Gericht Offene Rechnungen und Ticketerlöse

Betrug und Untreue wirft die Staatsanwaltschaft einem 56-jährigen Angeklagten vor. Der Prozess vor dem Amtsgericht Wittlich hat begonnen.

Amtsgericht Wittlich Prozess um Untreue und Betrug gegen Angeklagten
Foto: dpa/Uli Deck

Wittlich Ein 56-jähriger Angeklagter muss sich seit Donnerstag vergangener Woche vor dem Amtsgericht Wittlich zwei Vorwürfen stellen: Die Staatsanwaltschaft wirft ihm einerseits Untreue vor – außerdem Betrug in drei Fällen.

Angeklagt ist ein gelernter Versicherungskaufmann, der auch als Rettungssanitäter tätig war, zudem Ehrenamtler, zurzeit arbeitslos. Dem Gericht trägt er einen Arbeitsvertrag einer Berliner Firma vor. Und: Die Stelle könnte er antreten, sofern er nicht inhaftiert werde. Der Chef biete ihm sogar ein Mitarbeiterdarlehen an, um Schulden zu begleichen. Die Glaubwürdigkeit dessen abzuklopfen, damit hatten die Staatsanwältin und die Richterin Mühe.

Betrugsvorwurf Dabei ist es alles zunächst einfach. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten vor, er habe von Januar 2018 bis November 2019 drei Firmen damit beauftragt, an seinem Wohnhaus Renovierungen auszuführen – in dem Wissen, dass er die Rechnungen nicht bezahlen könne.

Betroffen davon sind Firmen aus Klausen, Landscheid und Salmtal. Insgesamt geht es um einen Betrag von mehr als 30 000 Euro. Er soll den Firmen auch nach dem Auftrag Zahlungen in Aussicht gestellt haben. Bis heute ist nichts beglichen. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm gewerbsmäßiges Handeln vor.

Den Vorwurf des Betrugs räumt der Angeklagte ein. Den Vorwurf der Gewerbsmäßigkeit, der eine härtere Strafe mit sich bringt, weist die Verteidigung dagegen ab: Das Wohnhaus habe dem Angeklagten nicht gehört. Er habe sich demnach keinen Eigenvorteil an der Wertsteigerung des Hauses verschafft. Das Haus habe im Eigentum der Mutter seiner damaligen Lebensgefährtin gestanden. In dem Sechs-Zimmer-Haus lebten zumindest zeitweise der Angeklagte, dessen damalige Lebensgefährtin, deren Schwester und die Mutter als Eigentümerin.

Die Staatsanwaltschaft fragte den Angeklagten, wer denn die Rechnungen hätte bezahlen sollen. Angeklagter: „Wir zusammen.“ Warum er denn die Verträge abgeschlossen habe, fragt die Staatsanwältin. Bei der Antwort bleibt der Angeklagte ungewöhnlich wortkarg: „Indem man an die Familie glaubt.“ Um die genauen Absprachen zwischen den Hausbewohnern zu ermitteln, soll für den Folgetermin die Eigentümerin des Hauses vorgeladen werden.

Vorwurf der Untreue Komplizierter wurde es im Fall des Untreuevorwurfs. Der Angeklagte soll sich an Ticketverkäufen eines Benefizkonzerts mit dem Sänger Max Giesinger bereichert haben. Das Konzert hätte am September 2019 in Kaiserslautern stattfinden sollen. Dies kam aber nicht zustande, weil vorab zu wenig Tickets verkauft wurden – knapp über 500 Karten.

Die Erlöse aus dem Kartenverkauf soll der Angeklagte von dem Ticketvertreiber auf sein Privatkonto überwiesen bekommen haben, ohne es an die Ticketkäufer weiterzuleiten. Der Angeklagte soll das Geld für seinen Lebensunterhalt genutzt haben.

Hintergrund ist ein soziales Projekt des Deutschen Rotes Kreuzes (DRK) mit dem Namen „Allianz Pro Menschlichkeit“, für das maßgeblich der K. zuständig war, der auch als Zeuge geladen ist. Der Angeklagte und der Zeuge K. hatten sich während ihrer Haft in der JVA Wittlich kennengelernt. Zeuge K. sagt, sie hätten nach Möglichkeiten gesucht, für das Projekt Einnahmen zu generieren, und seien so auf die Idee gekommen, Benefizkonzerte zu veranstalten.

Vor Gericht gab es Unklarheit darüber, wer nun welche Funktion für das Konzert ausübte. Zeuge K. sagt, der Angeklagte sei von Anfang an Veranstalter gewesen. Der Angeklagte bestreitet das: „Es war nie geplant, dass ich Veranstalter werde.“ Erst später nach personellen Veränderungen habe man die Position an ihn herangetragen. Er habe die Rolle des Veranstalters aber nur übernommen, sofern klar war, dass er nicht für die Kosten aufkomme. Als ein Kreisverband des DRK über 9000 Euro an die Sicherheitsfirma für das Konzert bezahlt hatte, sei der Angeklagte davon ausgegangen, dass das DRK auch die Folgekosten übernehme. Dies sei dann nicht passiert.

Auch die Rolle des Zeugen K. war unklar. Er weist von sich, dass er in die Finanzierung des Konzertes eingebunden war. Gleichzeitig gibt es E-Mails von ihm, die nahelegen, dass er sehr wohl in die Finanzierung eingebunden war und nach außen auch als Veranstalter auftrat.

Zeuge K. sagt, dass es klar gewesen sei, dass der Angeklagte die Kosten des Konzertes hätte übernehmen sollen. Ein Erlös sei ihm aber nicht versprochen worden. Ein Zeuge des DRK war dem Gerichtstermin unentschuldigt ferngeblieben. Er soll am Fortsetzungstermin befragt werden.

Dass der Angeklagte die Einnahmen aus den vorab gekauften Tickets für seinen Lebensunterhalt verwendete, bestreitet die Verteidigung nicht. Sie sagt aber: Der Angeklagte sei gar nicht verpflichtet gewesen, das Geld aufzubewahren („Vermögensbetreuungspflicht“).

Der Prozess soll am 20. Mai fortgesetzt werden.

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