Als der große Regen kam: Land unter in Wittlich im vorigen Jahr

Wittlich · Der Rommelsbach überschwemmt die Kita, die Lieser droht, die Altstadt zu fluten: Das war vor einem Jahr. Jetzt wird an einem Hochwasserschutz im Zuge von „Stadt am Fluss“ gearbeitet.

Als der große Regen kam: Land unter in Wittlich im vorigen Jahr
Foto: TV-Foto: Archiv/Klaus Kimmling

Wo ist er denn, der Rommelsbach? Die Lieser soll ein Fluss sein? Wer aktuell von der Altstadtbrücke auf die beiden Gewässer schaut, erkennt trockenes Ufer, Steine, kaum Wasser. Daneben staubt's: Die Arbeiten für das Millionenprojekt Stadt am Fluss gehen voran und liegen im Zeitplan.

Vor einem Jahr war alles anders. Der Rommelsbach war rasend schnell zur braunen Flut angeschwollen, die nicht zu bändigen war und die Kita am Jahnplatz überschwemmte. Die Feuerwehr war nach Starkregen auf einen Schlag an allen Stellen gefragt und im Dauereinsatz. Joachim Gerke, Wittlich-Bombogener und Abteilungsleiter Wasserwirtschaft, Fischerei, Abfallwirtschaft, Bodenschutz bei der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord (SGD) in Koblenz, hatte die Daten zu all dem Wasser und sagte damals: "Wir hatten 50 Millimeter Niederschlag in 24 Stunden, das sind 50 Liter pro Quadratmeter, am Regenschreiber in Wittlich. 50 Millimeter hatten wir in 20 Jahren nun zum zweiten Mal. Das ist schon ein seltenes Ereignis".

Deshalb ist gottlob selten, was folgte: Hochwasseralarm für die Lieser mitten in der Stadt. Ein Pegel von 3,50 Metern war die beängstigende Prognose, die Überflutung der Altstadt drohte. Keller, Erdgeschosse wurden vorsorglich geräumt, Schächte verbarrikadiert, das Geländer der Altstadtbrücke abgeflext, damit sich nichts verkantet, Barrieren aus Sand errichtet.

Als der Pegel morgens nicht weiter anstieg, war die Erleichterung groß: Anwohner, Geschäftsleute, Eigentümer und die vielen Helfer, ob Feuerwehr, THW, Stadtwerke & Co.: Alle atmeten durch. Bürgermeister Joachim Rodenkirch sagt im Abstand eines Jahres: "Meine größte Befürchtung war damals, dass der Pegel rasant weiter ansteigen könnte und ein Wert erreicht wird, der alle bisherigen Szenarien übertroffen hätte. Ich bin davon überzeugt, dass der neue Hochwasserschutz die Situation am Lieserufer tatsächlich deutlich verbessert. Gleichzeitig bin ich aber auch voller Demut vor der Natur und der ihr innewohnenden Gewalten. Tatsache ist, dass es einen absoluten Schutz leider nicht geben wird, was die schlimmen Überflutungen in Süddeutschland gezeigt haben. Und wenn Sie mich nach dem Thema Hochwasser befragen, möchte ich auch nochmals die Gelegenheit nutzen, der betroffenen Bevölkerung und den vielen Einsatzkräften für ihre Haltung und ihr Engagement Danke zu sagen."

Engagiert dabei war an allen Tagen die Freiwillige Feuerwehr Wittlich. Wehrleiter Christian Vollmer sagt: "Der weitaus größere Anteil der Arbeit ist damals auf die Schäden durch die massiven Regenfälle angefallen. Die Maßnahmen im Rahmen des Schutzes der Innenstadt waren nur ein Teil dieser Gesamtmasse. Für das Jahr 2016 war es in der Gesamtheit sicherlich der größte Einsatz mit über 80 Einsatzkräften von Feuerwehr und THW in der Spitzenzeit."

Auf die Frage nach einer Einschätzung zum nun installierten mobilen Hochwasserschutz sagt er: "Ich bin kein Fachmann, um dies abschließend beurteilen zu können. Zumal wir bei dem letzten Hochwasser gelernt haben, dass auch die Berechnungen zu Überflutungsszenarien, welche uns vorliegen, nicht immer eins zu eins zu übertragen sind. Es kommt stark darauf an, ob es sich um einen Starkregen handelt oder der Regen über Tage zu dem Hochwasser führt. Wir als Feuerwehr vertrauen auf die Aussagen der Ingenieure, die hier für die Planung verantwortlich sind." Zur Baustelle sagt er: "So wie es zurzeit ausschaut, ist der Flusslauf doch wesentlich verbreitert worden. Somit denke ich, dass dann auch das Wasser nicht so hoch ansteigen wird. Wer weiß aber, wie viel Regen in Zukunft und vor allem in welcher Zeit noch fallen kann."

Das wüssten auch die Landwirte gerne. Der Wittlicher Manfred Zelder, Kreisvorsitzender des Bauern- und Winzerverbands, sagt: "Damals standen die Rinder bis zum Sprunggelenk im Matsch, die Wiesen waren überschwemmt und wir nicht in der Lage, wie geplant zu ernten. Heute ist das krasse Gegenteil: Trockenheit, extrem warme Witterung. Die schwüle Wärme schlägt den Kühen aufs Gemüt. Das sind Situationen, die fordern die Landwirte heraus."

Die Stadt Wittlich will sich auch baulich wappnen, mit der Freilegung des Rommelsbaches, der "Entmauerung" der Lieser und einem mobilen Hochwasserschutz. Die Kosten werden auf 2,5 Millionen Euro geschätzt. Dazu gibt es rund 1,8 Millionen Euro vom Land als Zuschuss.

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