Seit dem Jahr 2013 sind  62 Millionen Euro Fördermittel in die Region geflossen. Damit wurden Projekte von Lokalen Aktionsgruppen (Leader-Projekte), die Stadt- und Dorfentwicklung, der Breitbandausbau sowie der Tourismus finanziell unterstützt.“ In den kommenden Jahren seien bis zu 95 Millionen Euro Förderung aus Landesmitteln sowie Bundes- und EU-Mitteln geplant. Die Endbeträge für die Anteile des Saarlandes würden noch ermittelt.

Der für das Hunsrückhaus zuständige Zweckverband „Wintersport, Natur- und Umwelbildungsstätte Erbeskopf“ hat ebenfalls auf die Kritik des Landesrechnungshofes reagiert. Eine drei Seiten umfassenden Stellungnahme, die der stellvertretende Verbandsvorsteher Andreas Hackethal und der erste Beigeordnete, Burkhard Graul  der  beteiligten Verbandsgemeinde Thalfang verfasst haben, erläutert die Sachlage. Demnach stelle das Hunsrückhaus, das im Jahr 2000 eröffnet wurde, ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal dar, das Erlebnisangebote wie den Wintersport, Sommerrodelbahn und Hochseilklettern schaffe. Bis zu 200 000 Besucher zähle die Anlage jährlich. Der Bereich sei angesichts der Einrichtung des Nationalpark-Tores auch für private Investoren interessanter geworden. In Abstimmung mit dem Land gebe es derzeit konkrete Planungen, einen Beherbungs- und Gastronomiebetrieb neben dem Hunsrückhaus einzurichten (der TV berichtete mehrfach). 

Gemäß einer Kooperationsvereinbarung beteiligt sich das Land, seitdem das Hunsrückhaus Nationalparktor ist, mit 150 000 Euro jährlich an den Betriebskosten. Das war ein Kritikpunkt des Landesrechnungshofes, der darauf verweist, dass die marktübliche Miete für solche Flächen 30 000 Euro jährlich betragen würde.  Allerdings würden, so die Stellungnahme, mit dem Betrag auch die Personal- und Sachkosten anteilig zu 60 Prozent bezahlt.

Auch die vom Rechnungshof genannte Restnutzungsdauer des Hunsrückhauses von 25, möglicherweise nur noch 13 Jahren, sei nicht nachvollziehbar. Die zugrunde liegenden Gutachten würden dem Zweckverband nicht vorliegen und sich in ihrer Bewertung unterscheiden (13 oder 25 Jahre). Auch die erforderlichen Investitionen würden erheblich auseinander liegen (1,6 Millionen Euro ode 876 000 Euro). Der Substanzwert des Hunsrückhauses liege indes, so ein vom Zweckverband in Auftrag gegebenes Gutachten, bei 1,4 Millionen Euro.

Auch  MIchael Hülpes, Bürgermeister der am Nationalpark beteiligten Verbandsgemeinde Hermeskeil, setzt sich für den Standort eines Nationalparktors am Erbeskopf  ein. Hülpes: „Der Standort Erbeskopf ist alternativlos. Die drei Eingangstore Erbeskopf, Keltenwall in Otzenhausen und Wildenburg in Kempfeld sind sinnvoll verteilt und alternativlos.“ Was das Hunsrückhaus als Gebäude angehe, könne man jedoch durchaus eine Analyse machen und prüfen, ob eine Sanierung oder ein Neubau sinnvoll seien. Ob der Nationalpark sich wirtschaftlich entwickeln soll, sei letztendlich eine politische Entscheidung.

Im Anhang: Die Stellungnahme des Zweckverbandes Erbeskopf:

Stellungnahme des Zweckverbandes „Wintersport, Natur- und Umweltbildungsstätte Erbeskopf“

vertreten durch den stellvertretenden Verbandsvorsteher Bürgermeister Andreas Hackethal

