Corona&Alltag Ambulante Pflege – „Viele unserer Patienten sind einsamer geworden“

Wittlich · Ambulante Pflegekräfte versorgen die ältere Bevölkerung. Unter Corona-Bedingungen hat sich ihre Arbeit verändert.

 Die Altenpflegerinnen Margret Linden, Maricel Orlowski und Anja Schmidt-Neumann (von links) pflegen und versorgen ältere Menschen ambulant.

Die Altenpflegerinnen Margret Linden, Maricel Orlowski und Anja Schmidt-Neumann (von links) pflegen und versorgen ältere Menschen ambulant.

Foto: Thorben Behring

Früher hat Anja Schmidt-Neumann einen Patienten auch mal umarmt, wenn sie das Gefühl hatte, es sei angebracht. „Das geht jetzt natürlich nicht mehr. Wir müssen Abstand halten.“ Die Altenpflegerin arbeitet in der ambulanten Pflege der Caritas in Wittlich. Jeden Tag versorgt sie zwischen 20 und 25 Patienten.

Während ihrer Einsätze trägt die Pflegerin sogenannte FFP2-Masken, die dem Träger und anderen Menschen erhöhten Schutz bieten.

„Den ganzen Tag eine Schutzmaske zu tragen, ist eine physische aber auch psychische Herausforderung“, sagt Sandra Kneip, Bereichsleiterin Pflege und Gesundheit des Caritasverbandes Mosel-Eifel-Hunsrück. Die ambulanten Pfleger tragen während ihrer Arbeit außerdem Schutzkittel und Handschuhe. „Da sind wir momentan gut bevorratet, sodass alles verfügbar ist“, sagt Kneip. „Während des ersten Lockdowns im Frühjahr war das anders.“

Die Gesichtsmaske erschwert aber auch die Arbeit. Gerade durch eine FFP2-Maske wirkt das gesprochene Wort gedämpft. Deshalb sei es schwieriger geworden, mit den Patienten zu reden, sagt Anja Schmidt-Neumann. „Viele ältere Menschen hören schlecht. Und wenn sie wegen der Maske unseren Gesichtsausdruck oder unsere Lippen nicht sehen, leidet die Kommunikation etwas.“

Nicht nur die Maske prägt den Arbeitsalltag der ambulanten Pflege. Immer sei auch Desinfektionsmittel dabei, sagt Altenpflegerin Margret Linden. Sie zieht ein kleines Fläschchen aus der Jackentasche. Vor und nach jedem Besuch desinfizieren sich die Pflegerinnen die Hände. Auch zwischendurch nochmal.

Ältere Menschen gehören zu der Corona-Risikogruppe. Viele der Patienten und Kunden hätten Ängste, sagt Sandra Kneip. „Unsere Patienten sind betagte Menschen, die auch an Grunderkrankungen leiden. Unsere Mitarbeiter gehen natürlich nur vor Ort, wenn sie selbst gesund sind. Sollten sie Krankheitssymptome aufweisen, bleiben sie zu Hause.“

Die ambulante Pflege kümmert sich um verschiedene Bereiche: Körperpflege, hauswirtschaftliche Versorgung und Behandlungspflege (also ärztliche Behandlungen wie Insulin spritzen oder Kompressionsstrümpfe wechseln). Einige Kunden würden durchaus auch Versorgungen absagen, gerade die entbehrlichen: „Dann wird vielleicht mal ein Termin für den Hausputz um zwei Wochen verschoben. Darauf kann ein Kunde am ehesten verzichten“, sagt Kneip. Auch auf Veranstaltungen verzichtet die Caritas weitgehend.

So gab es früher beispielsweise Betreuungsgruppen für Demenzkranke. Betroffene konnten sich dort beschäftigen: Sie basteln, unterhalten sich, es wird gesungen und getanzt. „Das ist aus Gründen der Vorsicht derzeit gar nicht möglich“, sagt Sandra Kneip. Die Caritas arbeite eng mit dem Gesundheitsamt zusammen, um zu klären, welche Veranstaltungen stattfinden könnten und welche nicht.

Bei der ambulanten Pflege wird zurzeit auch vermieden, externe Praktikanten oder Auszubildende mitzunehmen. Im Auto säße man zu nah beieinander und auch in der Pflege vor Ort bestünde zu dritt eine größere Infektionsgefahr, die man vermeiden möchte. Auszubildende, die sich bereits im Betrieb befinden, werden aber auch weiterhin zu Einsätzen mitgenommen. „Sofern die Patienten das erlauben“, sagt Margret Linden.

Gerade ambulante Pflegerinnen sind für alte Menschen eine wichtige Kontaktperson. Während der Corona-Zeit umso mehr. „Unsere Patienten sind einsamer geworden in dieser Zeit. Sie vermeiden Kontakte. Sie telefonieren natürlich mehr mit Angehörigen“, sagt Anja Schmidt-Neumann. „Aber oft sind wir ihr einziger zwischenmenschliche Kontakt am Tag.“

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