Altlasten des Zweiten Weltkriegs

MORBACH/GONZERATH. Regelmäßig werden in der Region alte Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg gefunden, ohne dass es hier viele attraktive Bombenziele gegeben hätte. Der Kampfmittelräumdienst beseitigt die Bedrohung.

Eine Baustelle in Gonzerath Ende August: Bei Planierarbeiten kommt sie zu Tage, die 500-Pfund-Bombe amerikanischer Bauart. Das war kein Einzelfall. "Pro Jahr finden wir etwa 50 bis 75 Blindgänger", sagt Horst Lenz, Leiter des Kampmittelräumdienstes Rheinland-Pfalz. Etwa zwei Millionen Tonnen Bomben warfen alliierte Flugzeuge über deutschem Reichsgebiet und über deutsch besetzten Gebieten ab. Der überwiegende Teil fiel in den letzten Kriegsjahren 1944 und 1945. "Laut Schätzungen explodierten zehn Prozent der Bomben beim Aufschlag nicht. Diese Zahl ist aber sehr fraglich", meint Lenz. Auf Anfrage überprüft der Kampfmittelräumdienst, ob es Hinweise darauf gibt, dass Blindgänger in einem bestimmten Gebiet liegen. Dies geschieht in erster Linie mit Hilfe von Luftaufnahmen, die alliierte Aufklärer während des Kriegs machten. "Kleine Krater in der Nähe von Explosionskratern sprechen für den Einschlag nicht explodierter Bomben", erklärt Lenz. "Leider ist nur ein kleiner Teil von Rheinland-Pfalz durch derartige Aufnahmen abgedeckt." Liegen dennoch derartige Hinweise vor, wird vor Ort mit Metalldetektoren nach Bomben gesucht. Werden Blindgänger dadurch oder durch Erdarbeiten gefunden, rückt ein kleines Bergungsteam an. Die meisten Bomben werden vor Ort entschärft und dann abtransportiert. "Die werden von Privatunternehmen oder anderen Kampfmittelräumdiensten in unserem Auftrag unschädlich gemacht", erläutert Lenz. "Etwa jede 50. Bombe müssen wir aber an Ort und Stelle sprengen, wenn sie sich nicht entschärfen lässt." Das Bergen ist nicht ohne Risiko. Der letzte tödliche Unfall ereignete sich 1990 im hessischen Wetzlar, als zwei Menschen bei einer Explosion ums Leben kamen. Aber wie kamen die Bomben in unsere Region? Während des Zweiten Weltkriegs gab es hier kaum lohnende Ziele. Lenz stellt klar: "Das einzige Primärziel war die Eisenbahnbrücke von Hoxel." Am 3. November 1944 starteten 32 Maschinen der 391. amerikanischen Bombergruppe mit dem Ziel, das Viadukt zu zerstören. Die Amerikaner versuchten, deutsche Nachschubwege während der Ardennen-Offensive abzuschneiden. Der Angriff scheiterte jedoch wegen schlechten Wetters. An Heiligabend versuchte man es erneut. 36 Flugzeuge warfen ihre Bomben ab, so dass die Brücke auf etwa 20 Meter zerstört wurde. Die übrigen Bomben, die in unsere Region fielen, wurden beispielsweise von Bomberbesatzungen abgeworfen, die ihr eigentliches Ziel durch schlechte Navigation verfehlten. Ein großer Teil stammte jedoch aus Angriffen amerikanischer Jagdbomber, die es vor allem auf deutsche Truppen-Ansammlungen abgesehen hatten. Möglicherweise stammte die Gonzerather Bombe von einem derartigen Angriff. Willi Gorges vom Heimatverein Gonzerath meint: "Vielleicht war die Bombe gedacht für die Flak-Stellung über Gonzerath. Es hieß immer, da auf dem Feld müsste noch eine Bombe liegen. Als es dann Baugebiet wurde, hat aber wohl keiner mehr daran gedacht."

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