und

der Verbandsgemeinde Thalfang am Erbeskopf

vertreten durch den 1. Beigeordneten Burkhard Graul

r

Im September 2013 stellte die Landesregierung ihr Konzept zur Einrichtung eines Nationalparks im Hunsrück und zur zukunftsfähigen Entwicklung der Nationalpark-Region vor. Neben dem Ziel des Naturschutzes sollte damit auch ein zentraler Beitrag zur Entwicklung der Region vor dem Hintergrund des demographischen Wandels und seiner Auswirkungen im strukturschwachen ländlichen Raum geleistet werden. Nach einer umfassenden Beratung des Konzeptes in der Nationalpark-Region sowohl auf kommunaler Ebene als auch in Bürgerforen wurde 2014 das entsprechende Gesetz vom rheinland-pfälzischen Landtag beschlossen und der Staatsvertrag mit dem Saarland unterzeichnet. Am 23.05.2015 wurde dann am Erbeskopf der Nationalpark Hunsrück-Hochwald eröffnet. Sowohl die Verbandsgemeinde Thalfang am Erbeskopf als auch der Zweckverband „Wintersport, Natur- und Umweltbildungsstätte Erbeskopf“ haben seinerzeit die Ausweisung des Nationalparks einschließlich den von der Landesregierung damit verfolgten Zielsetzungen – Naturschutz und Förderung der Regionalentwicklung - begrüßt und kooperieren seitdem auf verschiedenen Ebenen gemeinsam mit den übrigen Einrichtungen in der Nationalparkregion bei der Erarbeitung eines Nationalparkplanes zur Nutzung der Chancen im Naturschutz sowie einer zukunftsfähigen und nachhaltigen Regionalentwicklung.

Der Zweckverband „Wintersport, Natur- und Umweltbildungsstätte Erbeskopf“ engagiert sich am Erbeskopf bereits seit vielen Jahren. Ihm gehören die Verbandsgemeinde Thalfang am Erbeskopf, die Gemeinde Morbach, der Landkreis Bernkastel-Wittlich sowie die Ortsgemeinden Deuselbach, Gräfendhron, Hilscheid, Malborn und Thalfang an. So nahm im Jahr 2000 das Hunsrückhaus am Erbeskopf, der bekanntlich höchsten Erhebung im Land Rheinland-Pfalz, was ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal darstellt, seinen Betrieb als Natur- und Umweltbildungsstätte auf. Hinzu kamen und kommen weitere Erlebnisangebote am Erbeskopf, hier ist insbesondere der Wintersport zu nennen, aber auch die Angebote privater Anbieter am Erbeskopf (Sommerrodelbahn, Hochseilklettergarten usw.), mit insgesamt rund 200.000 Besuchern pro Jahr.

Der Erbeskopf ist zudem zentraler Treff- und Begegnungspunkt des Saar-Hunsrück-Steigs als Deutschlands anerkannt schönstem Fernwanderweg, der unmittelbar über das Gipfel-Plateau und die Skulptur „Windklang“ führt. Mehrere Themenwanderwege, u.a. der „Gipfelsteig“, haben auf dem Erbeskopf ihren Ausgangspunkt.

Damit besteht insgesamt am Erbeskopf eine in dieser Zusammenstellung einzigartige Infrastruktur mit den Elementen Umwelt, Natur, Energie, Erholung, Freizeit und Tourismus. Sie wendet sich an alle Menschen, die sich der Region und Rheinland-Pfalz verbunden fühlen: Kinder, Jugendliche, Erwachsene, Senioren, Familien, naturverbundene Menschen sowie Sportbegeisterte und Wissensinteressierte.

Der Erbeskopf wurde somit vom Zweckverband und privaten Investoren mit erheblichen finanziellen Aufwendungen in den vergangenen Jahrzehnten zu einer besonderen Attraktion im Bereich Natur einschließlich Naturerlebnis weiterentwickelt. Damit ist der Erbeskopf und hier insbesondere das Hunsrückhaus ein bekannter und attraktiver Standort mit idealen Voraussetzungen, dort ein Nationalpark-Tor einzurichten.

Dies wurde im September 2015 ausdrücklich auch bestätigt in dem „Masterkonzept Nationalpark-Tore Rheinland-Pfalz“ des Beratungsunternehmens Erlebniskontor, das im Auftrag des Landes geeignete Standorte für ein Nationalpark-Tor sowohl in inhaltlicher als auch in wirtschaftlicher Hinsicht evaluierte und sich dabei ausdrücklich neben der Wildenburg für die Einrichtung des Nationalpark-Tors im Hunsrückhaus am Erbeskopf aussprach.

Angesichts der Einrichtung eines Nationalpark-Tores am Erbeskopf ist dieser Bereich auch für private Investoren noch interessanter geworden: So gibt es in Abstimmung mit dem Land konkrete Planungen zur Errichtung eines Beherbergungs- und Gastronomiebetriebes neben dem Hunsrückhaus, der sich insbesondere an die Zielgruppe der Besucher des Nationalparks richtet.

