Als der Hunsrück noch im Orient lag
Platten/Ürzig · Der Hunsrück liegt im Orient, Wittlich im Okzident, und die Trie rer Landstraße verläuft von Altrich an Platten vorbei nach Ürzig. So vermittelt es eine historische Landkarte aus dem Jahre 1640. Robert Kranz aus Platten hat sie bei Recherchen zur Plattener Geschichte entdeckt.
Platten/Ürzig. Robert Kranz aus Platten hat eine historische Straßenkarte von 1640 bei Recherchen im Internet auf der Homepage des Landeshauptarchivs Koblenz entdeckt.
Das detailliert gezeichnete Dokument ist voller Überraschungen. Die Karte ist ein kleines Kunstwerk, so gestalterisch schön sind die Umrisse der Orte und ihre bedeutenden Gebäude eingetragen. Die Neuerburg mit ihrem imposanten Turm thront majestätisch über dem Wittlicher Tal und überragt die Wittlicher Burg und die Stadtmauern.
DORF GESCHICHTE(N)
Auffallend groß ist der Hof Wahlholz eingezeichnet. Dagegen ist für Wengerohr, Bombogen, Dorf und Lüxem kein Hinweis zu finden.
Platten ist mit vier einzeln stehenden Häusern dargestellt. Der Plattener Schirbelberg ist als Weinberg zu erkennen. Zwischen Zeltingen und Rachtig ist viel Freifläche mit Weinbergen. Am Kloster Machern wird ein Pferd auf einen Nachen gebracht.
In Ürzig ankern zwei Schiffe. An vielen Stellen zeigt die Karte das tägliche Leben und Treiben im Wittlicher Tal und an der Mosel. Da ziehen Ochsen einen Fuhrwagen über die Straße, an anderer Stelle weiden Kühe. Auch Soldaten ziehen durch. Es war die Zeit des Dreißigjährigen Krieges.
Nördlich von Wittlich stutzt das Auge: "Occidens" steht dort, das Wort für Abendland. Am südlichen Ende der Karte oberhalb der Rachtiger Weinberge auf dem Hunsrück ist "Oriens" vermerkt. Aha - der Hunsrück als Morgenland und Wittlich als Abendland. Ganz neue Erkenntnisse.
Dann eine noch größere Überraschung: Zwischen Altrich und Ürzig ist ein Weg eingezeichnet, der als "Trierische Landstraß" benannt ist. Der kommt von Ürzig, führt direkt an Wahlholz vorbei und verläuft weiter in Richtung der nicht eingezeichneten Lieser. Für Robert Kranz ist es eindeutig: Die Trierer Landstraße verlief fast identisch mit der Trasse der im Bau befindlichen B 50 neu.
Einen großen Unterschied gibt es freilich: Während die moderne Trasse mit einer Teerdecke bestens zum Fahren geeignet sein wird, glichen die Straßen des 17. Jahrhunderts nicht einmal heutigen Feldwegen.
Und doch ist erstaunlich, was Robert Kranz bei seinen Recherchen zur Plattener Geschichte ermittelt hat - dass vor 350 Jahren eine zwischendurch aufgegebene und vergessene Straße denselben Verlauf nahm wie die geplante B 50 neu.
