Hintergrund Amok-Läufe an deutschen Schulen und in der Region

Bernkastel-Wittlich · In Deutschland hat die Zahl von Amok-Läufen von Schulen mit Beginn des 21. Jahrhunderts zugenommen.

Alleine seit 2002 waren es neun größere Notfallsituationen dieser Art. Meist begingen die Täter anschließend Suizid.

Einer der medial meist beachteten Amok-Läufe an Schulen dürften dabei der in Erfurt am 26. April 2002 gewesen sein, bei dem ein 19-jähriger ehemalige Schüler am Gutenberg-Gymnasium 16 Menschen und sich selbst tötete.

Bei einem Amoklauf in Emsdetten (Nordrhein-Westfalen) verletzte ein 18-Jähriger am 20. November 2006 an der Geschwister-Scholl-Schule 37 Menschen und tötete sich anschließend selbst. Er trug einen Sprengstoffgürtel, den die Polizei später entschärfte.

Im baden-württembergischen Winnenden erschoss ein 17-Jähriger am 11. März 2009 in der Albertville-Realschule neun Schüler, drei Lehrerinnen und auf der sich anschließenden Flucht drei Passanten. Nach einem Schusswechsel mit der Polizei beging er Selbstmord.

In Rheinland-Pfalz gab es bisher nur einen Vorfall dieser Art: Am 18. Februar 2010 erstach ein 23-Jähriger in einen Lehrer der Technischen Berufsschule. Der frühere Schüler beging den Amoklauf nach eigenen Angaben aus Wut auf seinen ehemaligen Lehrer.

Ludwigshafen gehörte neben dem Kreis Bernkastel-Wittlich, der die Notfall-Handys an weiterführenden Schulen 2011 einführte, zu den ersten Kommunen des Landes, die Lehrer und Schulen mit einem Notfallsystem für Amok-Drohungen ausstatteten.

Den ersten bekannt gewordenen Amok-Lauf an einer Schule gab es am 25. Mai 1871 in Saarbrücken: Am Ludwigsgymnasium verletzte ein 18-Jähriger zwei seiner Mitschüler mit einem Revolver lebensbedrohlich. Er wurde später vor Gericht wegen einer psychischen Störung freigesprochen.

Amok-Drohungen in der Region

März 2009: Genau eine Woche nach dem Amoklauf eines 17-Jährigen an einer Schule in Winnenden (Baden-Württemberg) wurde für die Edith-Stein-Hauptschule in Bitburg ebenfalls ein Amoklauf angedroht. In einem Brief wurde die Schule darüber „informiert“, dass jemand Amok läuft. Den Eltern wurde freigestellt, ob sie ihre Kinder in den Unterricht schicken.

September 2010: Am Friedrich-Wilhelm-Gymnasium in Trier wird am 13. September 2010 eine Amoklaufdrohung für den 16. September an einer Toilettentür gefunden. Die Schulleitung stellt den Schülern frei, ob sie zur Schule kommen oder nicht. Im Nachhinein gesteht ein Schüler die als Scherz gedachte Aktion.

September 2011: Der Unterricht am Traben-Trarbacher Gymnasium musste am 12. September 2011 ab 9.30 Uhr ausfallen, weil die meisten Schüler wegen einer Amokdrohung zu Hause geblieben waren oder sich abholen ließen. Lehrer hatten am Freitag zuvor auf der Ablage eines Schülertischs eine Kritzelei gefunden, in der der Verfasser ankündigte, an diesem Montag Menschen zu erschießen. Auch einen Waffentyp hat er genannt.

Dezember 2011: Im Treppenhaus der Realschule plus in Ehrang steht am 1. Dezember 2011 eine Amoklaufankündigung für den nächsten Tag. Unter Verdacht steht ein Mittelstufenschüler, der am Tag zuvor Ärger mit einem Lehrer hatte. Die Polizei überwacht die Situation, es passiert nichts.

Januar 2012: Am Gymnasium Saarburg kritzelt jemand im Januar 2012 „Amok 28.3“ auf eine Schulbank. Am Mittwoch, 28. März, kommen nur 50 von insgesamt 1100 Schülern zum Unterricht. Die Polizei ist präsent, stellt keine besonderen Vorkommnisse fest.

Februar 2014: Am Donnerstag, 13. Februar, um 12.36 Uhr schrillte in der Polizeiinspektion Bernkastel-Kues der Amok-Alarm – ausgelöst in der Burg-Landshut-Schule im Stadtteil Kues. Zwölf Bernkasteler Polizisten rücken sofort aus. Schnell stellt sich heraus: Ein Lehrer war irrtümlicherweise auf den falschen Knopf an seinem Notruf-Handy gekommen.

März 2014: Die Polizei hat am Mittwoch, 12. März 2014, einen 16-jährigen Schüler in Gewahrsam genommen. Dieser hatte gedroht, am Donnerstag in seiner Schule in Waldrach (Kreis Trier-Saarburg) Menschen zu verletzen. Von der per Handy über den Kurznachrichtendienst WhatsApp versendeten Ankündigung erfuhr die Polizei durch eine Bekannte des Schülers.

Juni 2014: Das Kollegium der Realschule plus in Saarburg hat am Freitag, 13. Juni, entschieden, alle Schüler nach Hause zu schicken. Der Grund: Ein oder mehrere Unbekannte hatten in der Nacht Graffiti gesprayt, in denen unter anderem der Rektor der Realschule massiv bedroht wird. Der Hausmeister hatte am frühen Freitagmorgen auf dem Gelände gesprühte Hass- und Drohparolen entdeckt.

November 2015: Dreimal knallte es am Freitagmorgen, 27. November, in der Trierer Innenstadt. Die Geräusche, deren Ursprung unklar war, lösen einen Amok-Fehlalarm aus, in dessen Verlauf alle Gebäude des Berufsschulzentrums am Paulusplatz von schwerbewaffneten Polizisten durchsucht und evakuiert werden. 400 Rettungskräfte waren im Einsatz, der Verkehr in der Stadt brach zusammen.

Juni 2015: „Achtung Amokdrohung“ stand in der E-Mail, die eine Lehrerin des Schulzentrums Birkenfeld im Juni 2015 erhielt. Bei den Bundesjugendspielen des Schulzentrums werde es Hunderte Tote geben, schrieb der anonyme Absender. Der Absender schrieb außerdem, dass für den Amoklauf Faustfeuerwaffen und Gewehre aus der Nazi-Zeit benutzt würden. Im Verdacht stand ein Lehrer, der sich 2017 vor Gericht verantworten musste. Er wurde zu einer Geldstrafe verurteilt.

November 2017: Die Polizei hat am Freitag, 24. November, in Trier einen 23-jährigen Studenten festgenommen, der über ein soziales Netzwerk einen Amoklauf in einem Hörsaal der Trierer Uni angekündigt hat. Nutzer des Netzwerks hatten einen Tag zuvor die Polizei informiert. Trotz der Festnahme war die Polizei mit einem Großaufgebot auf dem Uni-Gelände präsent. (will/ca)

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort