Am Fußball-Himmel geht eine Sonne auf

Bernkastel-Kues · Im neuen Verein Alt-Kues Roj spielen fast ausschließlich Flüchtlinge. Für die Integrationsarbeit gab es nun einen 500-Euro-Scheck der Egidius-Braun- Stiftung.

 Die Spieler der weitgehend aus Flüchtlingen bestehenden Mannschaft des SV Alt-Kues Roj. TV-Foto: Holger Teusch

Die Spieler der weitgehend aus Flüchtlingen bestehenden Mannschaft des SV Alt-Kues Roj. TV-Foto: Holger Teusch

Foto: Holger Teusch (teu) ("TV-Upload Teusch"

Bernkastel-Kues Sonne bedeutet Licht, Wärme, Leben. Dass sich der neue Fußballverein SV Alt-Kues den Zusatz Roj in den Namen geschrieben hat, verwundert deshalb nicht. "Roj, das heißt Sonne", erklärt Ramazan Kardas. Der Sport soll der aus Flüchtlingen bestehenden Mannschaft helfen, in Deutschland Fuß zu fassen.
Der aus der Stadt Batman im kurdischen Teil der Türkei stammende Kardas ist ein bisschen so etwas wie ein Anführer und Vorbild für die übrigen Spieler des SV Alt-Kues Roj. Der 32-Jährige lebt seit zehn Jahren in Deutschland, hat geheiratet, ist an der Mosel fest verwurzelt. Kardas spielt schon immer Fußball, in Bernkastel-Kues, in Veldenz. So wie er müssen die übrigen Spieler des neuen Vereins ihren Platz in ihrem Zufluchtsland erst noch finden. Sie kommen beispielsweise aus Syrien, Somalia, Libyen oder dem Sudan.
"Ich war bei einigen zu Hause. Eine tolle Gastfreundschaft", erzählt Trainer Roland Kosmund. "Wir haben viel gesprochen, auch wie und warum sie hierher gekommen sind. Vieles davon hat mich tief berührt", sagt Kosmund. Vorsichtig sei er an die Aufgabe herangegangen, die bunte Truppe zu coachen. "Ich habe gesagt, zwei Wochen gucke ich mir das an", erzählt der 49-Jährige. Alle Bedenken wischte er aber schnell beiseite: "Die Jungs sind sehr diszipliniert und der Respekt gegenüber mir ist sehr groß. Die Sprachbarriere ist natürlich groß. Aber mit Händen und Füßen geht es schon. Und die Jungs lernen ja auch", erzählt Kosmund.
Zweimal pro Woche ruft er zum Training. Die Beteiligung sei gut, obwohl die meisten Spieler nicht in Bernkastel-Kues wohnen und nicht motorisiert sind. Den Rücktransport übernehmen in der Regel Kardas, Kosmund und Kassierer Klaus Henkel, das Kueser Original im Club.
Dass sich das Flüchtlingsteam dank des motivierten Trainings im Mittelfeld der Tabelle der C-Klasse Mosel-Hunsrück etabliert hat, ist das eine. Wichtiger ist der dritte Platz in der Fairness-Tabelle. Neun gelbe Karten gab es für den SV Alt-Kues Roj in den ersten acht Spielen. "Ich habe am Anfang auch erst Angst gehabt", gesteht Ramazan Kardas. Das Klischee einer Tretertruppe, das der neuen Mannschaft zu Beginn der Saison zuweilen übergestülpt wurde, konnten sie widerlegen.
"So eine Mannschaft gibt es im Fußballverband-Rheinland nicht noch einmal", sagt der Mosel-Kreisvorsitzende Walter Kirsten (Piesport). "Wir haben viele Vereine, die bemüht sind, Flüchtlinge zu integrieren, aber das hier ist die Krönung. Andere haben zwei oder drei Flüchtlinge im Trainingsbetrieb", ergänzt FVR-Vizepräsident Norbert Neuser. Gut sei, dass die Mannschaft in den normalen Liga-Spielbetrieb integriert sei und jede Woche gegen andere Teams auf dem Platz stehe.
500 Euro, je zur Hälfte aus dem Topf der Egidius-Braun-Stiftung und des Bundesinnenministeriums, brachte der Europaparlaments-Abgeordnete als Anerkennung für die bisher geleistete Arbeit mit. "Ich denke, das Geld ist gut angelegt", sagt Neuser.
Extra: ROJ-FUßBALLER KOMMEN VON UNITED


(teu) Der Grundstein für den SV Alt-Kues Roj wurde mit einem auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise 2015 von Jürgen Servatius und Manfred Junk initiiertem Fußballprojekt gelegt. Alle zwei Wochen bietet man seitdem Training für Flüchtlinge an. Ein großer Teil der Mannschaft, die im Frühjahr unter dem Namen FC United Bernkastel-Kues in der sogenannten Hunsbunt-Liga den zweiten Platz belegte, spielt nun beim SV Alt-Kues Roj. "Das ist gut so, weil sie so Sonntag für Sonntag auf dem Platz stehen und nicht nur ab und zu bei der in Turnierform ausgetragenen Hunsbunt-Liga", freut sich Junk, der im Fußballkreis Mosel Integrationsbeauftragter ist.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort