Als Burgherren in die Geschichte geträumt

Der zweite Teil der Serie "Verliebt in alte Steine" führt hinter die dicken Sandsteinmauern der Burg Bruch. Ein Arztehepaar aus dem Rheinland hat sich hier einen Traum erfüllt.

Bruch. Auf holprigen Pflastersteinen führt ein Weg den Fußgänger vom Eingangstor der Burg Bruch zu den Wohnhäusern des Anwesens. Zur Linken säumen blühende Apfelbäume hinter einem Mäuerchen den Pfad. Auf der gegenüberliegenden Seite schließt sich an eine Rasenfläche ein langer, schmaler Gebäudetrakt an, die ehemalige Zehntscheune.

Noch zwei Türme von der mittelalterlichen Anlage



Klingelschilder weisen darauf hin, dass sie in Mietwohnungen umgewandelt wurde. Davor lädt eine Sitzbank zum Verweilen mit Blick auf den mit bunten Blumen bepflanzten Garten jenseits des Mäuerchens ein.

An der Stirnseite der Anlage mündet der Weg in einen Hof, der von dem 1705 erbauten Haupthaus und dem im 19. Jahrhundert errichteten Kutscherhaus eingefasst ist. Die Farben Creme, Weiß, Sandsteinrot und Dunkelgrün dominieren die Gebäude.

Von der mittelalterlichen Burganlage, die 1138 erstmals in der Stiftungsurkunde des Klosters Himmerod erwähnt ist, sind nur noch zwei Türme und die Außenmauer erhalten. Im Hauptturm, neben dem in westlicher Richtung einst die Burg stand, ist ein Turmfalke eingezogen und brütet seine Eier aus.

Vor dem Haupthaus wartet Ingrid Förschner. Sie und ihr Mann Bernhard, der sich gerade mit Schubkarre und seinem Jagdhund Bautz zur Arbeit auf dem neun Hektar großen Land aufmacht, haben die Burg 1995 erworben. Die beiden ehemaligen Bundeswehrärzte aus Troisdorf bei Bonn hatten für ihren Ruhestand eine Aufgabe gesucht.

Burgtor ist zu eng für Lieferwagen



"Wir sind hier reingesprungen wie in einen schönen Traum, aus dem wir nach einem halben Jahr jäh aufgewacht sind", erzählt Ingrid Förschner. Zuerst platzte die Wasserleitung im Innenhof. "Dann saßen wir hier im November und hatten kein Öl." Das Burgtor war zu eng für Lieferwagen.

Dazu kamen horrende Rechnungen von Versicherungen und Steuern und die Entdeckung, dass die Mauern im Haupthaus bis in ein Meter Höhe nass und die Balken im Fachwerk marode waren.

Dennoch möchte Ingrid Förschner jeden ermutigen, der mit dem Gedanken spielt, eine denkmalgeschützte Immobilie zu kaufen. Er dürfe nur wichtige Regeln nicht missachten. Er sollte sich vorher ein Konzept überlegen und es mit der Denkmalbehörde besprechen und nur kaufen, wenn alle beteiligten Familienmitglieder "mit hundertprozentigem Herzblut" dahinterstünden. "Es ist ein Hobby, das viel Zeit, Energie und Geld frisst, aber mit seiner Schönheit zurückzahlt", resümiert die Burgherrin.

Fünf Jahre dauerte die Renovierung, bis das Ehepaar im Jahr 2000 einzog. Von dem einst desolaten Zustand der Burg ist nichts mehr zu sehen. Jeder Raum ist liebevoll mit antiken Möbeln und Gegenständen eingerichtet. Im Esszimmer bollert der gusseiserne Ofen, und an der Wand, eingerahmt von alten Gemälden, tickt das Pendel einer belgischen Uhr.

Moderner LCD-Fernseher ist eine Ausnahme



Modernes Mobiliar findet Ingrid Förschner "kalt und abstoßend. In so ein Haus gehört das auch nicht", sagt sie. Nur bei einem Gegenstand hat sie nachgegeben: In der Ecke gegenüber dem Esstisch steht auf einer alten Kommode ein topaktueller LCD-Fernseher. Der sei ihren Gästen geschuldet. Denn seit 2001 teilen sich die Burgherren das 400 Quadratmeter große Haupthaus mit Urlaubern, denen sie Zimmer mit vier Sterne-Komfort und Frühstück bieten. Ein Nebenverdienst, der ihre Idylle nicht störe. Denn zu ihnen kämen nur "angenehme Menschen", erklärt Ingrid Förschner, womit sie jene meine, die "arbeiten, Steuern zahlen, zur Wahl gehen und historisch interessiert sind". Die Auswahl habe die Burg getroffen, sagt sie, ganz als habe das alte Gebäude ein Eigenleben. Dazu passt, dass die Förschners drei Jahre nach dem Einzug plötzlich empfanden, von der Burg akzeptiert worden zu sein. "Wir gehören nun in die fast 1000 Jahre alte Kette der Menschen, die hier gewohnt haben." Damit seien sie Teil der Geschichte geworden.

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