Am Fürstenhof gerüttelt

Ist Größe und Gestaltung des "Fürstenhofs" wünschenswert, und bringen Gewerbeflächen im Untergeschoss eine Gefahr für die Innenstadt? Darüber diskutierte der Stadtrat. Dann stimmte er mit 21 Ja- zu acht Neinstimmen und einer Enthaltung für den überarbeiteten Projektentwurf.

Wittlich. Überarbeitet hat die Faco ihre Pläne zum Projekt "Fürstenhof", das auf dem 6200 Quadratmeter großen Oberstadtgrundstück zum Unteren Sehlemet hin 40 Eigentumswohnungen insbesondere für Senioren plus DRK-Kreisgeschäftsstelle mit Sozialstation sowie Praxis- und Gewerbeflächen beherbergen soll (der TV berichtete). Im Bauausschuss waren unter anderem die Gebäudehöhe und die Massigkeit des Baus in die Kritik geraten. Dazu sagt Stefan Kutscheid: "Kein Anwohner hat ein Problem mit der Architektur."Kritisiert wurde auch die Tatsache, dass im Untergeschoss, das sich Richtung Kurfürstenstraße erstreckt, Gewerbeflächen geschaffen werden sollen. Die Größenangaben schwanken zwischen 1000 und 800 Quadratmetern. Investor Stefan Kutscheid, Faco, erklärte, man stelle sich keine klassische Ladennutzung wie in der Innenstadt vor, sondern wolle den Schwerpunkt auf den Gesundheitssektor legen. Er nannte Geschäftsfelder wie Orthopädie, Sanitär, physiotherapeutische Anwendungen. Dieses Segment sehe er als "Chance für eine strukturelle Entwickung im Speckgürtel".

Massive Kritik schon beim Einkaufszentrum

Der Fraktionssprecher der SPD, Joachim Gerke, hielt dagegen: "Eine Positivliste wird scheitern. Dies ist der Einstig in Gewerbeflächen über die Innenstadt hinaus." Man habe schon beim Einkaufszentrum massive Kritik abwehren müssen, obgleich man bei der Einwohnerversammlung wohltuende Zustimmung erhalten habe. Zudem monierte er, dass die Änderungen nicht zu einer Reduzierung der Massen geführt hätten, so dass der Plan städtebaulich nicht angepasst sei, insbesondere in Richtung Unterer Sehlemet. Er schlug vor, die zur Kurfürstenstraße hin geöffnete U-Form der Anlage komplett zu drehen.

Auch Michael Wagner (Grüne) erklärte: "Man kann nicht einfach hingehen und sagen, 1000 Quadratmeter Gewerbeflächen seien keine Konkurrenz zur Innenstadt. Das ist ein Trugschluss."

Dem schloss sich Jürgen Vellen (CDU) an. Er appellierte an den Investor, die Planung zu ändern. Bürgermeister Ralf Bußmer erklärte, er habe sich ähnliche Projekte angeschaut: "Gefunden habe ich alles, was sich um den Wohlfühlbereich einer gut situierten älteren Generation bewegt, wie Ärzte, medizinischer Bedarf." Und er verwies darauf, dass der medizinische Bedarf der zweitgrößte Wachstumsmarkt sei.

Elfriede Meurer (CDU) argumentierte, es sei unredlich, "jetzt hier den Teufel an die Wand zu malen" und zu sagen, da käme jetzt ein Schuhgeschäft oder Ähnliches hin: "Den Geschäftsmann möchte ich mal sehen. Da wird es sich um gesundheitsaffine Nutzungen handeln." Und sie erinnerte daran, dass an dieser Stelle keine Geschäftsgrenze verlaufe: "Wir haben dort keine Grenze. Die Friedrichstraße etwa ist Verkaufsstraße." Der Bürgermeister bemerkte zusätzlich, dass im Unteren Sehlemet Ärzte und Apotheke bereits existierten.

DRK stärkt Standort Wittlich

Leo Kappes, Stadtverwaltung, erinnerte an den Auftrag des Rates, an dieser Stelle wohnen in der Innenstadt zu ermöglichen, und dass das DRK mit seiner Entscheidung ebenfalls den Standortfaktor Wittlich stärke. Auch angesichts der Vorarbeit und der Tatsache, dass man einen Investor habe, der das Projekt wirtschaftlich stemmen könne, würde er bitten, diese Entwicklung im Stadtbereich zu unterstützen.

Michael Praeder (CDU) sagte: "Wir haben Innen- vor Außenentwicklung und eine Belebung der Innenstadt vorgehabt." Wenn man das Projekt ablehne, müsse man sagen, man "entwickle gar nichts mehr, ziehe einen Zaun und entwickle ein Biotop".

Die Ratmehrheit stimmt für das nach Angaben des Investors 13-Millionen-Euro-Vorhaben.

Meinung

Angst vor eigener Courage?

Es wirkt ein wenig wie die sprichwörtliche Angst vor der eigenen Courage. Kaum haben sich die Stadträte zum Einkaufszentrum durchgerungen, da kommt direkt der nächste Projektentwickler, der außerhalb der Fußgängerzone Gewerbeflächen anbieten will. Es gilt zu Recht, vorsichtig zu sein. Es ist schließlich nicht das erste Mal, dass ein Investor etwas versprochen hat, was er dann nicht hält. Nur weil der Lebensmittler auf der einen Seite des Schlossplatzes nicht kommt, heißt das aber nicht, dass auf der anderen Seite anstelle medizinaffinem Gewerbe auch etwas völlig anderes als versprochen einzieht. Und ein weiterer Punkt spricht für das Zulassen der gewerblichen Nutzung. Denn es ist wenig glaubwürdig, dass die Schaffung von Verkaufsflächen diesseits der Kurfürstenstraße als Heilsbringer für die Fußgängerzone gilt, während Verkaufsfläche jenseits der Kurfürstenstraße das Zentrum schädigen soll. Würde man dieser Logik trotzdem folgen, dürfte es in der Friedrichstraße erst recht keine Geschäfte geben. h.jansen@volksfreund.de

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