Vor diesem Hintergrund führten der Zweckverband und das Land Rheinland-Pfalz zahlreiche Gespräche über die konkrete Ausgestaltung eines Betreiberkonzeptes für ein Nationalpark-Tor im Hunsrückhaus. Ein wichtiger Meilenstein war der Abschluss einer Kooperationsvereinbarung zum 01.06.2016, in der die Zusammenarbeit zwischen dem Nationalparkamt und dem Zweckverband unter Einbindung weiterer wichtiger Akteure (darunter dem Nationalpark Saar-Hunsrück) geregelt ist.

Entsprechend dieser Kooperationsvereinbarung beteiligt sich das Land seitdem mit bis zu 150.000 € bzw. einem Anteil von 60% an den erforderlichen Aufwendungen des laufenden Betriebes. Dazu gehören im Wesentlichen die Kosten für die Bereithaltung entsprechend qualifizierten Personals, die laufenden Betriebskosten gemäß der Betriebskostenverordnung und die mit dem Nationalpark-Tor anfallenden Geschäftsausgaben. Soweit in dem Bericht des Rechnungshofes darauf verwiesen wird, dass die marktübliche Miete für die genutzten Flächen im Hunsrückhaus 30.000 € jährlich betragen würde, so mag dies zutreffen. Wie bereits oben erläutert, beteiligt sich das Land mit bis zu 150.000 € jährlich auch anteilig mit 60 % an den Personal- und Sachkosten, die beim Zweckverband für den Betrieb als Nationalpark-Tor anfallen.

Das Land Rheinland-Pfalz hat mehrfach das Interesse bekundet, das Hunsrückhaus zu erwerben. Auch dies wird vom Zweckverband ausdrücklich begrüßt.

Die im Bericht des Rechnungshofes genannte wirtschaftliche Restnutzungsdauer des Hunsrückhauses von 25, möglicherweise nur noch 13 Jahren, ist in dieser Form nicht nachvollziehbar. Zunächst ist festzuhalten, dass die genannte Restnutzungsdauer auf 2 verschiedenen Gutachten – die dem Zweckverband nicht vorliegen - beruhen, die sich in ihrer Bewertung offenkundig erheblich unterscheiden (13 Jahre versus 25 Jahre). Ebenso liegen die in den Gutachten laut Bericht des Rechnungshofes bezifferten erforderlichen Investitionen erheblich auseinander (1,6 Mio. € versus 876.000 €).

Ein vom Zweckverband in Auftrag gegebenes Gutachten vom 06.09.2016 beziffert den Substanzwert des Hunsrückhauses auf 1,4 Mio. €. In diesem Betrag sind erforderliche Sanierungsarbeiten an dem Gebäude bereits berücksichtigt.

Konkrete Verhandlungen über den Kaufpreis für das Hunsrückhaus haben mit dem Land bislang noch nicht stattgefunden.

In diesem Zusammenhang sei der Hinweis erlaubt, dass die in anderen Bundesländern für die Einrichtung eines Nationalpark-Tores getätigten Investitionen erheblich über denen liegen, die beim Hunsrückhaus anfallen würden. Der Neubau eines Nationalpark-Tores dürfte für das Land deutlich teurer werden als der Erwerb des Hunsrückhauses einschließlich der Einrichtung der Nationalpark-Ausstellung, wie ein Blick in andere Bundesländer zeigt.

Gänzlich unberücksichtigt hat der Bericht des Rechnungshofes, dass im Zuge der Einrichtung eines Nationalpark-Tores im Hunsrückhaus Flächen an Dritte untervermietet werden sollen, was zusätzliche Einnahmen für das Land als Eigentümer des Hauses bedeuten und damit die Wirtschaftlichkeit verbessern würde.

Seit Eröffnung des Nationalparks und auf der Grundlage der Kooperationsvereinbarung wurde das Angebot im Bereich Natur- und Umweltbildung im Hunsrückhaus am Erbeskopf in Zusammenarbeit mit dem Nationalparkamt wesentlich erweitert, was zu deutlichen Steigerungen der Besucherzahlen insgesamt geführt hat und damit die Region rund um den Erbeskopf für die verschiedenen Personengruppen noch bekannter und attraktiver gemacht hat. Hierauf gilt es aufzubauen und die bewährte und gute Zusammenarbeit der vergangenen Jahre im Interesse unserer strukturschwachen ländlichen Region und entsprechend den Zielsetzungen des Nationalparkgesetzes weiterzuentwickeln.

Morbach / Thalfang, den 21.02.2018

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort