Als Honecker aufs Dach stieg

THALFANG. Historische Thalfanger Fotos locken seit Anfang des Jahres Interessierte ins Haus der Begegnung. Zuvor hatte die Ausstellung der Zeitdokumente bei der Vorstellung der Ortschronik für Aufmerksamkeit gesorgt.

Ursprünglich hatte Reinhold Anton nur die Thalfanger Chronik im Auge gehabt. Bis er dann bei der Durchsicht der darin veröffentlichten Fotos die Idee für eine Foto-Dokumentation "Thalfang früher - Thalfang heute" hatte. Von da an war sein ansonsten möglicherweise zutreffender Satz: "Ich bin der einzige Rentner, der Zeit hat", außer Kraft gesetzt. Denn fortan widmete der 62-Jährige jede freie Minute dem Auswählen, Reproduzieren und Vergrößern alter Aufnahmen. Es geht immerhin um 200 Fotos, worauf die Geschichte des Marktortes, Verwaltungssitzes und Luftkurortes Thalfang sowie dessen Vereinsleben und Bräuche dokumentiert sind.Es war einmal ein Dachdeckerlehrling

Ältestes in der Ausstellung zu sehendes Dokument ist eine Fotografie aus dem Jahre 1896. Es zeigt Thalfang mit einem überschaubaren Ortskern, der im Wesentlichen aus "Im Eck" besteht - plus Friedhofstraße und Hauptstraße. Damals zählte der Ort 500 Einwohner. Zum Vergleich: 1954 waren es schon 1000 Bürger und heute sind es 1500. Wenige Jahre später ergibt sich schon ein neues Bild. Jetzt ist auf den Fotografien die neu erbaute katholische Kirche zu erkennen. Daneben kann der Betrachter die Entwicklung ortsbildprägender Gebäude wie die des Verwaltungssitzes, dem heutigen Rathaus, verfolgen. Auf dessen Dach war, wie Anton in Erfahrung brachte, 1928 Dachdeckerlehrling Erich Honecker aktiv. Verblüffend auch der Werdegang von Café Locher oder "Hotel Johannes", heute eine Apotheke, sowie des 1861 erbauten bäuerlichen Anwesens Röder, das heute ein "Haus der Begegnung" geworden ist. Den rasanten Wandel, besonders in der jüngsten Vergangenheit, belegen Fotos des brennenden ehemaligen Schulgebäudes, in dem zu diesem Zeitpunkt, 1989, eine Diskothek untergebracht war. Eine Vergangenheit, die sicher etlichen Besuchern der heute an diesem Standort stehenden Kreissparkasse gar nicht mehr bekannt ist. Ebenso längst Geschichte ist das 1974 in Betrieb gegangene neue Postgebäude auf dem heutigen Norma-Gelände. All das sind Episoden, die den ehemaligen Schulleiter, der sieben Jahre in Schönberg, zehn in Thalfang und 21 in Malborn unterrichtete, grübeln lassen: "Da sieht man, wie schnelllebig die Zeit ist." Geboren und aufgewachsen in Bischofsdhron, liegen ihm persönlich jedoch vor allem die Szenen ländlichen Lebens am Herzen. Bilder vom Dreschen, von Hausschlachtungen oder Kuhgespannen. Unverzichtbar für sein jetziges Engagement ist Reinhold Antons von Jugend an ausgeprägte Liebe zur Geschichte, die ihn auch Chroniken über die katholische Kirchengemeinde St. Matthäus Thalfang und die Grundschule Malborn verfassen ließ. "Da muss ein persönlicher Bezug da sein, sonst macht man das nicht", sagt der leidenschaftliche Fotograf. Weiterhin ist er auf der Suche nach alten Fotos - natürlich nicht nur für private Zwecke: "Zu gegebener Zeit werde ich das gesamte Bildmaterial der Ortsgemeinde zur Verfügung stellen." Die Foto-Dokumentation steht seit dem Neujahrsempfang Interessierten im Haus der Begegnung offen. Dort wird sie voraussichtlich den ganzen Januar und eventuell noch im Februar zu sehen sein.

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