Alte Geschichten neu verpackt

BINSFELD. Dass kaum noch jemand das sagenhafte Laachmännchen kennt, macht Marianne Reiff traurig. Die Binsfelderin kennt viele Geschichten rund um ihren Heimatort. Und sie schreibt sie nieder.

Ihr Großvater kam aus Herforst und töpferte, mütterlicherseits entstammt sie einer Schäferei aus Oberkail. Marianne Reiff wurzelt tief in den Traditionen und den alten Geschichten der Eifel. Sie kennt sie, sie liebt sie, und seit geraumer Zeit schreibt sie sie auch auf. Damit nicht alle diese sagenhaften Figuren der Vergessenheit anheim fallen, hat sie sich nun an unsere Zeitung gewandt. "Binsfeld ist ein eigenständiger Ort und bestand lange vor der Base." Es ärgert sie, dass im Zusammenhang mit Binsfeld jeder nur noch an Düsenjäger, amerikanische Soldaten und Lärm denkt. Ihre Heimat hat so viel mehr zu bieten, sagt sie, und arbeitet daran, dass dies erhalten bleibt. "Schauen Sie doch mal aus diesem Fenster", sagt sie und geht in die Küche. Genau hier, auf den ehemaligen Wiesen mit dem Flurnamen "In der Laach" trieb einst das Laachmännchen sein Unwesen.Das Laachmännchen als Waldhüter

Nicht weit davon entfernt wohnte ihre Familie. "Seid still, sonst hört ihr das Laachmännchen nicht!", hatte ihr Vater oft gesagt. "Es hat wieder jemanden erwischt!" Danach lachte es immer vor Freude, und wer es hörte, lachte mit. Das Laachmännchen war Jäger, Wald- und Flurhüter in der Laach gewesen. "Es war ein äußerst pflichtbewusster Mensch", weiß Marianne Reiff. Deshalb kam es nach seinem Tod selbstverständlich auch in den Himmel, wo es, Paradies hin oder her, seine irdische Aufgabe nicht vergessen konnte. Es bat Petrus, nach Binsfeld zurückkehren zu dürfen. Es durfte und versah fortan seinen Dienst im Geheimen, ohne dass es je wieder von einem Menschen erspäht worden war. Wo immer ein Frevel an der Natur begangen wurde, rächte ihn das zauberhafte Wesen. Inzwischen wohnt es wieder im Himmel. Die Menschen scheinen ihre Lektion gelernt zu haben, oder wie sonst ist es wohl zu erklären, dass es nicht mehr unter uns weilt? Nun ist diese Zusammenfassung kurz und bündig, das liegt in der Natur der Sache. Die ganze Geschichte, viel liebevoller und viel ausführlicher erzählt, kann jeder bei Marianne Reiff hören. Auch der modern anmutende Abschied - hier nicht zur Veröffentlichung freigegeben - dürfte seine Fans finden. Immer wieder drängen Freunde die Dame mit der Adresse "Zum Märchen", mit ihren Aufzeichnungen - sie füllen viele Schubladen und handeln von wahren Begebenheiten ebenso wie von Märchen und Sagen - in die Öffentlichkeit zu treten. Mittlerweile traut sie sich. Ihre selbst gemalten Bilder kennt man bereits in Binsfeld, jetzt kommen die Geschichten dran. Im Heimatverein ist sie Mitglied der ersten Stunde. Auch dem heimatkundlichen Arbeitskreis der Verbandsgemeinde Speicher ist sie ein Begriff: An dessen Publikation "Eifler Dorf" hat Marianne Reiff mitgearbeitet. In diesem Jahr erscheint ein Band zum "Eifler Humor". "Auch dafür habe ich Material eingereicht", sagt die Binsfelderin. Bleibt die Hoffnung, dass ihre außergewöhnliche Art zu schreiben jemandem auffällt, der etwas davon versteht. Im kommenden Schuljahr wird Marianne Reiff wieder in die Schule gehen, diesmal, um mit den Kindern Dialekt zu sprechen. Viele werden sie wohl nicht verstehen, befürchtet sie. Ein Grund mehr, es zu tun. Und das Laachmännchen? Das wird auf Wolke sieben sitzen und ganz stolz auf das gute Gedächtnis und den Tatendrang seiner treuesten Anhängerin sein. Und vielleicht wird Marianne Reiff damit eine neue Welle der Begeisterung für Binsfeld und seine Geschichten ins Leben rufen.

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