Als das Maartuch die Not linderte: Ein Besuch im Heimwebermuseum Schalkenmehren

Schalkenmehren · Wie aus Wolle Kleidung wird: Der TV ist zu Besuch im Heimwebermuseum Schalkenmehren, das an eine Frau erinnert, die mit Mut die Initiative ergriff - und vielen Menschen in dem kleinen Eifelort ein Einkommen sicherte.

 Sabine Reus (links) lässt sich mit ihrer Tochter Beremice zu Besuch von Gloria Döres das Weben erklären. Das Waschen war früher sehr aufwendig. Utensilien von damals werden im Museum gezeigt. TV-Fotos (2): Christina Bents

Sabine Reus (links) lässt sich mit ihrer Tochter Beremice zu Besuch von Gloria Döres das Weben erklären. Das Waschen war früher sehr aufwendig. Utensilien von damals werden im Museum gezeigt. TV-Fotos (2): Christina Bents

Foto: Christina Bents (chb) ("TV-Upload Bents"
Als das Maartuch die Not linderte: Ein Besuch im Heimwebermuseum Schalkenmehren
Foto: Christina Bents (chb) ("TV-Upload Bents"

Lissy lässt in diesem Jahr zum ersten Mal Wolle. Schäfer Georg Fox legt gekonnt die Maschine an, und nach einigen Minuten sind drei Kilo Wolle runter. Bei Aktionstagen im Heimwebermuseum in Schalkenmehren war er schon öfter zu Gast. So können Kinder und Erwachsene sehen, wie aus Schafwolle in vielen Arbeitsschritten ein Kleidungsstück gemacht wird. In Schalkenmehren hat das Weben Tradition - und dafür braucht man Wolle.

Im Ort gab es eine Webereigenossenschaft, die den Menschen half, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Anna Droste Lehnert hat sie 1926 gegründet. Sie war Lehrerin im Ort und sah die Not der Menschen.

Da einige Schalkenmehrener eigene Webstühle hatten, mit denen sie Bettzeug und Handtücher für den Eigengebrauch herstellten, hatte sie die Idee, das Handwerk auszubauen und Stoffe für den Verkauf zu weben. "Das stieß im Dorf nicht gleich auf Zustimmung. Da musste sie viel Überzeugungsarbeit leisten", sagt Museumsleiterin Gloria Döres.

Auf Fortbildungen habe Anna Droste neue Techniken gelernt, und wie man Muster webt. Dieses Wissen hat sie weitergegeben. Schließlich schlossen sich 19 Bürger zur "Heimweberei-Genossenschaft Schalkenmehren" zusammen. Die gute handwerkliche und künstlerische Qualität führte zu einem guten Ruf des "Maartuchs".

Wie man den Webstuhl, der im Museum steht und rund zwei Meter breit, hoch und lang ist, bedient, weiß Nikolaus Schommers noch. Der 88-jährige ist der Sohn des ersten Webers im Ort und heute der einzige. Bei Vorführungen zeigt er sein Können an dem Gerät, dass rund 2000 Fäden aufgespannt hat. In einer dreijährigen Lehre lernte er das und hat den Beruf an seinem Webstuhl zu Hause ausgeübt, wo er auch das Maartuch herstellte. Einen Meter schafft er in einer Stunde. Die Fußpedale des großen Webstuhls erinnern an die einer Orgel. "Bei der Orgel kommen dann Töne raus, und beim Webstuhl Muster", sagt er lachend.

Im Museum, das am Sonntagnachmittag und für angemeldete Führungen geöffnet ist, kann man neben den großen Webstühlen noch einiges andere entdecken: Im Eingangsbereich der alten Schule, indem das Museum untergebracht ist, kann man verschiedene pflanzliche und tierische Fasern sehen und anfassen.

Da sind Beispielsweise Hanf, Leinen und Baum- oder Schafwolle, Alpaka, oder Kamelhaar. "Dazu kann ich in meinen Führungen einiges sagen, da ich Textildesign studiert habe", sagt Gloria Döres, die als freiberufliche Weberin arbeitet. Sie weiß auch, worauf es beim Weben ankommt. "Der Faden braucht in der Mitte eine gewisse Weite. Wenn man ihn zu ordentlich anlegt, dann zieht sich der Stoff in der Mitte zusammen", erklärt die Expertin.
Wie früher die Fasern gefärbt worden sind, wird ebenfalls gezeigt. Dazu kamen Walnussschalen für eine goldbraune Farbe zum Einsatz, Birkenblätter für einen gelb-grünlichen Ton oder Färberwaid für blau.

Im ersten Obergeschoss gibt es vier Räume, von denen in einem eine Küche nachgestellt ist, wie sie anno dazumal war, in einem anderen geht es um die Gewinnung von Garn aus Flachs. Die einzelnen Arbeitsschritte, und die entsprechenden Werkzeuge zum Riffeln und Hechseln sind ausgestellt. Zudem wird Kleidung aus verschiedenen Materialien gezeigt: Blusen, Gehröcke, Kleider, Bettücher und Brokatkappen.

In einer weiteren Ecke des Museums geht es um das Thema Bleichen, Waschen, Mangeln und Bügeln. An einem Bügeleisenschrank, der in der Mitte geheizt wurde, und um den herum die Bügeleisen befestigt waren, kann man sich sehr gut vorstellen, dass hier Brandblasen an der Tagesordnung waren.

Am Museum gibt es einen Garten, indem Kräuter und auch Waid angebaut werden, dass leuchtend gelb aussieht, aber mit Urin angesetzt, blau färbt.

Am Museumstag haben sich kleine und große Besucher all das angesehen und vieles ausprobiert. Von Fingerhäkeln, dem Kardieren (kämmen) der Wolle übers Spinnen, Weben bis hin zum Stricken war alles dabei.
Informationen zum Heimweberei Museum Schalkenmehren gibt es bei Museumsleiterin Gloria Döres, Telefon 06572/9335737. Das Museum hat Sonntagnachmittag von 15 bis 17 Uhr geöffnet. Darüber hinaus können angemeldete Gruppen Führungen buchen.

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