Auf der Suche nach Hilfe für Hagelopfer in Veldenz

Veldenz · Nach dem Hagel steht nun der Aufbau von Häusern und Dächern in Veldenz an. Doch was ist mit den Menschen, die sich einen Wiederaufbau nicht leisten können? Sechs Vertreter der Gemeinde, des Kreises und der Landesregierung haben sich die Härtefälle in Veldenz angesehen. Eine Lösung haben sie noch nicht.

 Nach dem Hagel haben Feuerwehr und Technisches Hilfswerk die ersten Aufräumarbeiten in Veldenz übernommen. Für den Wiederaufbau von Häusern und Dächern fehlt jedoch vielen Bürgern das Geld. TV-Foto: Archiv/Andreas SOMMER

Nach dem Hagel haben Feuerwehr und Technisches Hilfswerk die ersten Aufräumarbeiten in Veldenz übernommen. Für den Wiederaufbau von Häusern und Dächern fehlt jedoch vielen Bürgern das Geld. TV-Foto: Archiv/Andreas SOMMER

Veldenz. Eine kleine Treppe führt nach oben, die Bretter wackeln unter den Füßen. Direkt unter dem Dach des Hauses kann man durch die Löcher zwischen den Brettern ins Stockwerk darunter blicken. Es ist dunkel, nur wenig Licht kommt durch blaue Abdeckplanen von außen rein, die auf dem Dach liegen. Die Luft ist feucht, es riecht muffig. Auch auf dem Boden liegen Planen, in ihnen sammeln sich mehrere Liter Regenwasser.
Nicht alle sind versichert


Nachdem vor drei Wochen der Hagelsturm getobt hatte, wurden viele Dächer an der Mittelmosel notdürftig abgedeckt. Besonders schlimm traf es den Ort Veldenz, in dem fast jedes Dach beschädigt wurde. Nun müssen die Hausbesitzer die Dächer wieder auf Vordermann bringen. Doch nicht alle Veldenzer sind für so einen Fall versichert. Manche von ihnen werden von Banken als kreditunwürdig angesehen, und auch Verwandte oder Bekannte können oder wollen nicht aushelfen. Etwa 200 000 Euro fehlten für diese Härtefälle, schätzte Ortsbürgermeister Norbert Sproß in einer Krisensitzung des Gemeinderates.
Den schlimmsten solcher Fälle im Ort soll geholfen werden - irgendwie. Deswegen hat sich eine sechsköpfige Gruppe von Vertretern der Gemeinde, der Kreisverwaltung und des Landes Rheinland-Pfalz fünf Dächer angesehen, deren Besitzer am dringendsten Hilfe benötigen.
Mit dabei waren der erste Beigeordnete der Gemeinde, Günter Pelzer, der Architekt Werner Simon, Stephan Becker und Hermann Brück von der Kreisverwaltung Bernkastel-Wittlich, Erwin Kunz von der Verbandsgemeindeverwaltung Bernkastel-Kues und Christian Schreider von der Projektentwicklungsgesellschaft Rheinland-Pfalz (PER), die auf Bitten des Innenministeriums die Ortsgemeinde Veldenz beim Krisenmanagement unterstützt.
Architekt berät kostenlos


Nach zehn Minuten führt der Besitzer des Daches mit den blauen Planen die Gruppe wieder in das Erdgeschoss. "Ist denn auch Wasser in die Wände gelaufen?", fragt Pelzer. "Ja, in einem Zimmer gleich am ersten Tag, in einem anderen erst später." Ob er denn einen Kredit bekommen könne, fragt der Beigeordnete weiter. Der Mann schüttelt den Kopf. "Nicht bei einer Bank." Er wolle aber noch einen Bekannten fragen. "Gut, halt uns auf dem Laufenden", sagt Pelzer.
Die Männer gehen zum nächsten Haus. Dessen Besitzer will das 50 Quadratmeter große Dach schnell wieder reparieren. "Ich habe Freunde und Bekannte, die mir dabei helfen wollen", sagt er. Doch ihm fehle ein Gerüst, dessen Leihgebühr er nicht bezahlen könne. "Gibt es dafür Fördermittel?", fragt er. "Das wollen wir herausfinden", sagt Schreider. "Deswegen sehen wir uns heute alles genau an." Die Männer betrachten das Haus von außen und besprechen, was auf das Dach kommen soll. "Ich dachte an Trapezbleche", sagt der Hausbesitzer. "Das passt aber gar nicht ins Ortsbild", sagt Simon, den die Bewohner schon von der Dorferneuerung kennen. "Bitte kommen Sie noch einmal zu mir, bevor Sie irgendetwas auf das Dach setzen." Diese Beratung kann jeder Veldenzer kostenlos in Anspruch nehmen, die Gemeinde bezahlt den Architekten.
Die Gruppe geht weiter zu einem kleinen Häuschen. Dessen Fassade ist völlig zerstört, von außen sind teilweise Innenwände zu sehen. In dem Haus wohnt eine 82-jährige Frau, "seit fünfzig Jahren", sagt sie. "Wir haben hier so viel Geld reingesteckt, jetzt ist das alles hin." Ihr Sohn führt die Männer unter das Dach: Dort sind Teppiche ausgelegt; durch die Nässe gewellt und mit Staub bedeckt. Die eine Seite ist durchbohrt mit Löchern. Simon blickt aus einem Fenster. "Gute Neuigkeiten", sagt er. "Die andere Seite ist zu retten."
Die Frau bekommt keine Rente, die Kinder können finanziell nicht helfen. "Sind Sie nicht versichert?", fragt Pelzer. Die Frau verneint das. "Nur gegen Feuer. Haben wir eine Chance, etwas zu bekommen?" "Das wissen wir leider noch nicht", antwortet der Beigeordnete. "Wir schauen, was möglich ist." Die Frau seufzt. "Das ist doch alles blöd."
Draußen beraten sich die Männer. "Es geht hier nicht um eine aufwendige Sanierung", sagt Simon. "Dieses alte Haus benötigt Minimum-Maßnahmen, damit man darin noch zehn, 20 Jahre leben kann." Doch woher eine Förderung hernehmen? Welche Mittel gibt es? Welches Amt ist für diesen Fall zuständig? Die Männer diskutieren nun diese Fragen zusammen. "Es wird noch zwei bis drei Wochen brauchen, bis wir eine Lösung finden", sagt Pelzer. "Wenn wir eine finden."

Handwerker-Hotline: Für Hagelgeschädigte des schweren August-Unwetters aus Veldenz und Umgebung wurde jetzt eine Hotline bei der Handwerkskammer (HWK) Trier eingerichtet. "Wer noch auf der Suche nach Handwerksbetrieben ist, bekommt dort kurzfristig Kontaktinfos vermittelt", sagt Christian Schreider von der PER. Die Hotline-Nummer ist die 0651/207-171, bei Katrin Schömer, HWK Trier. alo

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