Angst dient als Alarmanlage

THALFANG. (iro) Als erste Grundschule im ehemaligen Regierungsbezirk Trier bietet die Thalfanger Einrichtung für alle 170 Kinder ein Gewaltpräventionsprogramm an. An drei Schultagen soll den Schülern vermittelt werden, was sie tun können, um gefährliche Situationen zu entschärfen.

Was tun, wenn ein unbekannter Mann versucht, ein Kind zu überreden, ins Auto zu steigen? Oder wenn er gar mit Gewalt agiert, um einen Jungen oder ein Mädchen zum Mitgehen zu zwingen? In diesen Situationen müssen Kinder und Teenager manchmal in Sekundenschnelle reagieren, und häufig genug fällt die Entscheidung falsch aus, glaubt Moreno Barison, Anbieter von Gewaltpräventionsprogrammen. Vom berüchtigten Tritt in die Lendengegend oder Selbstverteidigungsgriffen hält der ehemalige Polizist nichts: "Das funktioniert nicht." Denn komme es zu körperlicher Gewalt, seien Kinder Erwachsenen in der Regel unterlegen. Entscheidend ist für Barison die Situation zuvor. Wichtig sei die richtige Strategie. Was Kinder tun können, um Situationen zu entschärfen, bevor sie eskalieren, das wollen Barison und sein Kollege Constantin Mock den 170 Schülern der Thalfanger Grundschule vermitteln. Silke Alts Sohn Christian (7) ist einer derjenigen, die in den Genuss dieser Schulung kommen. Die Mutter zweier Kinder aus Immert wäre selbst froh gewesen, wenn es ein derartiges Angebot bereits während ihrer Schulzeit gegeben hätte. Denn sie hat, so schildert sie dem TV an einem Elternabend, selbst erlebt, dass sie ein unbekannter Mann mit einem Auto verfolgte und versuchte, sie mitzunehmen. Auch wenn die Situation damals glimpflich ausging: Hätte sie gewusst, was sie heute weiß, hätte sie gleich der Mutter Bescheid gesagt.Im Zweifelsfall Erwachsene hinzuziehen

Eine der Grundregeln der beiden Trainer lautet, in einer für das Kind nicht überschaubaren Situation einen Erwachsenen hinzu zu ziehen. Denn egal, ob ein Fremder anscheinend Hilfe benötigt oder bei einer angeblichen Notlage der Eltern vermeintlich helfen will - ein erwachsener Lehrer, Nachbar oder ein Familienmitglied, dem man Bescheid sagt, kann die Situation besser einschätzen. Und wann soll man das tun? Zu dieser Frage gibt es laut Barison eine ganz einfache Regel: "Immer, wenn man ein Kribbeln im Bauch spürt." Die eigene Angst oder Unsicherheit fungiert nach Ansicht der beiden Trainer als zuverlässige Alarmanlage. Aber was ist, wenn das Kind in einer Gefahrensituation allein ist?, wollen viele Eltern wissen. Auf diese Frage gibt Barison eine klare Antwort: "Kinder sollten heutzutage nicht allein auf der Straße sein." "Aber wir leben hier auf dem Land", protestiert eine Deuselbacher Mutter. Dass Kinder nie ohne Begleitung seien, sei einfach nicht praktikabel. Doch die Referenten bleiben bei ihrer Haltung. "Wir wissen, dass wir eine Idealvorstellung haben", versichert auch Co-Trainer Mock. Doch alles andere sei nur die zweitbeste Lösung. Die Initialzündung für das Projekt kam von Lehrern und Eltern. Die Thalfanger Pädagogen veranstalteten einen Studientag zum Thema Gewalt. Dass Handlungsbedarf besteht, war den Beteiligten klar. Aber wie umsetzen? Da sprang der Schulelternbeirat in die Bresche und schlug vor, sich ans WingTsun Zentrum in Trier zu wenden, das in Kooperation mit Polizei und Weißem Ring erfolgreich Präventionsprogramme anbietet. "Das Thema Gewalt gewinnt in den Schulen zunehmend an Bedeutung", unterstreicht Schulelternsprecher Andreas Roth die Notwendigkeit eines solchen Angebots. Es sollte fest im Unterrichtsplan verankert sein. Er wünscht sich auch, dass die Regionale Schule dem Beispiel der Grundschule folgt. Schnell war klar, dass das Angebot für die Kinder kostenlos sein soll, damit nicht Einzelne aus diesem Angebot herausfallen. Eine Spendenaktion stellte sicher, dass die Dritt- und Viertklässler alle geschult werden können. "Denn sie verlassen die Schule zuerst", erläutert Schulleiter Wilfried Kranzdorf, der die Aktion voll und ganz unterstützt. Doch auch die Erst- und Zweitklässler sollen nicht außen vor bleiben. Dass auch sie demnächst lernen sollen, wie man sich in Gefahrensituationen verhält, steht für die Beteiligten fest. Infos zur Spendenaktion gibt es bei Schulelternsprecher Andreas Roth, Telefon 0173/3434465.

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