Als der Nikolaus noch aus der Kapelle kam

Bald ist Nikolaustag. In Wittlich-Neuerburg waren die Kinder früher der Meinung, der Nikolaus komme an diesem Tag von der Nikolauskapelle am Waldrand zu den Neuerburgern. Am Kapellchen stand in vergangenen Jahrhunderten der untergegangene Ort Hatzdorf.

Wittlich-Neuerburg. Karl Stroh aus Wengerohr ist voller Begeisterung, wenn er von seiner Neuerburger Heimat spricht.

Viele Erinnerungen an seine Jugendzeit hängen im wahrsten Sinne des Wortes in Neuerburg. Der 68-jährige Schreinermeister hat für die Neuerburger Nikolauskapelle 1965 das Nikolaus-Relief über dem Giebel geschnitzt.

Die Kapelle stand damals auf dem Grundeigentum seines Vaters. Sie gehört seit der Flurbereinigung der Stadt und wird von den Mitgliedern des Neuerburger Heimatvereins und den Böllerschützen gepflegt. Sie ist von der Landstraße nach Hasborn etwa 200 Meter rechter Hand am Waldrand zu erkennen. Am Standort der Kapelle war das untergegangene Dorf "Hatzdorf". Nach der Volksüberlieferung starben die Besucher Hatzdorfs infolge einer Pestepedemie aus. Auch die Hatzdorfer, die sich in den Wald geflüchtet hatten, wurden vom Schwarzen Tod hinweggerafft. "Nur ein Mann war noch übrig geblieben", ist an der Hinweistafel im Kapellchen zu lesen. Er wollte aber nicht mehr im verlassenen Hatzdorf wohnen und baute sich im Schutz der nahen Neuerburg ein Haus. "Er wurde so zum Gründer des Dorfes Neuerburg, denn nach einiger Zeit wurden noch andere Häuser hinzugebaut."

Die Hinweistafel berichtet auch von den geschichtlichen Fakten. Hatzdorf wurde erstmals 1143 urkundlich genannt. Die letzte Erwähnung erfolgte 1593 in einem Visitationsbericht der Pfarrei Bombogen.

Auf einer Landkarte von 1788 ist als Ortsbezeichnung "Nikolauskirch" eingezeichnet. Das war die Kirche des untergegangen Hatzdorf.

In Erinnerung daran errichteten die Neuerburger in der Zeit um 1800 die heutige Nikolauskapelle. Den Eingang krönte eine Holzfigur des Heiligen Nikolaus, die aus der Hatzdorfer Kirche stammte. Als diese verwittert war, schnitzte Karl Stroh 1965 eine neue.

Mittlerweile ist das Neuerburger Brauchtum aus den 40er und 50er Jahren erloschen. Seinerzeit war es üblich, dass Neuerburger Kinder in der Adventszeit mehrmals wöchentlich zum "Nikolaushäuschen" pilgerten und dort Nikolauslieder sangen.

Das hat Karl Stroh als Kind noch selbst erlebt: "Am Nikolaustag sind wir Kinder aber nicht hingegangen. Denn in Neuerburg war man der Meinung, dass der Nikolaus an seinem Festtag aus dem Altar des Kapellchens herauskomme, nachdem er zuvor die damals vorhandene schwere Sandsteinplatte weggeschoben hat." Die Neuerburger Kinder haben deshalb zu Hause auf den Besuch des Heiligen und die Nikolausgeschenke gewartet.

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