Ars sacra

Letzte Woche stieß ich in einer Buchhandlung auf ein Buch mit dem Titel "Ars sacra" (etwa: "heilige Kunst"). Es zeigt christliche Kunst aus zwei Jahrtausenden von der Antike bis zur Moderne.

Wirklich ein beeindruckendes Buch mit fantastischen Bildern und schönen erklärenden Texten. Das Buch zeigt, was die Menschen in den Jahrhunderten geschaffen haben - Gemälde, Figuren, Klöster und Kathedralen. Werke von Menschen zur Ehre Gottes. Großartig und beeindruckend!

Zu allen Zeiten haben Menschen etwas für Gott getan, aber nicht alles ist - nach unserer Beurteilung - gut gewesen. Nicht nur die Muslime kennen den "Heiligen Krieg" - Dschihad. Auch die Christen waren nicht weniger erfindungsreich in Kreuzzügen etwa oder Konfessionskriegen. Man hat gemordet, gebrandschatzt, geraubt und vergewaltigt, und das alles, um etwas für die Sache Gottes zu tun. Man merkt, dass auch die besten Absichten sich ins Gegenteil wenden können. Müssen wir etwas für Gott tun? Wenn man Ansprachen hört, kann man den Eindruck haben, dass Gott von uns erwartet, dass wir etwas für ihn tun.

An vielen Stellen spricht die Bibel eine andere Sprache: Gott will etwas für uns Menschen tun. Und was erwartet er von uns als Gegenleistung? Nichts! Nur dass wir seine Geschenke annehmen. Im "Magnificat" bekennt Maria: "Großes hat der Mächtige an mir getan, sein Name ist heilig." Maria verschwendet keinen Gedanken darauf, was sie als Gegenleistung tun muss. Der christliche Glaube geht nicht von unseren Leistungen aus, sondern von dem, was Gott für uns tut.

Die Bauleistungen an Klöstern und Kirchen mögen fantastisch sein. Aber die kleinste Kleinigkeit der Natur ist bei weitem größer. Ein Wildblümchen in einer Mauer weckt in mir mehr Erstaunen als die größten menschlichen Leistungen, die doch wieder zerfallen, wenn sie nicht ständig renoviert werden.

Pater Cletus Wingen,

Dominikanerorden, Klausen

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